TE Vfgh Erkenntnis 2004/12/16 G66/04

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Veröffentlicht am 16.12.2004
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/02 Kraftfahrgesetz 1967, Führerscheingesetz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
KFG 1967 §109 Abs1 lite, §109 Abs5

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit einer Bestimmung des KFG 1967 betreffend die an den Inhaber einer Fahrschulbewilligung gestellten Anforderungen hinsichtlich einer bestimmten technischen Ausbildung; keine Inländerdiskriminierung; Gleichwertigkeitsprüfung bei Bewerbern aus anderen EU-Staaten

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (in der Folge: UVS) ist eine Berufung gegen einen Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels anhängig, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Bewilligung der Errichtung einer Fahrschule gemäß §109 Abs1 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967) abgewiesen wurde.

Aus Anlass dieses Berufungsverfahrens stellt der UVS unter Bezugnahme auf Art129a Abs3, Art89 Abs3 und Art140 Abs1 B-VG den beim Verfassungsgerichtshof zu G66/04 protokollierten Antrag, die "lit. e des §109 Abs1 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. Nr. 267/1967, idF. BGBl. I Nr. 80/2002 (21. Novelle)", als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Er begründet dies - teils durch Wiedergabe des Vorbringens des Berufungswerbers - wie folgt:

2.1. Die österreichische Rechtslage sei durch den in §109 Abs1 lite KFG 1967 normierten "Diplomzwang" gekennzeichnet. Dies führe dazu, dass für viele Fahrschulen ein Diplominhaber nur formal als Leiter bestellt werde, obwohl er keinen wesentlichen Einfluss auf den Fahrschulbetrieb nehme, während der Fahrschulbetrieb faktisch von Fahrschullehrern getragen werde. Dies führe zu einer Benachteiligung sowohl gegenüber Mitbewerbern aus dem Inland als auch gegenüber Inhabern von Fahrschulberechtigungen aus dem Ausland (insb. Deutschland), denen die erschwerten Zugangsbedingungen bei Niederlassung am österreichischen Markt "erspart bleiben" würden. Das Erfordernis der Absolvierung eines Diploms nach §109 Abs1 lite KFG 1967 sei deswegen nicht gerechtfertigt, weil nicht nachvollziehbar sei, inwiefern die Ausbildung eines Fahrschulleiters, dessen höhere technische Ausbildung häufig Jahrzehnte zurückliege, in einem sachlichen Zusammenhang mit der Qualität der Führung und der Ausbildung an einer Fahrschule stehe. Die Praxis zeige, dass die Regelung zu kreativen Umgehungen verleite und zu "einer Abhängigkeit des Betroffenen gegenüber seinem Leiter" bis hin zu "einer missbräuchlichen Ausübung dieser Machtstellung" führe.

Der UVS vergleicht die österreichische Rechtslage mit der deutschen und weist darauf hin, dass die gesetzlichen Anforderungen für die Erlangung einer Bewilligung zur Leitung einer Fahrschule in Deutschland wesentlich geringer seien, obwohl das "Lernziel" der Fahrschüler und das Anforderungsprofil an die Fahrlehrer vergleichbar seien.

Bei der in erster Instanz erfolgten Abweisung des Antrags auf Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung einer Fahrschule sei nicht hinreichend auf den Gleichheitssatz iVm. der sich aus dem EU-Recht ergebenden Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit iVm. der Richtlinie 92/51/EWG über die Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise (in der Folge: "Diplomanerkennungsrichtlinie") Bedacht genommen worden. An Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union müsse angesichts der Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts eine Fahrschulbewilligung auch dann erteilt werden, wenn sie nicht über ein Diplom iSd. §109 Abs1 lite KFG 1967 verfügen. Es würde zu einer Inländerdiskriminierung führen, weil einem EU-Bürger die Bewilligung - im Gegensatz zum Berufungswerber - bei gleicher Qualifikation nicht versagt werde. Der Verfassungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 9. Dezember 1999, G42/99 (= VfSlg. 15683/1999 - EWR-Nachsichtsverordnung) eine Bestimmung der Gewerbeordnung als verfassungswidrig aufgehoben, weil diese eine spezifische Tätigkeit im Ausland - nicht jedoch eine gleichwertige Tätigkeit im Inland - für die Aufnahme einer Gewerbetätigkeit als ausreichend qualifiziert habe. Auch beim Betrieb einer Fahrschule handle es sich um eine gewerbliche Tätigkeit, deren Zugang durch einschlägige EU-Richtlinien erleichtert werde. Es sei grundsätzlich eine sechsjährige einschlägige Tätigkeit "zur unbeschränkten Ausübung des betreffenden Gewerbes" (im Inland) genügend.

3.2. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis VfSlg. 14165/1995 zur Verfassungskonformität des §109 Abs1 lite KFG 1967 die Auffassung vertreten, dass der Gesetzgeber (mit der Normierung des Ausbildungsniveaus) weder seinen Gestaltungsspielraum überschritten, noch gegen die Erwerbsausübungsfreiheit verstoßen habe, zumal die Bestimmung nicht zwingend einen Universitätsabschluss verlange, sondern sich auch mit dem Abschluss einer Höheren technischen Lehranstalt (HTL) begnüge. In seinem Ablehnungsbeschluss vom 27. Februar 2001, B2177/00, habe der Verfassungsgerichtshof einen Verstoß gegen das Inländerdiskriminierungsverbot verneint, weil der Landeshauptmann durch §109 Abs5 KFG 1967 ermächtigt werde, die in einem anderen Mitgliedstaat erworbene Qualifikation auf Gleichwertigkeit zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in der Folge die Auffassung vertreten, dass eine andere, nicht mit der Reifeprüfung abschließende, Vorbildung im Ausland nicht ausreiche, um als gleichwertig anerkannt zu werden (VwGH 21.1.2003, Zl. 2001/11/0147). In diesem Erkenntnis habe er außerdem hervorgehoben, dass die Gleichwertigkeitsprüfung iSd. §109 Abs5 KFG 1967 auf eine in Österreich erworbene Qualifikation (wie etwa die Fahrschullehrerqualifikation) nicht anwendbar sei.

3.3. Damit stelle sich aber - so der UVS - die Frage nach der Gleichbehandlung: Ein deutscher Staatsbürger habe zur Ausübung der Leitung einer Fahrschule lediglich den Nachweis einer bestimmten Praxisdauer als Fahrschullehrer zu erbringen, während einem Österreicher "weiterhin eine um fünf Jahre längere Vorbildung abverlangt" werde.

4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie dem Vorbringen des UVS entgegentritt und die Abweisung des Antrags begehrt.

4.1. Zu den Bedenken des UVS ob der Sachlichkeit des grundsätzlichen Erfordernisses einer Ausbildung gemäß §109 Abs1 lite KFG 1967 im Lichte des Gleichheitssatzes (Art7 B-VG) und des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Freiheit der Erwerbsausübung (Art6 StGG) führt die Bundesregierung aus:

Dem Antragsvorbringen sei das Erkenntnis VfSlg. 14165/1995 entgegenzuhalten, dessen Aussagen auch für die geltende Rechtslage übertragbar seien. Der Wortlaut des §109 Abs1 lite KFG 1967 habe durch die 21. KFG-Novelle, BGBl. I Nr. 80/2002, dahingehend eine Änderung erfahren, dass bei entsprechender Vorbildung neben dem Diplom der Fakultät für Maschinenbau oder Elektrotechnik einer österreichischen technischen Universität und dem erfolgreichen Bestand der Reifeprüfung an einer österreichischen HTL maschinen- oder elektrotechnischer Richtung nunmehr auch ein Diplom einer Fachhochschule für Maschinenbau oder für Elektrotechnik Berücksichtigung finde. Durch diese Ergänzung habe jedoch das öffentliche Interesse an der Gewährleistung einer möglichst fundierten Ausbildung der Kraftfahrzeuglenker und an der Verkehrssicherheit keine Änderung erfahren. Durch die 21. KFG-Novelle habe lediglich eine weitere Form des einschlägigen schulischen Nachweises (Diplom einer Fachhochschule) Berücksichtigung gefunden. Der "Schwierigkeitsgrad" der Erlangung des genannten Fachhochschuldiploms bewege sich "im Rahmen des bereits vor der 21. KFG-Novelle gesteckten Rahmens" schulischer Nachweise. Die Bundesregierung erachtet die im Erkenntnis VfSlg. 14165/1995 zum Ausdruck gebrachte verfassungsrechtliche Beurteilung als auf die nunmehrige Fassung der angefochtenen Bestimmung zur Gänze übertragbar und hält das Anknüpfen an die genannte (schulische) Ausbildung für sachlich gerechtfertigt.

Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Anforderungen an die Ausbildung eines Fahrschulinhabers seien nach Auffassung der Bundesregierung einerseits die Bestimmungen über die Fahrprüfung zu beachten, anderseits die Ausbildungsvorschriften für Bewerber um eine Lenkberechtigung:

Die im Erkenntnis VfSlg. 14165/1995 herangezogene Bestimmung des §70 Abs2 litb letzter Halbsatz KFG 1967 betreffend die Lenkprüfung sei durch §11 FSG ("Fahrprüfung") ersetzt worden. Nach §11 Abs2 FSG umfasse die theoretische Prüfung unter anderem auch Kenntnisse für eine umweltfreundliche und wirtschaftliche Benützung des Kraftfahrzeuges. Sie erstrecke sich auf die Erkennung der wichtigsten technischen Mängel am Fahrzeug und deren geeignete Behebung (§11 Abs2 Z3 litc FSG). Bei Bewerbern um eine Lenkberechtigung für die Klassen B+E, C, C+E, D, D+E und F sowie für die Unterklassen C1 und C1+E umfasse die Fahrprüfung auch die in technischer Hinsicht und im Hinblick auf die Bauart der Kraftfahrzeuge und Anhänger notwendigen Kenntnisse. Um diese (technischen) Kenntnisse vermitteln zu können, sei ausreichendes (kraftfahrtechnisches) Wissen erforderlich. Zu den Anforderungen an die Ausbildung von Bewerbern um eine Lenkberechtigung verweist die Bundesregierung auch auf §64b der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 (KDV 1967) und auf die Anlage 10a zur KDV 1967.

Nicht zuletzt aufgrund des allgemeinen Wunsches der Bevölkerung nach einer möglichst großen Sicherheit im Straßenverkehr ergebe sich, dass eine umfassende und solide Ausbildung von Bewerbern um eine Lenkberechtigung sowohl in rechtlicher als auch in technisch-theoretischer Hinsicht im öffentlichen Interesse gelegen sei. Bereits die Reifeprüfung an einer HTL maschinen- oder elektrotechnischer Richtung stehe für eine umfassende Ausbildung in Physik, Mechanik, Mathematik, Getriebetechnik und Motorenbau, Pneumatik, Hydraulik, Regeltechnik und Elektronik. Diese Ausbildung beinhalte auch die Fähigkeit, neues Wissen aufzunehmen und weiterzugeben. Das Reifeprüfungszeugnis sei in Österreich für Vortragende und Ausbildner fast aller Arten der schulischen Ausbildung eine Grundvoraussetzung. Im Allgemeinen bedürfe die Ausbildung eines breiten Wissensspektrums, aus welchem kleine, miteinander zusammenhängende Elemente an die zu Unterweisenden zu vermitteln sind. Die in §109 Abs1 lite KFG 1967 geforderte spezielle technische Ausbildung sei daher Grundvoraussetzung dafür, dass die in der KDV 1967 geregelten Lehrpläne hinsichtlich der fahrschulmäßigen Ausbildung eingehalten werden können.

4.2. Den Bedenken des UVS, wonach §109 Abs1 lite KFG 1967 zu einer Inländerdiskriminierung führe, hält die Bundesregierung entgegen:

Im Verfahren zur Erteilung einer Fahrschulbewilligung habe die Bezirkshauptmannschaft als zuständige Behörde gemäß §109 Abs5 KFG 1967 Qualifikationen, die in einem anderen Mitgliedstaat (der Europäischen Union) erworben wurden, entsprechend zu berücksichtigen. Dies entspreche dem System der Diplomanerkennungsrichtlinie, die vorsehe, dass ausländische Berufsausbildungen und Erfahrungen zu berücksichtigen sind. Daraus ergebe sich, dass deutsche Staatsbürger, die bereits Fahrschulinhaber sind, eine Fahrschulbewilligung auch in Österreich erlangen können, wenn sie in ihrem Heimatstaat diesem Beruf seit längerem nachweislich nachgegangen sind und diese nachweislich erworbenen Qualifikationen im Ermittlungsverfahren als den nationalen Erfordernissen entsprechend (gleichwertig) gewertet werden. Der Berufungswerber in dem dem Gesetzesprüfungsantrag zugrunde liegenden Verfahren habe jedoch bisher nie selbständig, weder in Österreich, noch in einem anderen Mitliedstaat der Europäischen Union, eine Fahrschule geleitet.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. §109 KFG 1967 hat in der Fassung BGBl. I Nr. 80/2002 folgenden Wortlaut (der angefochtene Teil ist hervorgehoben):

"§109. Persönliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrschulbewilligung

(1) Eine Fahrschulbewilligung (§108 Abs3) darf nur natürlichen Personen und nur Personen erteilt werden, die

a)

österreichische Staatsbürger sind und das 27. Lebensjahr vollendet haben, wobei Angehörige einer Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind,

              b)              vertrauenswürdig sind,

              c)              die Leistungsfähigkeit der Fahrschule gewährleisten können,

d)

auch im Hinblick auf die Lage ihres Hauptwohnsitzes die unmittelbare persönliche Leitung der Fahrschule erwarten lassen,

e)

das Diplom der Fakultät für Maschinenbau oder für Elektrotechnik einer österreichischen Technischen Universität oder das Diplom einer Fachhochschule für Maschinenbau oder für Elektrotechnik besitzen oder die Reifeprüfung an einer österreichischen Höheren technischen Lehranstalt maschinen- oder elektrotechnischer Richtung erfolgreich bestanden haben,

f)

eine Fahrschullehrerberechtigung (§116) für die in Betracht kommenden Klassen oder Unterklassen von Kraftfahrzeugen besitzen,

g)

seit mindestens drei Jahren eine Lenkberechtigung für die Klassen oder Unterklassen von Kraftfahrzeugen besitzen für die Lenker ausgebildet werden sollen und glaubhaft machen, dass sie mindestens ein Jahr lang Fahrzeuge dieser Klassen tatsächlich gelenkt haben und je ein Lehrplanseminar pro Klasse bei den zur Ausbildung von Fahrschullehrern ermächtigten Einrichtungen absolviert haben. Dieses Lehrplanseminar ist nicht erforderlich bei Personen, die bereits über eine Fahrpraxis von mindestens drei Jahren mit solchen Fahrzeugen verfügen. Sie dürfen nicht wegen schwerer Verstöße gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften bestraft worden sein. Bei Bewerbern um eine Fahrschulbewilligung für die Klasse D ist jedoch nur eine Lenkpraxis mit Fahrzeugen der Klasse C, sofern sie nicht auch in eine andere Klasse oder Unterklasse fallen, erforderlich,

h)

glaubhaft machen, daß sie innerhalb der letzten zehn Jahre mindestens fünf Jahre, für Besitzer eines in der lite angeführten Diplome drei Jahre lang als Fahrschullehrer die für das Ausbilden von Lenkern erforderlichen Erfahrungen auf dem Gebiete des Kraftfahrwesens erworben haben, und die

i)

die erfolgreiche Absolvierung eines Unternehmerseminares im Ausmaß von mindestens 160 Stunden nachweisen; dies gilt jedoch nicht für Personen, die die Reifeprüfung an einer Handelsakademie erfolgreich abgelegt haben, oder die über ein Diplom der Wirtschaftsuniversität verfügen, oder die die Unternehmerprüfung in einem anderen Gewerbebereich erfolgreich abgelegt haben; und die

j)

noch keine Fahrschulbewilligung besitzen; dies gilt nicht für die Ausdehnung auf weitere Klassen oder Unterklassen am genehmigten Standort.

(2) Die Bezirksverwaltungsbehörde kann vom Erfordernis der Erbringung des Nachweises über die erfolgreiche Absolvierung der im Abs1 lite angeführten Schulen befreien, wenn der Antragsteller eine gleichwertige andere Schulausbildung genossen hat. Eine solche Befreiung gilt für das gesamte Bundesgebiet.

(4) Die für das Ausbilden von Lenkern erforderlichen Erfahrungen auf dem Gebiete des Kraftfahrwesens (Abs1 lith) können auch durch eine Tätigkeit erworben sein als Ausbildner von

a)

Lenkern an einer land- und forstwirtschaftlichen Lehr- oder Versuchsanstalt (§119 Abs1), einer Höheren technischen Lehranstalt maschinen- oder elektrotechnischer Richtung oder einer Fachschule maschinen- oder elektrotechnischer Richtung (§119 Abs3),

b)

Bediensteten der Dienststellen des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände oder Ortsgemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern und der von diesen Gebietskörperschaften unter ihrer Haftung betriebenen Unternehmungen zu Lenkern (§120 Abs2) oder

              c)              Lenkern von Heereskraftfahrzeugen (§121).

(5) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat bei Prüfung der persönlichen Voraussetzungen gemäß Abs1 lite bis h auch die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem anderen EWR-Vertragsstaat erworbenen Qualifikationen im Sinne der Richtlinie des Rates Nr. 92/51/EWG, ABl. Nr. L 209 vom 24. Juli 1992, S 25, über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung der Richtlinie 89/48/EWG entsprechend zu berücksichtigen und zu beurteilen, ob und inwieweit diese den nationalen Erfordernissen entsprechen. Sie hat hierüber binnen vier Monaten zu entscheiden.

(6) Ist auf Grund der gemäß Abs1 und Abs5 vorgelegten Zeugnisse und Befähigungsnachweise die von einem Antragsteller in einem EWR-Vertragsstaat erworbene Ausbildung oder Befähigung im Hinblick auf die durch diese vermittelten Fähigkeiten und Kenntnisse nicht als dem entsprechenden inländischen Nachweis gleichwertig anzusehen, ist die Gleichstellung gemäß Abs1 in Verbindung mit Abs5 nach Maßgabe der folgenden Absätze unter der Bedingung auszusprechen, dass die fehlende Qualifikation vom Antragsteller durch die Absolvierung einer ergänzenden inländischen fachlichen Tätigkeit von bestimmter Dauer oder eines Anpassungslehrganges oder die Ablegung einer Eignungsprüfung nachzuweisen ist.

(7) Die Absolvierung einer ergänzenden inländischen fachlichen Tätigkeit kann als Bedingung gemäß Abs6 vorgeschrieben werden, wenn die vom Antragsteller gemäß Abs1 in Verbindung mit Abs5 nachgewiesene Ausbildungsdauer geringer ist, als die für die beabsichtigte Tätigkeit im Inland geforderte Ausbildungsdauer. Die Dauer der zu absolvierenden ergänzenden inländischen fachlichen Tätigkeit ist im Ausmaß der Differenz zwischen der vom Antragsteller nachgewiesenen und der im Inland geforderten Ausbildungsdauer vorzuschreiben.

(8) Unter Anpassungslehrgängen sind Anpassungslehrgänge im Sinne der Richtlinie 92/51/EWG zu verstehen. Unter Eignungsprüfungen sind Eignungsprüfungen im Sinne der genannten Richtlinie zu verstehen. Die Absolvierung eines Anpassungslehrganges oder die Ablegung einer Eignungsprüfung kann als Bedingung gemäß Abs6 vorgeschrieben werden, wenn die vom Antragsteller gemäß Abs1 in Verbindung mit Abs5 nachgewiesene Ausbildung inhaltlich von der für die Erlangung des entsprechenden inländischen Befähigungsnachweises vorgeschriebenen Ausbildung abweicht. Im Rahmen des vorgeschriebenen Anpassungslehrganges oder der vorgeschriebenen Eignungsprüfung hat der Antragsteller die fehlende Qualifikation gemäß Abs5 nachzuweisen. Als Inhalt der vorzuschreibenden Eignungsprüfung kann auch die Ablegung bestimmter in Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes geregelter Befähigungsprüfungen (Lehrbefähigungsprüfung §118) oder von Teilen von diesen vorgesehen werden.

(9) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat die Inhalte und den Umfang der Lehrplanseminare gemäß Abs1 litg durch Verordnung festzulegen. Weiters kann er durch Verordnung den Inhalt von zu absolvierenden Anpassungslehrgängen und von abzulegenden Eignungsprüfungen festlegen."

2. Zur Zulässigkeit des Antrags:

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg. 14165/1995 über einen Antrag des UVS Oberösterreich auf Aufhebung des §109 Abs1 lite KFG 1967 idF BGBl. 258/1995 entschieden, sodass dem vorliegenden Antrag auf Aufhebung des §109 Abs1 lite KFG 1967 idF BGBl. 80/2002 das Prozesshindernis der entschiedenen Sache nicht entgegensteht (vgl. die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach eine entschiedene Sache nur dann vorliegt, wenn ua. die Identität der angefochtenen Norm gegeben ist, VfSlg. 14301/1995 mwN).

Im Verfahren sind auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die gegen die Annahme des UVS sprechen, dass der von ihm angefochtene §109 Abs1 lite KFG 1967 bei der Entscheidung über die bei ihm anhängige Berufung anzuwenden ist. Da auch sonst keine Prozesshindernisse bestehen, ist der Antrag zulässig.

3. In der Sache:

Der UVS bringt größtenteils dieselben Bedenken vor wie in dem dem Erkenntnis VfSlg. 14165/1995 zugrunde liegenden Antrag. Soweit der UVS den in §109 Abs1 lite KFG 1967 normierten Grundsatz eines bestimmten Ausbildungsniveaus als Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung zur Leitung einer Fahrschule für sachlich nicht gerechtfertigt hält, ist er auf das zitierte Erkenntnis zu verweisen, an dem der Verfassungsgerichtshof festhält. Weder die Behauptung, dass die Vorschrift in der Praxis häufig umgangen werde, noch der vom UVS angestellte Vergleich zur deutschen Rechtslage vermögen die Verfassungswidrigkeit der Regelung darzutun. Die vom UVS offenbar angenommene Prämisse, wonach jenen Bewerbern, die bereits in einem anderen EU-Staat als Fahrschulbetreiber etabliert waren, die Bewilligung jedenfalls und ohne weitere Überprüfung ihrer Qualifikation zu erteilen ist, ist unzutreffend: Die inländischen Qualifikationserfordernisse des §109 Abs1 lite KFG 1967 sind auch für solche Bewerber zu beachten, zumal die Erteilung der Bewilligung eine Gleichwertigkeitsprüfung ihrer bisherigen Qualifikation gemäß §109 Abs5 KFG 1967 anhand der nationalen Ausbildungserfordernisse voraussetzt. Ob und gegebenenfalls inwiefern ausländische Bewerber bei dieser Gleichwertigkeitsprüfung bevorzugt sind, hat der UVS - ausgehend von seiner unzutreffenden Prämisse - nicht konkret und substantiiert behauptet.

Auf das weitere Vorbringen des UVS, wonach eine unsachliche Benachteiligung von Inländern gegenüber EWR-Bürgern, die ihre Ausbildung in einem anderen EWR-Staat absolviert haben, vorliege, ist schon aus folgendem Grund nicht weiter einzugehen:

Sollte der UVS - ähnlich wie im Erkenntnis VfSlg. 15683/1999 (EWR-Nachsichtsverordnung) - die Inländerdiskriminierung rügen und die Annahme zutreffen, dass §109 Abs5 KFG 1967 tatsächlich einen erleichterten Zugang ermögliche, so läge diese Verfassungswidrigkeit nicht in der bekämpften Bestimmung.

4. Der Antrag war daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Schlagworte

Erwerbsausübungsfreiheit, EU-Recht, EU-Recht Richtlinie, EWR, Gewerberecht, Fahrschulen, Kraftfahrrecht, Ausbildung von Kfz- Lenkern, Befähigungsnachweis, Nachsicht (vom Befähigungsnachweis), Inländerdiskriminierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:G66.2004

Dokumentnummer

JFT_09958784_04G00066_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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