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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, den Beschwerdeführerinnen zu B2149/00 und B805/01 zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit € 2143,85 bestimmten Prozesskosten und den Beschwerdeführern zu B170/02 zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit € 2.142,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Folgende Sachverhalte sind gegeben:
1.1. Zu B2149/00
Mit Kaufvertrag vom 28.9./1.10.1999 verkaufte JB seinen Hälfteanteil an einem näher bezeichneten landwirtschaftlichen Grundstück mit einer Gesamtfläche von 4,4264 ha an die Beschwerdeführerin. Das gesamte Grundstück, das über keine Hofstelle verfügt, ist verpachtet. Die bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck eingerichtete Bezirks-Grundverkehrskommission als Grundverkehrsbehörde I. Instanz hinsichtlich land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke versagte dem Rechtserwerb die Genehmigung im Wesentlichen mit der Begründung, dass eine Selbstbewirtschaftung durch die Beschwerdeführerin nicht gegeben sei. Die Landes-Grundverkehrskommission wies die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung als unbegründet ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, es könne keine positive Selbstbewirtschaftungsprognose getroffen werden. Die landwirtschaftlichen Grundstücke seien bisher verpachtet worden. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft angegeben, sie beabsichtige die bisherige Verpachtung beizubehalten.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
1.2. Zu B805/01
Mit Kaufvertrag vom 5.4./18.4.2000 verkaufte JS eine näher bezeichnete Liegenschaft, bestehend aus einem Waldgrundstück im Ausmaß von 40,065 ha an die beschwerdeführende Gesellschaft. Die bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel eingerichtete Bezirks-Grundverkehrskommission als Grundverkehrsbehörde I. Instanz hinsichtlich land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke erteilte diesem Rechtsgeschäft mit Bescheid vom 19. Juni 2000 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Gegen diesen Bescheid erhob der Landesgrundverkehrsreferent Berufung und brachte vor, dass ua. die geforderte Selbstbewirtschaftung im Hinblick auf die im Eigentum des Geschäftsführers FE stehenden land- und forstwirtschaftlichen Besitzungen und erheblichen Firmenbeteiligungen nicht gesichert sei. Die Landes-Grundverkehrsbehörde gab mit Bescheid der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten Folge und begründete dies damit, dass ausschließlich eine Privatstiftung, deren drei Vorstände weisungsfrei seien, über die EH-Beteiligungsgesellschaft mbH und damit über die beschwerdeführende Gesellschaft wirtschaftlich verfügungsberechtigt sei und hinsichtlich derer nicht einmal behauptet worden sei, dass sie die Selbstbewirtschaftung der Waldflächen aufnehmen würden; vielmehr sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die beiden Geschäftsführer M und FE die Selbstbewirtschaftung beaufsichtigten und ein Dienstnehmer der beschwerdeführenden Gesellschaft unter Zuhilfenahme von qualifiziertem Personal die Waldparzellen bewirtschaften werde. Die Selbstbewirtschaftung durch die beschwerdeführende Gesellschaft sei daher nicht gewährleistet.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
1.3. Zu B170/02
Mit Übergabsvertrag vom 14. Dezember 2000 übergab TA ua. ihren Hälfteanteil an zwei Grundstücken in M an ihren Sohn HR. Die Vorsitzende der bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck eingerichteten Bezirks-Grundverkehrskommission als Grundverkehrsbehörde I. Instanz hinsichtlich land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke stellte mit Bescheid fest, dass der Grunderwerb an der Liegenschaft in M gemäß §5 Abs1 litc TGVG 1996 keiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürfe. Gegen diese Entscheidung erhob der Landesgrundverkehrsreferent fristgerecht Berufung und der angefochtene Bescheid wurde durch Berufungsvorentscheidung ersatzlos aufgehoben. Im fortgesetzten Verfahren versagte die Bezirks-Grundverkehrskommission dem Erwerb der Liegenschaft in M die grundverkehrsbehördliche Genehmigung mit der wesentlichen Begründung, der Erwerber sei kein Landwirt im Sinne des Grundverkehrsgesetzes, er besitze keine landwirtschaftlichen Flächen und es sei daher mit einer Selbstbewirtschaftung nicht zu rechnen. Die Landes-Grundverkehrskommission wies die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung als unbegründet ab, da im vorliegenden Fall die Flächen derzeit an einen Landwirt in M verpachtet seien und vom Berufungswerber selbst eingestanden werde, dass eine Selbstbewirtschaftung durch ihn nicht möglich sei.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten und in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerden beschloss der Verfassungsgerichtshof am 30. Juni 2004 gemäß §140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge in §5 Abs2 "im Sinne des §6 Abs2" im ersten und letzten Satz Tiroler Grundverkehrsgesetz LGBl. 61/1996 sowie des §6 Abs1 litb und c, Abs2, Abs3, und Abs7 Tiroler Grundverkehrsgesetz LGBl. 61/1996 idF LGBl. 75/1999 einzuleiten. Mit Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, G79-81/04, hob er im Gesetz vom 3. Juli 1996 über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996), LGBl. 61 idF LGBl. 75/1999 §6 Abs1 litb und c, in Abs2 die Wortfolge "im Sinne des Abs1 litb", Abs3 und Abs7 als verfassungswidrig auf.
2. Die belangte Behörde hat verfassungswidrige Gesetzesbestimmungen angewandt. Es ist nach Lage der Fälle nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.
Die Beschwerdeführer wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in ihren Rechten verletzt.
Die Bescheide waren daher aufzuheben.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den den Beschwerdeführerinnen zu B2149/00 und B805/01 zugesprochenen Kosten (die auf Grund der noch auf Basis der Schilling-Währung verzeichneten Kosten zu berechnen waren) ist eine Eingabegebühr in der Höhe von je € 181,68 und Umsatzsteuer in der Höhe von je € 327,03 enthalten; in den den Beschwerdeführern zu B170/02 zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr in der Höhe von € 180,-- und Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / Anlaßfall, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B2149.2000Dokumentnummer
JFT_09958784_00B02149_2_00