Index
66 SozialversicherungNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Kein Verstoß der Verordnungsermächtigung des ASVG zur Erlassung von Richtlinien für die sogenannte Integritätsabgeltung gegen das Determinierungsgebot; Aufhebung einer Bestimmung der Richtlinien über die Leistung einer Integritätsabgeltung hinsichtlich des Ausschlusses des Leistungsanspruches bei Zumutbarkeit der Durchsetzung eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruches mangels gesetzlicher Deckung; keine Gesetzwidrigkeit der Richtlinien hinsichtlich der Ermittlung des IntegritätsschadensRechtssatz
Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung des §1 Abs2 Z1 der Richtlinien über die Leistung einer Integritätsabgeltung.
Aus den Darlegungen in den Anträgen des Oberlandesgerichtes Wien ergibt sich kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß der jeweils Versehrte selbst grob fahrlässig den Versicherungsfall herbeigeführt hat. In jedem Antrag wird nur ausgeführt, daß die Erledigung der Berufung vor dem Eingehen auf die übrigen Berufungsgründe entscheidend davon abhänge, ob der jeweilige Kläger gemäß §1 Abs2 Z2 der Richtlinien verpflichtet sei, seine zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche durchzusetzen. Die Präjudizialität der Z1 des §1 Abs2 der Richtlinien ist demnach zu verneinen.
Kein Verstoß der Verordnungsermächtigung des §213a Abs4 ASVG idF BGBl 294/1990 zur Erlassung von Richtlinien über die Leistung einer Integritätsabgeltung gegen das Determinierungsgebot.
Die Gesamtheit der Regelungen des §213a ASVG bildet auch vor dem Hintergrund des Art18 Abs2 B-VG und der einschlägigen Judikatur (vgl zB VfSlg 11072/1986 und 11639/1988) eine ausreichende Grundlage für die Erlassung von Durchführungsverordnungen. Sie gibt dem Verordnungsgeber in ausreichendem Maß Kriterien vor, vermittels welcher er die Ausgestaltung der Integritätsabgeltung vorzunehmen hat. Das Gesetz legt fest, unter welchen Voraussetzungen die Integritätsabgeltung gebührt und in welcher Höhe sie maximal zu gewähren ist. Das Gesetz schreibt dem Verordnungsgeber weiters vor, daß die Höhe der Integritätsabgeltung entsprechend der Schwere des Integritätsschadens abzustufen ist und nennt dabei zu berücksichtigende Kriterien. Der dichte Regelungskomplex setzt dem Verordnungsgeber nicht nur klar umschriebene Grenzen, sondern gibt ihm auch nähere Hinweise hinsichtlich seines Verhaltens. Die Verordnung ist daher ausreichend determiniert.
Aufhebung des §1 Abs2 Z2 der Richtlinien über die Leistung einer Integritätsabgeltung betreffend den Ausschluß des Leistungsanspruches bei Zumutbarkeit der Durchsetzung eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruches mangels gesetzlicher Deckung.
Es ist zwar richtig, daß gemäß §213a Abs4 ASVG die Richtlinien bei der "Durchführung der Abs1 und Abs2, insbesondere über das Ausmaß der Leistung," auf das "wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten" Bedacht zu nehmen haben. Mit der Frage der Zumutbarkeit der Durchsetzung eines Schadenersatzanspruches, etwa aufgrund des Bestehens einer Rechtsschutzversicherung, hat dieses Kriterium jedoch nichts zu tun. Die Zumutbarkeit der Beschreitung des Klagsweges sagt nichts über die gegenwärtige ökonomische Situation des Versicherten aus.
Aus §332 ff ASVG ist nicht abzuleiten, daß im Falle des Bestehens eines zivilrechtlichen Schadenersatzanspruches die Gewährung eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruches ausgeschlossen ist. Der Vermeidung einer Doppelliquidation von (kongruenten) Ansprüchen dient - soweit nicht Ansprüche gegen den Schädiger schon gemäß §333 ASVG nicht in Betracht kommen - die Legalzession iS des §332 ASVG.
Keine Gesetzwidrigkeit des §2 Abs1 der Richtlinien über die Leistung einer Integritätsabgeltung betreffend die Ermittlung des Integritätsschadens.
Die Integritätsabgeltung soll einen Ersatz für die im allgemeinen aufgrund des Haftungsausschlusses iSd §333 ASVG nicht zu erlangenden (und auch durch keine sonstige Leistung der gesetzlichen Sozialversicherung substituierten) Ansprüche auf Schmerzengeld (§1325 zweiter Halbsatz ABGB) und Entschädigung für Verhinderung besseren Fortkommens (§1326 ABGB) darstellen.
Es kann dem Gesetzgeber nicht der Vorwurf der Unsachlichkeit und dem Verordnungsgeber nicht der Vorwurf der Gesetzwidrigkeit gemacht werden, wenn er aus den unterschiedlichen Ausmaßen der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf entsprechende Unterschiede des Ausmaßes der Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Integrität schließt, zumal es wegen der feststehenden Obergrenze der Integritätsabgeltung im Einzelfall immer nur um das Verhältnis der Schwere der denkbaren Beeinträchtigungen zueinander geht.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Sozialversicherung, Unfallversicherung, Integritätsabgeltung, DurchführungsV, DeterminierungsgebotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:G187.1994Dokumentnummer
JFR_10039373_94G00187_01