RS Vfgh 1996/3/5 B974/94

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Veröffentlicht am 05.03.1996
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19 Völkerrechtliche Verträge
19/01 Staatsverträge von St. Germain und Wien

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StV Wien 1955 Art7 Z3
VolksgruppenG §20 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung eines Antrags auf Ausstellung einer (weiteren) Heiratsurkunde in slowenischer Sprache infolge Außerachtlassung einer Bestimmung des VolksgruppenG über das Recht auf Erteilung von Auszügen aus Personenstandsbüchern in der Sprache der Volksgruppe; keine Verletzung im Recht auf Gebrauch der slowenischen Sprache im Verkehr mit Behörden

Rechtssatz

Im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gebrauch des Slowenischen vor Behörden (Art7 Z3 Satz 1 StV Wien 1955) kann der bekämpfte Verwaltungsakt die Beschwerdeführer allein schon deshalb nicht verletzen, weil die Heiratswilligen die Absicht, sich vor dem Standesbeamten der Volksgruppensprache zu bedienen, der Aktenlage nach in keiner Weise erkennen ließen, obgleich hiezu durchaus Gelegenheit bestanden hätte. Demgemäß wurden die Trauungszeremonien in deutscher Sprache vollzogen und die Heiratsurkunde in dieser Sprache ausgestellt. Aus Art7 Z3 Satz 1 StV Wien 1955 kann angesichts der von den Beschwerdeführern gewählten Vorgangsweise ein Anspruch auf Erteilung einer oder weiterer Heiratsurkunden in slowenischer Sprache nicht (mehr) hergeleitet werden.

Nach §20 Abs2 VolksgruppenG sind auf Verlangen Auszüge aus Personenstandsbüchern und sonstige Urkunden vom Standesamt als Übersetzung in die Sprache der Volksgruppe zu erteilen. Dabei handelt es sich um keine Vorschrift, die nur Art7 Z3 StV Wien 1955 ausführt, weil die in §20 Abs2 VolksgruppenG einfachgesetzlich eingeräumten Rechte über die verfassungsgesetzlich gewährleisteten hinausreichen. §20 Abs2 VolksgruppenG, dessen örtlicher Anwendungsbereich nicht auf bestimmte Teile des Bundeslandes Kärnten beschränkt ist, verpflichtet die Behörde nämlich zur Erteilung von Auszügen aus Personenstandsbüchern in der Sprache der Volksgruppe ohne Rücksicht darauf, in welcher Sprache das vorangegangene Verfahren vor sich ging, und ganz losgelöst vom Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Zumittlung einer solchen Urkunde.

Die belangte Behörde ließ die vorliegend allein maßgebende Vorschrift des §20 Abs2 VolksgruppenG vollkommen außer acht.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Volksgruppen, Personenstandswesen, Minderheiten, Amtssprache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B974.1994

Dokumentnummer

JFR_10039695_94B00974_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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