TE Vfgh Erkenntnis 2004/12/16 B1316/04

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Veröffentlicht am 16.12.2004
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Index

L2 Dienstrecht
L2400 Gemeindebedienstete

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art133 Z4
ABGB §870
Wr DienstO 1994 §73, §74a
Wr VertragsbedienstetenO 1995 §44, §45
EG Art234

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Feststellung der Beendigung eines Dienstverhältnisses zur Gemeinde Wien infolge Erklärung des Austrittes; vertretbare Annahme des Nichtvorliegens eines Willensmangels; keine Bedenken gegen die den Austritt eines Beamten aus dem Dienstverhältnis regelnden Vorschriften der Wr Dienstordnung 1994

Spruch

I. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die Beschwerdeführerin stand seit dem 1. September 1982 als Gesundheits- und Krankenschwester in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien.

1.2. Mit Schreiben vom 24. Juli 2003 erklärte die Beschwerdeführerin - nachdem ihr verschiedene Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt worden waren - ihren Austritt aus diesem Dienstverhältnis mit 19. August 2003; mit Schriftsatz vom 30. Juli 2003 widerrief sie diese Erklärung. Dennoch stellte der Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid vom 4. August 2003 fest, dass der Austritt der Beschwerdeführerin mit 19. August 2003 wirksam werde und ihr Dienstverhältnis mit Ablauf dieses Tages ende.

Auf Grund der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung, in welcher diese im Wesentlichen geltend machte, die Austrittserklärung nicht "freiwillig" unterschrieben zu haben, änderte der Magistrat mit Berufungsvorentscheidung vom 19. August 2003 seinen Bescheid vom 4. August 2003 dahingehend ab, dass das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin weiterhin aufrecht sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Beamtin könne einen nach §73 Abs1 Wiener Dienstordnung 1994 (DO 1994) erklärten Austritt gemäß Abs2 leg. cit. spätestens einen Monat vor dessen Wirksamkeit widerrufen. Ein - wie hier - späterer Widerruf werde nur wirksam, wenn der Magistrat dem ausdrücklich zustimme. Diese Zustimmung habe der Magistrat im gegenständlichen Fall indes mit Schreiben vom 14. August 2003 erteilt.

1.3.1. Mit einem - als "Dienstentsagung" bezeichneten und an die "Magistratsabteilung 2" gerichteten - Schreiben vom 22. Dezember 2003, welches bei der "Abteilung Personal" des Sozialmedizinischen Zentrums Sophienspital am selben Tag einlangte, erklärte die Beschwerdeführerin, sie entsage "de[m] Dienst zur Stadt Wien mit Ablauf des 22.12.2003" und sei "somit ... ab 23.12.2003 nicht mehr bei der Gemeinde Wien im Dienstverhältnis".

Daraufhin stellte der Magistrat mit Bescheid vom 2. Jänner 2004 das Folgende fest:

"Gemäß §73 Abs1 ... DO 1994 wurde der von Ihnen erklärte Austritt aus dem Dienstverhältnis zur Stadt Wien mit 22.12.2003 wirksam. Ihr Dienstverhältnis endete daher mit Ablauf des 22.12.2003."

1.3.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 12. Jänner 2004 Berufung; unter einem erklärte sie, "fristgerecht [ihren] Austritt aus dem Dienstverhältnis zur Stadt Wien" zu widerrufen.

In der Begründung ihrer - mit Schriftsätzen vom 23. und 26. Februar sowie vom 15. März 2004 "ergänzten" - Berufung, machte die Beschwerdeführerin - auf das Wesentliche zusammengefasst - geltend, sie sei zum Zeitpunkt der Erklärung des Austrittes auf Grund von zu Unrecht erhobenen Vorwürfen "derartig unter Druck gewesen", dass sie diese Erklärung "nicht aus freiem Willen abgegeben habe". "[U]nter diesem ... Druck [habe sie] keinen anderen Ausweg gesehen, als [ihren] 'freiwilligen Austritt' vor den Augen der [bei einem Gespräch am 22. Dezember 2004] anwesenden Personen zu unterfertigen."

1.3.3. Mit Bescheid vom 13. September 2004 wies der Dienstrechtssenat der Stadt Wien - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2004 - die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.

Begründend wird dazu ua. das Folgende ausgeführt:

"Gemäß §73 Abs1 der Dienstordnung 1994 - DO 1994, LGBl. für Wien Nr. 56 idF LGBl. für Wien Nr. 37/2003, kann der Beamte des Dienst- oder Ruhestandes schriftlich seinen Austritt aus dem Dienstverhältnis erklären. Der Austritt wird mit Ablauf des Tages wirksam, den der Beamte bestimmt, frühestens jedoch mit Ablauf des Tages, an dem die Austrittserklärung beim Magistrat einlangt. Hat der Beamte keinen oder einen früheren Zeitpunkt bestimmt, so wird der Austritt mit Ablauf des Tages wirksam, an dem die Austrittserklärung beim Magistrat einlangt. Der Beamte kann den Austritt spätestens einen Monat vor der Wirksamkeit widerrufen. Ein späterer Widerruf wird nur wirksam, wenn der Magistrat ausdrücklich zugestimmt hat (§73 Abs2 DO 1994).

...

Im gegenständlichen Fall erklärte die Berufungswerberin ihren Austritt im Schreiben vom 22. Dezember 2003 mit Wirksamkeit desselben Tages. Da dieses Schreiben noch am 22. Dezember 2003 beim Magistrat einlangte (Eingangsstempel des Sophienspitals), wurde der Austritt mit Ablauf dieses Tages wirksam. Ein Widerruf der Austrittserklärung, der zu seiner Wirksamkeit überdies der Zustimmung des Magistrats bedurft hätte, wäre somit nur mehr am selben Tag zulässig gewesen. Im gegenständlichen Fall wurde der Widerruf erst mit der Berufungsschrift, welche am 13. Jänner 2004 beim Magistrat einlangte, somit etwa drei Wochen nach der Wirksamkeit der Austrittserklärung, ausgesprochen und ist somit unbeachtlich.

Zu dem Vorbringen der Berufungswerberin, sie habe ihre Austrittserklärung nicht aus freiem Willen, sondern unter Druck abgegeben, ist Folgendes auszuführen:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. Erkenntnisse vom 23. Juni 1993, Zl. 89/12/0200 und vom 18. Oktober 1988, Zl. 88/11/0213) die Ansicht, dass ein Irrtum im Sinn des §871 ABGB oder ein Zwang im Sinn des §870 ABGB geeignet ist, die Rechtswirksamkeit eines Verzichtes auf einen im öffentlichen Recht wurzelnden Rechtsanspruch auszuschließen. Da allgemeine Regelungen über die Wertung von Willenserklärungen in Verwaltungsvorschriften oder in den Verfahrensvorschriften nicht enthalten sind, hält der Verwaltungsgerichtshof die Heranziehung des ABGB in dieser Frage für berechtigt. Dieser Judikatur entsprechend ist zu prüfen, ob die von der Berufungswerberin abgegebene Erklärung frei von wesentlichen Willensmängeln war oder nicht (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 19. November 1997, Zl. 97/12/0271). Zu diesen wesentlichen Willensmängeln zählt sowohl der Irrtum (§871 ABGB) als auch List und Furcht (§870 ABGB).

Gemäß §870 ABGB ist derjenige, der von dem anderen Teil durch List oder durch ungerechte und gegründete Furcht zu einem Vertrag veranlasst worden ist, ihn zu halten nicht verbunden. Ob die Furcht gegründet war, muss aus der Größe und Wahrscheinlichkeit der Gefahr und aus der Leibes- und Gemütsbeschaffenheit der bedrohten Person beurteilt werden (Urteil des OGH vom 30. Mai 2000, 1 Ob 118/00k).

Die im gegenständlichen Fall näher zu untersuchende Furcht muss also erstens 'ungerecht' (rechtswidrig, widerrechtlich) und zweitens 'gegründet' (subjektiv nachvollziehbar) sein.

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Drohung mit einem Übel, durch dessen an sich erlaubte Zufügung der Drohende sein Interesse wahrt, im Allgemeinen nicht widerrechtlich. Die Rechtswidrigkeit ist nur dann zu bejahen, wenn die Drohung als Mittel zur Herbeiführung eines Erfolges dient, auf den der Drohende keinen Anspruch hätte, oder wenn Mittel und Zweck für sich betrachtet zwar nicht rechtswidrig sind, aber das Mittel gerade zur Erreichung dieses Zweckes nicht angemessen ist. Entscheidend ist also, ob die Drohung nach Treu und Glauben bzw. nach Auffassung aller billig und gerecht Denkenden als angemessenes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zweckes zu werten ist und ob der Drohende einen Anspruch auf Erreichung gerade dieses Zweckes hatte (OGH vom 13. November 1999, 9 ObA 205/99h).

Nach der Rechtsprechung begründet die Ankündigung, ein Mittel anzuwenden, das von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellt worden ist und das diese daher billigt, keinen ungerechten Zwang (LG Innsbruck vom 3. April 1987, Arb. 10.625). Ebenso liegt kein ungerechter Zwang vor, wenn mit der Anwendung eines bestimmten Gesetzes gedroht wird, obwohl die Voraussetzungen hiefür fehlen (Dittrich-Tades, ABGB, 36. Auflage, E 51 zu §870 ABGB). Die 'Furcht' vor der gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolgenverwirklichung ist nicht als ungerecht zu werten (OGH vom 19. November 1980, 6 Ob 741/80).

Ungerechter Zwang liegt beispielsweise vor, wenn die Selbstkündigung des Arbeitnehmers erfolgte, weil ihm mit einer Strafanzeige gedroht, keinerlei Überlegungsfrist eingeräumt und er zur sofortigen Unterfertigung der vorbereiteten Selbstkündigung gedrängt wurde (OGH vom 15. Dezember 1994, 8 ObA 329/94).

Gegründete Furcht ist nur anzunehmen, wenn das angedrohte Übel eine gewisse Schwere aufweist (OGH vom 12. April 1978, 1 Ob 581/78). Das Übel, das die bedrohte Person unmittelbar treffen soll, muss so bedeutsam sein, dass seine Abwendung durch die Abgabe der verlangten Willenserklärung als vernünftig und zweckmäßig bezeichnet werden kann. Bei der Beurteilung der Schwere und Empfindlichkeit des Übels ist auf die persönlichen Verhältnisse des Bedrohten, auf seine Gemütsbeschaffenheit und seine wirtschaftliche Lage Bedacht zu nehmen (OGH vom 5. Oktober 1972, 3 Ob 96/72). Bei der Frage, ob die Furcht gegründet ist, kommt es nicht auf die objektive Rechtslage an, sondern auf die subjektive Einstellung des Bedrohten in Bezug auf die von ihm befürchteten Folgen des angedrohten Übels (OGH vom 3. Februar 1970, 4 Ob 504/70).

Im gegenständlichen Fall behauptete die Berufungswerberin, dass sie gezwungen worden sei, die vorgefertigte Austrittserklärung ohne Überlegungsfrist vor allen anwesenden Besprechungsteilnehmerinnen auszufüllen, nachdem ihr zuvor von der Oberin P-F angedroht worden sei, wenn sie die Dienstentsagung nicht unterschreibe, würde sie mit einer auf 'nicht ausreichend' lautenden Dienstbeschreibung zurück ins GZ Liesing versetzt werden und die Oberin darauf drängen, dass die Berufungswerberin fristlos entlassen und in ganz Österreich keinen Job mehr bekommen werde.

Dieses Vorbringen der Berufungswerberin konnte durch das Ermittlungsverfahren jedoch nicht verifiziert werden. Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der glaubwürdigen und übereinstimmenden Aussagen der Zeuginnen P-F, S und H im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2004 sieht es der Dienstrechtssenat als erwiesen an, dass die Berufungswerberin, nachdem ihr von der Pflegedirektorin S und der Oberin P-F mitgeteilt worden war, dass ihre Dienstzuteilung im SMZ Sophienspital auf Grund ihrer mangelhaften Dienstleistung beendet werde und sie infolgedessen wieder in ihr Stammhaus, das GZ Liesing, zurückkehren müsse, von sich aus erklärte, ihrem Dienst entsagen zu wollen, ohne dass dies zuvor von einer der anderen Gesprächsteilnehmerinnen angesprochen oder ihr gedroht wurde. Obwohl der Berufungswerberin angesichts der bevorstehenden Weihnachtsfeiertage eine Überlegungsfrist angeboten wurde, wurde eine solche von der Berufungswerberin abgelehnt. In der Folge verließ die Berufungswerberin das Besprechungszimmer, in dem die übrigen Gesprächsteilnehmerinnen zurück blieben, und ging in die Personalabteilung, um dort ihren Austritt zu erklären.

Dass die Austrittserklärung entgegen den Behauptungen der Berufungswerberin weder vorgefertigt war noch von ihr im Besprechungszimmer unterschrieben wurde, wird neben den Zeugenaussagen auch durch das Schreiben des Leiters der Abteilung Personal, Herrn M, vom 11. Februar 2004 bestätigt, der ausführte, dass die Berufungswerberin am 22. Dezember 2003 zu ihm in die Personalabteilung des SMZ Sophienspitals gekommen und dort die Austrittserklärung unterfertigt habe.

Die Behauptung der Berufungswerberin, man habe ihr mit der fristlosen Entlassung und damit gedroht, dass sie in ganz Österreich keinen Job mehr finden werde, wird durch die glaubwürdigen und schlüssigen Zeugenaussagen widerlegt. Hervorzuheben ist insbesonders die Zeugin H, die als Beamtin der Personalabteilung, die den Fall zuvor nicht gekannt hatte, als Außenstehende gleichsam kontrollierend und für die Einhaltung der Rechtsvorschriften verantwortlich, an dieser Sitzung teilnahm. Die Zeugin H erklärte - ebenso wie die beiden anderen Zeuginnen - dass das Wort 'Entlassung' im Zuge des Gespräches am 22. Dezember 2003 nicht gefallen ist, darauf habe sie besonders geachtet. Weiters wies die Zeugin richtig darauf hin, dass bei der Berufungswerberin als Beamtin eine fristlose Entlassung gar nicht möglich sei.

Hingegen vermochte die Berufungswerberin bei ihrer Einvernahme den Dienstrechtssenat nicht zu überzeugen, zumal ihre Schilderungen teilweise konfus waren, sie auf konkrete Fragen nicht oder abschweifend antwortete bzw. sich teilweise selbst widersprach. So verneinte die Berufungswerberin zB die Frage, ob ihr dezidiert mit einer fristlosen Entlassung gedroht worden sei, und führte ergänzend aus, sie habe sich allerdings schon unter Druck gesetzt gefühlt. Im Rahmen ihrer weiteren Aussage hingegen erklärte sie wieder, dass ihr die Oberin P-F doch mit der fristlosen Entlassung gedroht habe.

In der 'Ankündigung' einer auf 'nicht entsprechend' lautenden Dienstbeschreibung liegt entgegen der Ansicht der Berufungswerberin keine Rechtswidrigkeit, vielmehr wurde - wie es der Verwaltungspraxis entspricht und im MD-Erlass vom 23. Juni 1988, Zl. MD-1287-1/88, vorgeschrieben ist - wegen der Einleitung des Disziplinarverfahrens eine Dienstbeschreibung von der Dienstbehörde angefordert. Nunmehr war es kein Unrecht, sondern die Pflicht der Vorgesetzten, eine Beurteilung der Dienstleistung der Berufungswerberin abzugeben. Im Übrigen ist anzumerken, dass der Berufungswerberin rechtliche Mittel zur Bekämpfung dieser Dienstbeschreibung und ihrer dienstrechtlichen Konsequenzen zugestanden wären.

Der Hauptgrund für die Furcht der Berufungswerberin war die angekündigte Rückversetzung in das GZ Liesing. Da die Berufungswerberin nur vorübergehend und probeweise dem SMZ Sophienspital 'unter Belassung in Stand und Gebühr des GZ Liesings' zugeteilt war (Schreiben der Abteilung Personal des KAV-GD vom 19. August 2003) und die Leitung des SMZ Sophienspitals die sofortige Beendigung der Dienstzuteilung der Berufungswerberin wegen ihrer mangelhaften Dienstleistung forderte, war es naheliegend, dass sie zunächst in ihr Stammhaus GZ Liesing zurückkehren hätte müssen. Diese angekündigte Vorgangsweise kann daher nicht als ungerechter Zwang angesehen werden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach §19 Abs2 DO 1994 selbst Versetzungen auf andere Dienstposten - eine solche liegt im gegenständlichen Fall allerdings nicht vor, da die Berufungswerberin ohnehin im Stand des GZ Liesing war - aus Dienstrücksichten stets zulässig sind.

Ebenso kann die Einleitung des Disziplinarverfahrens nicht als rechtswidrige Drohung angesehen werden, da dieses bereits am 17. November 2003 eingeleitet wurde und die Behörde sogar die Pflicht zur Verfolgung von disziplinarrechtlich relevantem Verhalten hat. Dasselbe gilt auch für die Einleitung eines Beschreibungsverfahrens (§10 DO 1994). Dieses Verfahren ist bei einer äußerst mangelhaften Dienstleistung eines Beamten vorgesehen, wobei der Beamte zunächst vom Dienststellenleiter zur Verbesserung seiner Dienstleistung aufzufordern ist. Erst wenn er dieser Aufforderung innerhalb der Frist eines Jahres, wobei er nach sechs und nach weiteren drei Monaten wieder zu ermahnen ist, nicht nachkommt, ist eine Befassung des Dienstrechtssenates vorgesehen, der, wenn es nach zwei weiteren Jahren (insgesamt drei Jahre nach der ersten Aufforderung) zu keiner Verbesserung der Dienstleistung kommt, als schärfste Sanktion die Entlassung des Beamten verfügen kann. Die Einleitung des Beschreibungsverfahrens ist ebenfalls ein zulässiges und gebotenes Mittel der Dienstgeberin, um eine Verbesserung einer stark unterdurchschnittlichen Dienstleistung zu erreichen. Es handelt sich also wiederum um die Ausübung von gesetzlich zustehenden Rechten und nicht um ungerechte Drohungen.

Zusammenfassend liegt daher kein ungerechter Zwang vor, da die Dienstgeberin lediglich die Ausübung der ihr zustehenden Rechte ankündigte und die Berufungswerberin darüber in Kenntnis setzte. Die Frage, ob die allenfalls bei der Berufungswerberin hervorgerufene Furcht gegründet war, muss daher nicht mehr untersucht werden.

Aber auch die übrigen von der Berufungswerberin kritisierten Umstände des Gespräches haben keinen ungerechten Zwang verursacht:

Die kurzfristige Einberufung des Gespräches und die späte Mitteilung an die Berufungswerberin hatten organisatorische Ursachen, da man gewartet hat, bis die Oberin P-F anwesend ist. Zudem ist es durchaus legitim, bei einem disziplinären Fehlverhalten die Vorwürfe ohne Überlegungsfrist für den Betroffenen zu erläutern, sodass er nicht die Zeit hat, sich eine Rechtfertigungsstrategie zurecht zu legen. Dass die Berufungswerberin gehindert wurde, ihren Rechtsanwalt anzurufen oder eine Überlegungsfrist für die Austrittserklärung in Anspruch zu nehmen, kann der Dienstrechtssenat der Stadt Wien nicht erkennen, da sie zumindest nach dem Verlassen der Besprechung ein Telefonat führen und ihre Entscheidung nochmals überlegen hätte können. Zusätzlich wurde sie mehrmals gefragt, ob sie sich der Tragweite ihrer Entscheidung bewusst sei, und aufgefordert, ihre Entscheidung noch zu überdenken. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Berufungswerberin auf Grund der Vorkommnisse im Juli 2003, wo sie im GZ Liesing ebenfalls ihren Austritt erklärt und diesen in der Folge widerrufen hatte, die Tragweite ihrer Entscheidung, neuerlich einen Austritt zu erklären, ohnehin bewusst sein musste. Die Äußerung, dass sie mit 'ihrem Anwalt gar nicht antanzen brauche', wurde nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht getätigt. Die Teilnahme eines Personalvertreters wäre zwar wünschenswert gewesen, ist aber nicht zwingend. Im Übrigen hat die Berufungswerberin weder einen Wunsch nach einem Rechtsanwalt noch nach der Personalvertretung geäußert. Schließlich kann auch aus dem Fehlen einer Niederschrift keine Ungerechtigkeit abgeleitet werden. Zweck des nicht zwingend vorgeschriebenen Gesprächsprotokolls ist die Beweissicherung, doch kann der Beweis - wie im vorliegenden Fall - auch auf andere, geeignet Weise erbracht werden.

Zuletzt ist auf die Beweisanträge der Berufungswerberin einzugehen: Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dürfen Beweisanträge (nur) abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel untauglich ist (vgl. Erkenntnisse vom 20. Februar 2002, Zl. 2002/08/0008, und vom 9. November 1995, Zl. 94/18/0735). Die Einsichtnahme in den Disziplinarakt war abzulehnen, weil es im gegenständlichen Verfahren um das Zustandekommen der Austrittserklärung und nicht um disziplinäre Vorwürfe geht. Die Zeugen G und T waren - ebenso wie die Zeuginnen J-J und H - bei der Besprechung am 22. Dezember 2003 nicht anwesend und können daher zum maßgeblichen Verfahrensgegenstand keine eigenen Wahrnehmungen haben. Zu der ohne Angabe eines Beweisthemas beantragten Einvernahme der Zeuginnen J-J und H ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1985, Zl. 84/02/0158, zu verweisen, wonach die Unterlassung der Durchführung von Beweisanträgen, für die kein bestimmtes Beweisthema genannt wird, keine Verfahrensverletzung darstellt."

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der - der Sache nach - die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung von - behauptetermaßen - verfassungswidrigen gesetzlichen Bestimmungen, nämlich des §73 Abs1 und 2 sowie des §74a Abs2 DO 1994, geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird. Unter einem wird der Antrag gestellt, dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und sie in eventu an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

2.1. Zur Begründung bringt die Beschwerdeführerin ua. das Folgende vor:

"Mit Berufungsbescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom 13.09.2004, zugestellt am 15.09.2004, wurde meine Berufung abgewiesen. Relevante Beweisanträge wurden abgelehnt, weil sie als untauglich abqualifiziert wurden. Eine dadurch getätigte Verletzung meines subjektiven Rechtes, weiterhin als Beamtin bei der Behörde tätig zu sein, wurde mir sohin abgeschnitten, da nach §74a Abs2 DO 1994 eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nur bei Kündigung, ... Versetzung in den Ruhestand mit geminderten Ruhensbezügen oder [bei Verfügung der] Entlassung [zulässig ist]. Mit einem 'freiwilligen Dienstaustritt', der erzwungen war, [kann] sohin gemäß §74a Abs1 und 2 DO 1994, welcher im Artikel 133 Z4 B-VG scheinbar gedeckt erscheint, der Verwaltungsgerichtshof nicht mehr angerufen werden.

        Eine maßgebliche Benachteiligung sehe ich darin, dass man

mich unter Zwang - Drohung zu einer neuerlichen Unterschriftsleistung

unter einen 'freiwilligen Dienstaustritt' verhalten hat und man mir

dadurch die Möglichkeit genommen hat, ein Höchstgericht im

ordentlichen Verwaltungsweg, nämlich den Verwaltungsgerichtshof,

anzurufen. Im Artikel 133 Z4 B-VG ist die einfach-gesetzliche

Bestimmung des §74a Abs2 DO 1994 gedeckt, welche aussagt, dass der

Verwaltungsgerichtshof bei einem freiwilligen Austritt nicht

angerufen werden [kann]. Durch den auf mich ausgeübten

psychologischen Zwang kam es zu einer Unterschriftsleistung auf einem

von meinem Dienstgeber vorgefertigten 'freiwilligen Dienstaustritt'

und hat sohin mein Dienstgeber unter Beachtung des §74a Abs2 DO 1994

mit dieser rechtswidrigen Vorgangsweise die Anrufung des

Höchstgerichtes ausgeschlossen und ist es mir sohin nicht möglich,

die gravierenden Verfahrensmängel im zweitinstanzlichen Verfahren im

ordentlichen Verwaltungsweg zu bekämpfen. [Darin] sehe [ich] eine

gravierende Benachteiligung meinerseits, da - wäre ich wie anfänglich

nach der VBO 1995 zu beurteilen gewesen - ich ein Höchstgericht,

nämlich den Obersten Gerichtshof ..., anrufen hätte können ... Mein

Arbeitgeber hat [mich mit] seiner Vorgangsweise in Kenntnis der

Gesetzeslage ... dazu rechtswidrig verhalten, einen 'freiwilligen

vorzeitigen Dienstaustritt' zu unterfertigen.

        Die hier bekämpfte Berufungsentscheidung führt selbst

seitenweise ... aus, wann gegründete Furcht anzunehmen ist und stellt

fest, dass ich die Dienstentsagung ohne Protokollaufnahme, ohne [Beiziehung eines] Rechtsbeistand[es] oder eines gewerkschaftlichen Vertreters unterfertigte und zitiert die Judikatur, dass eine Überlegungsfrist einzuräumen sei, welche aktenkundig jedoch nicht eingeräumt wurde.

Die Berufungsentscheidung geht weiters davon aus, dass [die] Nichtbeiziehung eines Rechtsvertreters ... und [die] Nichtprotokollierung der Vorgänge bis zur Unterschriftsleistung meines angeblich 'freiwilligen Dienstaustrittes' bedauerlich aber ohne rechtliche Relevanz sei[en] ...

Aufgrund des §74a Abs2 DO 1994 ist die mit wesentlichen Mängeln behaftete Berufungsentscheidung, welche mich durch [ihre] Feststellungen in meinem subjektiven Recht auf Dienstausübung verletzt, im Verwaltungswege nicht bekämpfbar.

Ich fühle mich auch dahingehend benachteiligt, dass beispielsweise ein Masseur im Krankenpflegebereich [der] belangten Behörde nach der Vertragsbedienstetenordnung 1995 zu beurteilen ist und [daher, wenn er] eine vorzeitige Au[f]lösung nach §45 (1) VBO 1995 gerichtlich bekämpft, besser gestellt ist als ein Beamter, der nach §73 DO 1994 beurteilt wird, nachdem er dazu rechtswidrig verhalten wurde, einen 'freiwilligen Dienstaustritt' zu unterfertigen. Ein Vertragsbediensteter [muss] bei einer einvernehmlichen Auflösung nach §44 (2) VBO 1995 bzw. bei einer vorzeitigen Auflösung nach §45 (1) VBO 1995 über seinen Kündigungsschutz [und] gegebenenfalls über die durch das Ende des Dienstverhältnisses gemäß §38 Abs5 DO 1994 [gemeint wohl: VBO 1995] eintretende Rechtsfolge belehrt werden. Ein Beamter in meiner Situation, welcher nach [der] DO 1994 zu beurteilen ist, [kann] offensichtlich ohne Rechtsbelehrung, ohne Protokollaufnahme und ohne Belehrung [über die] Rechtsfolge sowie eines etwaigen Kündigungsschutzes dahingehend aus dem Dienst zwangsweise ausscheiden, indem man ihn unter Drucksetzung dazu verhält, einen ... 'freiwilligen Dienstaustritt' zu unterfertigen.

Im konkreten Fall habe ich aufgrund [der] überraschend angesetzten Sitzung ohne Protokollaufnahme, ohne Beiziehung eines Vertreters und ohne eine Rechtsbelehrung zu erhalten, keine Überlegungsfrist gehabt und wurde ich dazu verhalten, einen 'freiwilligen Dienstaustritt' zu unterfertigen, ansonsten ich eine ungenügende Dienstbeschreibung erhalten hätte und man mir obendrein angekündigt hat, man werde Mittel und Wege finden, mir gegenüber eine fristlose Entlassung auszusprechen.

Ich werde sohin nicht gleich behandelt mit [Angehörigen] jene[r] Heilberufe, etwa eines Masseurs im Angestelltenverhältnis zur

belangten Behörde, [die] sich in ähnlicher Lage befinde[n] wie ich ... Auch könn[t]e ein Masseur bzw. ein Vertragsbediensteter der Gemeinde Wien nach VBO 1995 bei einer nicht freiwilligen einvernehmlichen Auflösung die Gerichte, insbesondere ein Höchstgericht, anrufen und Verfahrensmängel überprüfen lassen, was durch §74a Abs2 DO 1994 ausgeschlossen ist (Artikel 133 Z4 B-VG).

Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes:

Dem angefochtenen Bescheid ist weiters anzulasten, dass er sich auf den verfassungswidrigen (gesetzwidrigen) §73 (2) DO 1994 (Austritt) stützt, welcher im Stufenbau der Rechtsordnung gegen den Gleichheitsgrundsatz also gegen eine verfassungsrechtliche Norm verstößt.

Gemäß §73 (2) DO 1994 kann der Beamte den Austritt spätestens 1 Monat vor der Wirksamkeit widerrufen. Ein späterer Widerruf ist von der Zustimmung des Magistrates abhängig.

Im vorliegenden Fall habe ich, ohne dass mir [die] übliche Überlegungsfrist eingeräumt wurde, am 22.12.2003 den 'freiwilligen Dienstaustritt' unterfertigt und habe entgegen den Ausführungen keine Möglichkeit, Mangelhaftigkeiten im Berufungsverfahren vor einem Höchstgericht zu bekämpfen.

Aufgrund der Bestimmung des §73 (2) DO 1994 habe ich keine Möglichkeit gehabt, rechtzeitig einen Widerruf vorzunehmen (1 Monat vor Rechtswirksamkeit des unterfertigten Dienstaustrittes).

Ich wurde dazu verhalten, den Dienstaustritt am 22.12.2003 mit Rechtswirksamkeit am 23.12.2003 zu unterfertigen. Sohin hat die belangte Behörde die Frist rechtswidrig umgangen und eine Möglichkeit geschaffen, den Verwaltungsgerichtshof durch diese Vorgangsweise auszuschalten. Diese Bestimmung benachteiligt jene Mitarbeiter der belangten Behörde, die nach der DO 1994 zu beurteilen sind, gegenüber Vertragsbediensteten der belangten Behörde, die ebenfalls im Kranken- und Pflegeberuf tätig sind. Wäre ein Masseur unter gleichen Umständen unter Druck gesetzt worden wie ich und hätte dieser eine freiwillige einvernehmliche Lösung im Sinne des §44 DO 1994 [gemeint wohl: VBO 1995] unterfertigt, hätte er ordentliche Gerichte anrufen können und hätte einen Rechtszug zu einem Höchstgericht gehabt, was mit der von der belangten Behörde gewählten Vorgangsweise abgeschnitten wurde.

Sohin bin ich aufgrund der Bestimmung des §73 (2) DO 1994 als auch der Bestimmung des §74a Abs2 DO 1994 schlechter gestellt als andere Angestellte der belangten Behörde, welche nach der Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO 1995) zu beurteilen sind.

Nach der Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO 1995) ist ohne eine vorgenommene Rechtsbelehrung ein freiwilliger Dienstaustritt in Form einer einvernehmlichen Auflösung nach §45 VBO 1995 nicht möglich. Die Bestimmung des §73 Abs1 DO 1994 als auch die Bestimmung des §74a Abs2 DO 1994 stellt uns als beamtete Mitarbeiter schlechter als Vertragsbedienstete, welche nach der Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO 1995) zu beurteilen sind. Sohin bin ich in meiner Position gegenüber Vertragsbediensteten im Heilberuf nach VBO 1995 schlechter gestellt und widersprechen §§73 Abs2 und 74a Abs2 DO 1994 dem Gleichheitsgrundsatz."

2.2. Ferner regt die Beschwerdeführerin die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens iSd. Art234 EG an, wobei der Europäische Gerichtshof klären solle, ob durch §74a Abs2 DO 1994 iVm. Art133 Z4 B-VG der, insbesondere in "Artikel 20 der Grundrechtscharta", primärrechtlich verankerte "Gleichheitsgrundsatz" oder aber das Recht auf ein faires Verfahren iSd. Art6 Abs1 EMRK verletzt werde.

3. Der Dienstrechtssenat legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er den Ausführungen der Beschwerdeführerin entgegentritt und begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die hier in erster Linie maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1.1. Die §§73 und 74a DO 1994 lauten wie folgt:

"Austritt

§73. (1) Der Beamte des Dienst- oder Ruhestandes kann schriftlich seinen Austritt aus dem Dienstverhältnis erklären. Der Austritt wird mit Ablauf des Tages wirksam, den der Beamte bestimmt, frühestens jedoch mit Ablauf des Tages, an dem die Austrittserklärung beim Magistrat einlangt. Hat der Beamte keinen oder einen früheren Zeitpunkt bestimmt, so wird der Austritt mit Ablauf des Tages wirksam, an dem die Austrittserklärung beim Magistrat einlangt.

(2) Der Beamte kann den Austritt spätestens einen Monat vor der Wirksamkeit widerrufen. Ein späterer Widerruf wird nur wirksam, wenn der Magistrat ausdrücklich zugestimmt hat.

(3) Die Begründung sowie das Bestehen eines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses zu einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft gelten für den Beamten des Dienststandes als Austritt. Gleiches gilt für den Beamten des Dienst- oder Ruhestandes bei Verlust der Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, ohne daß gleichzeitig die Staatsangehörigkeit einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erworben wird.

(4) Durch den Austritt verliert der Beamte des Dienst- oder Ruhestandes für sich und seine Angehörigen (§1 Abs7 der Pensionsordnung 1995) alle Rechte und Anwartschaften, die er aus dem Dienstverhältnis erworben hat."

"Wirkungsbereich

§74a. (1) Dem Dienstrechtssenat obliegt

1. die Erlassung von Bescheiden gemäß §10 Abs3 bis 5,

2. die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide, die vom Magistrat in den zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörenden Angelegenheiten unter Anwendung des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29, erlassen worden sind,

3. die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide der Disziplinarkommission,

4. die Erlassung sonstiger Bescheide, zu deren Erlassung der Dienstrechtssenat nach dem 8. Abschnitt berufen ist.

(2) Die Bescheide des Dienstrechtssenates unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg. Hat der Dienstrechtssenat eine Kündigung ausgesprochen, eine Verfügung gemäß §10 Abs3, 4 oder 5 oder eine Feststellung gemäß §74 Z2 getroffen oder einen Bescheid nach dem 8. Abschnitt erlassen, ist die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig."

1.2. Die §§44 und 45 Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO 1995) haben - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"Einvernehmliche Auflösung

§44. (1) Das Dienstverhältnis kann einvernehmlich jederzeit aufgelöst werden.

(2) Während des Kündigungsschutzes gemäß §42 Abs4, 6 und 7 oder §49 ist die einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses nur zulässig, wenn sie schriftlich erfolgt und der Vertragsbedienstete nachweislich über den Kündigungsschutz und gegebenenfalls über die durch das Enden des Dienstverhältnisses gemäß §38 Abs5 eintretende Rechtsfolge [der Verpflichtung zur Räumung der Dienst- oder Werkwohnung] belehrt wurde."

"Vorzeitige Auflösung

§45. (1) Das Dienstverhältnis kann, wenn es auf bestimmte Zeit eingegangen wurde, vor dem Ablauf dieser Zeit, sonst aber ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist sowohl von der Gemeinde (Entlassung) als auch vom Vertragsbediensteten (Austritt) aus wichtigen Gründen aufgelöst werden.

...

(3) Ein wichtiger Grund, der den Vertragsbediensteten zum Austritt berechtigt, liegt insbesondere vor, wenn der Vertragsbedienstete zur Dienstleistung unfähig wird oder die Dienstleistung ohne Schaden für seine Gesundheit nicht mehr fortsetzen kann.

..."

1.3. §870 ABGB bestimmt das Folgende:

"§870. Wer von dem anderen Teile durch List oder durch ungerechte und gegründete Furcht (§55) zu einem Vertrage veranlaßt worden, ist ihn zu halten nicht verbunden."

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

2.1.1. Die Beschwerdeführerin erachtet die den Austritt einer Beamtin/eines Beamten aus dem Dienstverhältnis regelnden - Vorschriften des §73 Abs1 und 2 DO 1994 als verfassungswidrig, weil kraft Abs1 leg. cit. - im Unterschied zu den für Vertragsbedienstete geltenden Regelungen der §§44 und 45 VBO 1995 - ein "erzwungener" Austritt ohne vorangegangene Rechtsbelehrung möglich sei, und die Beschwerdeführerin überdies zu Folge Abs2 leg. cit. "keine Möglichkeit gehabt [habe], rechtzeitig einen Widerruf vorzunehmen".

Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Bedenken nicht. Dazu genügt es auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 7791/1976, 13.558/1993) hinzuweisen, wonach es die Unterschiede zwischen privatrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis rechtfertigen, die Rechte und Pflichten der Bediensteten jeweils unterschiedlich zu gestalten, sowie darauf, dass dann, wenn eine (Austritts-)Erklärung gemäß §73 Abs1 DO 1994 an einem Willensmangel iSd. §§870 f. ABGB leiden sollte, diese keine rechtlichen Wirkungen entfaltete (vgl. dazu zB VwGH 19.11.1997 97/12/0271, 16.12.1998 98/12/0197).

2.1.2. Auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Berufungsentscheidung des Dienstrechtssenates im Hinblick auf §74a Abs2 DO 1994 nicht mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden könnte, ist - wie sich schon aus VfSlg. 16.176/2001 ergibt - nicht geeignet, eine Verfassungswidrigkeit dieser den angefochtenen Bescheid tragenden Bestimmung darzutun.

2.2. Da gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften - aus dem Blickwinkel der vorliegenden Rechtssache - keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen und kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass der Dienstrechtssenat diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn der Dienstrechtssenat Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002). Auch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann Willkür indizieren (VfSlg. 9561/1992, 14.814/1997).

Keiner dieser Mängel liegt jedoch hier vor. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass das Ermittlungsverfahren mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel behaftet wäre; auch kann weder von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage noch von denkunmöglicher Gesetzesanwendung die Rede sein. Insbesondere ist die Auffassung des Dienstrechtssenates, wonach die Erklärung des Austrittes durch die Beschwerdeführerin frei von einem Willensmangel iSd. §870 ABGB abgegeben und ihr Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien damit beendet worden sei, nicht unvertretbar.

Eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz hat sohin nicht stattgefunden.

3. Die getroffene behördliche Entscheidung weist somit keine in die Verfassungssphäre reichenden Mängel auf. Ob der bekämpften Entscheidung auch darüber hinaus eine in jeder Hinsicht richtige Gesetzesanwendung zu Grunde liegt, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch nicht in einem - wie hier vorliegenden - Fall, in dem eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 9541/1982 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfSlg. 15.727/2000, 16.275/2001 uvam.).

Der Verfassungsgerichtshof sieht auch keinen Anlass und Grund, der Anregung der Beschwerdeführerin zu folgen und die von ihr aufgeworfenen Fragen dem Europäischen Gerichtshof iSd. Art234 EG vorzulegen (vgl. insbesondere VfSlg. 14.886/1997).

4. Die Beschwerdeführerin wurde sohin aus den in der Beschwerde vorgetragenen Erwägungen weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Eingehen auf den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

6. Die von der Beschwerdeführerin hilfsweise beantragte Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war abzuweisen, weil der Dienstrechtssenat als Kollegialbehörde gemäß Art133 Z4 B-VG eingerichtet und die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes im Gesetz nicht vorgesehen ist (s. oben Pkt. II.2.1.2.). Da die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes somit ausgeschlossen ist, kommt eine Abtretung gemäß Art144 Abs3 B-VG nicht in Betracht (vgl. VfSlg. 11.954/1989).

7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Dienstrecht, Austritt aus dem Dienstverhältnis, Dienstrechtsverfahren, Kollegialbehörde, EU-Recht, VfGH / Abtretung, Zivilrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B1316.2004

Dokumentnummer

JFT_09958784_04B01316_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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