RS Vfgh 1996/6/29 B1491/95, B1492/95, B1493/95, B1494/95 - B1197/95 ua

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 29.06.1996
beobachten
merken

Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

EMRK Art8
AufenthaltsG §5 Abs1
AufenthaltsG §6 Abs2
AufenthaltsG §6 Abs3

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch Abweisung von Anträgen auf Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen aufgrund mangelnder Interessenabwägung; keine Berücksichtigung der Interessen einer seit Jahren in Österreich lebenden Familie bei der Beurteilung der Fragen der ortsüblichen Unterkunft, des ausreichenden Einkommens und der Folgen der verspäteten Antragstellung

Rechtssatz

Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch Abweisung von Anträgen auf Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen aufgrund mangelnder Interessenabwägung; keine Berücksichtigung der Interessen einer seit Jahren in Österreich lebenden Familie bei der Beurteilung der Fragen der ortsüblichen Unterkunft, des ausreichenden Einkommens und der Folgen der verspäteten Antragstellung.

Der Verfassungsgerichtshof hat im E v 16.03.95, B2259/94, mit näherer Begründung dargelegt, daß die Behörde auch bei Anwendung der in §5 Abs1 AufenthaltsG besonders hervorgehobenen Versagungstatbestände der für die Dauer der Bewilligung nicht gesicherten ortsüblichen Unterkunft oder des nicht gesicherten Lebensunterhaltes in Fällen, in denen durch die Versagung der Bewilligung (weil etwa eine Familienzusammenführung verhindert wird), in das durch Art8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingegriffen wird, verhalten ist, die Notwendigkeit der Versagung der Bewilligung aus den in Art8 Abs2 EMRK umschriebenen öffentlichen Interessen zu prüfen und dabei auch auf die familiären und sonstigen privaten Interessen der Bewilligungswerber Bedacht zu nehmen.

Weiters hat der Verfassungsgerichtshof im E v 10.10.95, B1722/94 ua, dargetan, daß die Behörde bei Anwendung der Bestimmung des §6 Abs3 AufenthaltsG, die eine Antragstellung spätestens vier Wochen vor Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung vorsieht, in Fällen, in denen durch die Versagung der Bewilligung in das durch Art8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingegriffen wird, ebenfalls verhalten ist, die Notwendigkeit der Versagung aus den in Art8 Abs2 EMRK umschriebenen öffentlichen Interessen zu prüfen und dabei auch auf die familiären und sonstigen privaten Interessen des Bewilligungswerbers Bedacht zu nehmen.

Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall einer seit Jahren in Österreich lebenden Familie die Interessen der Beschwerdeführer gänzlich unberücksichtigt gelassen; sie hat damit die iS des Art8 EMRK gebotene Interessenabwägung nicht vorgenommen.

(siehe auch E v 10.06.96, B1197/95 ua - Familie aus dem ehemaligen Jugoslawien, minderjährige Kinder in Österreich geboren, rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich seit 1971 bzw 1984, Bescheidaufhebung unter Hinweis auf B2259/94 wegen unterlassener Interessenabwägung bei der Beurteilung der Fragen der ortsüblichen Unterkunft und des gesicherten Unterhalts).

Entscheidungstexte

  • B 1197-1201/95
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 10.06.1996 B 1197-1201/95
  • B 1491-1494/95
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 29.06.1996 B 1491-1494/95

Schlagworte

Aufenthaltsrecht, Privat- und Familienleben, Interessenabwägung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B1491.1995

Dokumentnummer

JFR_10039371_95B01491_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten