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41 Innere AngelegenheitenNorm
EMRK Art8Leitsatz
Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch die Ausweisung der Beschwerdeführerin aufgrund Unterlassung der gebotenen Interessenabwägung; bloßes Abstellen auf Rechtswidrigkeit des Aufenthaltes infolge Ablaufs des Sichtvermerkes nicht ausreichend; keine Berücksichtigung der intensiven familiären Bindung aufgrund der Ehe mit österreichischem Staatsbürger und Geburt eines gemeinsamen KindesRechtssatz
§17 Abs1 FremdenG setzt für eine Ausweisung in jedem Fall voraus, daß sich der Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Dieser Umstand allein vermag eine Ausweisung nicht zu rechtfertigen. Der zweite Halbsatz des §17 Abs1 FremdenG ordnet eine Bedachtnahme auf §19 leg.cit. an.
Ein solcher besonderer Grund im Sinne des §19 FremdenG kann nicht allein darin erblickt werden, daß der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom Ausland aus zu stellen ist (siehe hiezu E v 16.06.95, B1611/94 ua; E v 10.10.95, B1722/94 ua).
Die belangte Behörde erachtet allein aufgrund des rechtswidrigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin die Ausweisung im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen als dringend geboten und stellt damit nur auf die Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsrechtes ab. Dies reicht jedoch nicht aus, um darzutun, warum sie den Eingriff in die durch Art8 EMRK geschützten Rechte gemäß §19 FremdenG im öffentlichen Interesse als dringend geboten erachtet.
Die Beschwerdeführerin lebt seit ihrer (legalen) Einreise nach Österreich im gemeinsamen Haushalt mit ihrem Gatten - einem österreichischen Staatsbürger -; seit der Geburt des gemeinsamen Kindes (im März 1994), das nach der geltenden Rechtslage ebenfalls österreichischer Staatsbürger ist, auch mit diesem. Mag die Beschwerdeführerin dadurch auch keinen Wohnsitz im Sinne des §1 AufenthaltsG begründet haben, so besteht für sie zweifelsohne eine intensive familiäre Bindung im Inland.
Insbesondere blieb unberücksichtigt, daß die Beschwerdeführerin auch vom Ausland aus einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt hat, über den noch nicht abgesprochen wurde (die belangte Behörde wird den zu erwartenden Ausgang dieses Verfahrens abzuwägen haben), und daß die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (29.07.94) Mutter eines erst wenige Wochen alten Säuglings mit österreichischer Staatsbürgerschaft war.
Die belangte Behörde hat in Wahrheit die gebotene Interessenabwägung nicht vorgenommen, weil sie den öffentlichen Interessen die privaten Interessen nicht abwägend entgegengestellt hat.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Fremdenrecht, Fremdenpolizei, Ausweisung, Interessenabwägung, Privat- und FamilienlebenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B1838.1994Dokumentnummer
JFR_10039373_94B01838_2_01