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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §85 Abs2 / Begründung des AntragesSpruch
Den in den Beschwerdesachen 1. der B, ..., und 2. der F,
..., beide vertreten durch die Rechtsanwälte S-S-F & Partner, ...,
gegen die Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz,
vom 19. November 2004, 1. Zl. ... und 2. Zl. ..., gestellten Anträge,
den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß
§85 Abs2 VfGG k e i n e F o l g e gegeben.
Begründung
Begründung:
1. Mit den Bescheiden des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 19. November 2004 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaften gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum 1997 bis 2002 gänzlich als unbegründet bzw. teilweise abgewiesen.
2. In den dagegen gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerden wird u.a. der Antrag gestellt, ihnen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung führen die beschwerdeführenden Gesellschaften - im Wesentlichen gleichlautend - aus, dass für sie mit dem Vollzug des Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden sei, da die Bezahlung der geforderten Beträge in Anbetracht ihrer Höhe unzumutbar sei, eine Gefährdung des Fortbetriebs der Unternehmen bedeute sowie zu deren Zahlungsunfähigkeit führen könnte. Weiters hätten die beschwerdeführenden Gesellschaften für die gegenständlichen Warenlieferungen bereits Umsatzsteuer iHv 20 vH in Italien abgeführt, wodurch sie sich wesentlich von anderen Fällen unterscheiden würden, in denen Abgabenschuldner vorgeschriebene Abgaben nicht erlegen. Aufgrund der Doppelbelastung mit Umsatzsteuer - die noch dazu rückwirkend auf 5 Jahre ausgesprochen wurde - werde der gesamte Roherlös aus dem Warenverkauf aufgesogen, sodass die produktive Tätigkeit in den betroffenen Jahren zu einem Verlust führen würde.
Darüber hinaus würden die beschwerdeführenden Gesellschaften nicht über ausreichendes Vermögen zur Begleichung der Umsatzsteuerschuld verfügen und seien aufgrund der bestehenden Bankverbindlichkeiten nicht in der Lage eine Überbrückungsfinanzierung durch Bankkredite aufzustellen. Daher müssten sie zur Begleichung der Abgabenforderung notwendiges Betriebsvermögen veräußern, was eine erhebliche Reduktion der Umsatzkapazitäten zur Folge hätte und den Fortbetrieb des Unternehmens gefährde. Die zu B14/05 beschwerdeführende Gesellschaft bringt weiters vor, dass die gegenständlichen Umsätze nach Ansicht der italienischen Finanzbehörden nicht unter die Versandhandelsregelung fielen und daher die USt in Italien und nicht in Österreich anfalle.
Im Lichte der Grundprinzipien der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere des freien Warenverkehrs und des Verbots der Doppelbesteuerung als Ausdruck derselben, müssten die beschwerdeführenden Gesellschaften keinesfalls davon ausgehen, dass sie sowohl in Italien und Österreich Umsatzsteuer abführen müssten; auch deswegen sei der drohende Nachteil als unverhältnismäßig einzustufen.
Auch stünden der Bewilligung der aufschiebenden Wirkung keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen, welche nach der Judikatur des VwGH nur gegeben seien, wenn es sich um ein besonders qualifiziertes, über das bei jeder Verwaltungsmaßnahme vorhandene öffentliche Interesse hinausgehende Interesse handle, das eine Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit zwingend gebiete. Im vorliegenden Fall sei dies nicht anzunehmen, da die Abgabeneinbringung bloß verzögert werde und zu erwarten sei, dass die beschwerdeführenden Gesellschaften nur in einem Mitgliedstaat steuerpflichtig würden und der geschuldete Betrag - wenn auch bei den italienischen Behörden - bereits erlegt worden sei. Die zu B10/05 beschwerdeführende Gesellschaft verweist zudem auf ihre Bilanz vom 31.12.2003, aus der hervorgehe, dass sie über eine Eigenkapitalquote von 12,5 % sowie erhebliches Anlagevermögen verfüge, sodass eine Vereitelung der Einbringlichmachung durch Zuwarten nicht zu befürchten sei.
Eine Güterabwägung zwischen des den beschwerdeführenden Gesellschaften drohenden unverhältnismäßigen Nachteils und des Interesses an dem sofortigen Vollzug falle zugunsten der beschwerdeführenden Gesellschaften aus.
3. Gemäß §85 Abs2 VfGG kann einer Beschwerde auf Antrag die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Da die beschwerdeführenden Gesellschaften im Fall ihres Obsiegens Anspruch auf Rückerstattung der strittigen Abgabenbeträge haben, hätten sie darzulegen gehabt, warum die (vorläufige) Entrichtung der Abgaben für sie unvermeidbar ist und einen unverhältnismäßigen Nachteil nach sich ziehen würde. Nun führen die beschwerdeführenden Gesellschaften zur Begründung ihrer Anträge aus, dass zum einen mit der sofortigen, vollen Entrichtung der Abgaben erhebliche Härten für die Unternehmen verbunden wären, zum anderen aber die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet werde. Sollte dies zutreffen, so erfüllen sie genau jene Voraussetzungen, die §212 BAO für die Gewährung von Zahlungserleichterungen aufstellt, womit die beschwerdeführenden Gesellschaften die sofortige, volle Entrichtung der strittigen Beträge hinausschieben können.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
VfGH / Wirkung aufschiebendeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:B10.2005Dokumentnummer
JFT_09949882_05B00010_00