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56 Öffentliche WirtschaftNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Keine Verletzung des Systems des Aufbaues der staatlichen Verwaltung durch Beleihung der Austro Control GmbH mit öffentlichen Aufgaben durch das Austro ControlG; keine Überschreitung der verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Ausgliederung von Hoheitsaufgaben; bloß vereinzelte Aufgaben zur hoheitlichen Besorgung übertragen; keine Ausschaltung der Verfassungsbestimmungen über eine Einbindung in den Weisungszusammenhang, die Organisationsverantwortung und die Verantwortlichkeit der Obersten Organe; keine Gesetzwidrigkeit der Festsetzung der Höhe der einzelnen Tarifposten in der Austro Control-GebührenV entsprechend dem KostendeckungsprinzipRechtssatz
Die systematische Betrachtung zeigt, daß §2 Abs1 des ArtI Austro ControlG ein Normgehalt zukommt, demzufolge der Austro Control GmbH (ungeachtet der Verwendung des Wortes "bisher" im Gesetzestext) jene Aufgaben des Bundesamtes für Zivilluftfahrt übertragen wurden, die nicht durch das LuftFG in der Fassung des ArtII Austro ControlG (oder durch Verordnungen, die aufgrund des LuftFG ergangen sind, oder durch das FlugsicherungsstreckengebührenG) dem Bundesminister, dem Landeshauptmann oder - durch Verordnung des Bundesministers gemäß §140b LuftFG - anderen Beliehenen übertragen sind.
Zu den Aufgaben der Austro Control GmbH zählen daher - neben der Aufgabe der Flugsicherung (§120 Abs1 LuftFG) - verschiedene (andere) behördliche Aufgaben, in denen sie zur Führung von Verwaltungsverfahren und zur Bescheiderlassung berufen ist.
Bei der Betrauung der Austro Control GmbH mit hoheitlichen Aufgaben handelt es sich nicht um die Betrauung eines Selbstverwaltungskörpers mit Aufgaben hoheitlicher Vollziehung, sondern um die Beleihung eines privatrechtsförmigen Rechtsträgers mit öffentlichen Aufgaben, die unter Einsatz von imperium zu besorgen sind.
Die Beleihung der Austro Control GmbH mit behördlichen Aufgaben - die Betrauung mit Aufgaben der Flugsicherung spielt in diesem Verfahren keine Rolle - überschreitet nicht die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Ausgliederung von Hoheitsaufgaben.
Angesichts des Umfanges und der Bedeutung der den Staatsorganen zur unmittelbaren Wahrnehmung verbleibenden Kompetenzen wertet der Verfassungsgerichtshof die der Austro Control GmbH zur Besorgung übertragenen Agenden als bloß vereinzelte Aufgaben.
Der Verfassungsgerichtshof hat auch nicht das Bedenken, daß jene Bestimmungen der Bundesverfassung ausgeschaltet wären, die eine Einbindung in den Weisungszusammenhang, die Organisationsverantwortung und die Verantwortlichkeit der obersten Organe verlangen. Dem Bund sind hinsichtlich der Aufgabenbesorgung durch die Austro Control GmbH jene Leitungsbefugnisse gesichert, von denen Art20 Abs1 B-VG ausgeht (umfassende Aufsichts- und Weisungsbefugnisse des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr; Mehrheit der Gesellschaftsanteile der GmbH beim Bund, vertreten durch den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr).
Der Austro Control GmbH sind weder Aufgaben der allgemeinen Sicherheitspolizei noch solche des Militärwesens noch die zentralen verwaltungspolizeilichen Aufgaben des Zivilluftfahrtwesens, sondern nur ganz bestimmte Teilbereiche dieser Verwaltungsmaterie - und damit keine nicht ausgliederbaren Aufgaben im genannten Sinn - übertragen. Auch kommen der Gesellschaft nicht die Aufgaben einer Verwaltungsstrafbehörde zu.
Durch die Beleihung der Austro Control GmbH ist eine Verletzung des Systems des Aufbaus der staatlichen Verwaltung nicht erfolgt.
Keine Gesetzwidrigkeit der Austro Control-GebührenV.
Das Kostendeckungsprinzips erfordert es nicht, daß für jede einzelne Leistung oder Leistungstype (also: Art der Amtshandlung) eine "Gebühr" bemessen wird, die genau die Kosten eben dieser Leistung oder Leistungstype abdeckt. Das Kostendeckungsprinzip gebietet, daß die gesamten Erträge der "Gebühren" nicht höher sein dürfen als die gesamten der Einrichtung für die Erbringung dieser Leistungen erwachsenden Aufwendungen und daß die Leistungen zu angemessenen Konditionen zur Verfügung gestellt werden.
Der Verfassungsgerichtshof hält es nicht für gesetzwidrig, daß die Festsetzung der Höhe der einzelnen Tarifposten der Austro Control-GebührenV innerhalb des Rahmens der Gesamt-Kostendeckung insbesondere bei der indirekten Zurechnung der den Einzelleistungen nicht direkt zurechenbaren Kosten einerseits auf den typischen Aufwand und andererseits auf die Nutzenäquivalenz (vgl insoweit VfSlg 10463/1985 und VfSlg 11296/1987, die sich freilich mit Verwaltungsabgaben befassen, für die das Äquivalenzprinzip nicht normiert ist) abstellt.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Luftfahrt, Privatwirtschaftsverwaltung, Hoheitsverwaltung, Beleihung, Abgabenbegriff, Gebühr (Austro Control), Austro Control, AusgliederungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B2113.1994Dokumentnummer
JFR_10039686_94B02113_01