RS Vfgh 1996/9/27 V156/95, V157/95

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 27.09.1996
beobachten
merken

Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7400 Fremdenverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
BeitragsgruppenV der Sbg Landesregierung vom 18.02.86, LGBl 24
Verordnung der Sbg Landesregierung vom 13.10.92, LGBl 94, mit der die BeitragsgruppenV geändert wird
Sbg FremdenverkehrsG §2 Abs2
Sbg FremdenverkehrsG §32

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der Einbeziehung sämtlicher Mautstraßen - insbesondere auch der Tauernautobahn - in eine Beitragsgruppe durch die BeitragsgruppenV der Sbg Landesregierung 1986; zeitgerechte Anpassung an geänderte tatsächliche Verhältnisse (Zunahme des Durchzugsverkehrs auf der Tauernautobahn) durch die mit Verordnung von 1992 erfolgte Zuordnung der überwiegend dem Ausflugsverkehr dienenden und anderen Mautstraßen in verschiedene Beitragsgruppen; Gesetzwidrigkeit der rückwirkenden Änderung der BeitragsgruppenV für das Jahr 1992

Rechtssatz

Es ist sachlich gerechtfertigt, die Höhe einer Fremdenverkehrsabgabe vom Ausmaß des (unmittelbaren oder mittelbaren) Fremdenverkehrsnutzens abhängig zu machen und diesen Nutzen aus dem Umsatz des Abgabepflichtigen abzuleiten.

Der Umstand allein, daß das Verhältnis des Umsatzes zum Fremdenverkehrsnutzen und jenes des Fremdenverkehrsnutzens der in den einzelnen Gruppen zusammengefaßten Unternehmenstypen zum Nutzen der jeweils einer anderen Gruppe zugeordneten Unternehmenstypen auch als Durchschnittsgrößen nicht exakt zu bestimmen sind, macht eine Festlegung dieser Verhältnisse durch den Gesetzgeber noch nicht unsachlich oder willkürlich. Unsachlichkeit oder Willkür läge nur dann vor, wenn diese Annahme mit den tatsächlichen Verhältnissen offenkundig gar nicht übereinstimmen könnte oder wollte. Dasselbe muß auch für das Verhältnis des Fremdenverkehrsnutzens der in einer Gruppe zusammengefaßten Unternehmenstypen zueinander gelten.

Keine Gesetzwidrigkeit der Wendung "Mautstraßen ... 2 2 2" in der Anlage zur BeitragsgruppenV der Sbg Landesregierung vom 18.02.86, LGBl 24.

Die Zusammenfassung aller Mautstraßen in die Beitragsgruppe 2 gemäß der BeitragsgruppenV LGBl. 24/1986 entsprach einer Durchschnitts- oder Pauschalbetrachtung. Der Verordnungsgeber des Jahres 1986 konnte bei Erlassung der BeitragsgruppenV auf allenfalls vorliegende Besonderheiten der Tauernautobahn gar nicht Bedacht nehmen, weil erst mit der Novellierung des Sbg FremdenverkehrsG durch LGBl. 87/1988 - in Kraft getreten mit 01.01.89 - die bis dahin gemäß §2 Abs2 Sbg FremdenverkehrsG geltende Ausnahme von der Zugehörigkeit zu einem Fremdenverkehrsverband für Gebietskörperschaften mit ihren nicht auf Erzielung eines Gewinnes ausgerichteten Unternehmen sowie für Bundesbetriebe und Monopole beseitigt worden ist.

Die Tauernautobahn wurde zunehmend vom sogenannten Personendurchzugsverkehr und von jenem Durchzugsverkehr, "aus dem Mauteinnahmen resultieren, die sich nicht einmal mittelbar auf den Fremdenverkehr zurückführen lassen", geprägt. Diese neueren Erkenntnisse führten schließlich zur Erlassung der Verordnung LGBl. 94/1992, womit Mautstraßen, die überwiegend dem Ausflugsverkehr dienen, der Beitragsgruppe 1, andere jedoch der Beitragsgruppe 4 zugeordnet wurden.

In Anbetracht der sich wandelnden Struktur des Verkehrsaufkommens und des Umstandes, daß diesbezüglich nur rudimentär statistisches Zahlenmaterial verfügbar war, kann dem Verordnungsgeber mit Recht nicht entgegengetreten werden, wenn er das sich hier allenfalls stellende Sachlichkeitsproblem nur schrittweise erkannt und erst dann reagiert hat.

Die Worte "mit Wirkung ab dem Beitragsjahr 1992" in der Verordnung der Sbg Landesregierung vom 13.10.92, LGBl. 94, mit der die BeitragsgruppenV geändert wird, werden als gesetzwidrig aufgehoben.

Es ist unbeachtlich, ob die Behörde, die den Bescheid erlassen hatte, selbst davon ausging, daß der Landesgesetzgeber "rückwirkende Änderungen der BeitragsgruppenV grundsätzlich für unzulässig" halte. Die Worte "mit der Wirkung ab dem Beitragsjahr 1992" haben die Wirkung schon für das laufende Beitragsjahr 1992 angeordnet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf eine Verordnung, wenn im Gesetz diesbezüglich nicht eine ausdrückliche Ermächtigung enthalten ist, nicht mit rückwirkender Kraft ausgestattet werden (vgl. zB VfSlg. 13.370/1993).

Entscheidungstexte

  • V 156,157/95
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 27.09.1996 V 156,157/95

Schlagworte

Fremdenverkehr, Abgaben Fremdenverkehr, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Rückwirkung, Anpassungspflicht (des Normgebers)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:V156.1995

Dokumentnummer

JFR_10039073_95V00156_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten