TE Vfgh Beschluss 2005/2/14 A21/99

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Veröffentlicht am 14.02.2005
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art137 / Allg
B-VG Art146

Leitsatz

Abweisung des Antrags des Bundes auf Aufhebung der Erklärung der Vollstreckbarkeit des zwischen der klagenden Stadt Wien und dem beklagten Bund geschlossenen Vergleichs über den vom Bund zu leistenden klinischen Mehraufwand beim Betrieb des AKH

Spruch

Dem Antrag des Bundes, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, auf Aufhebung der Erklärung der Vollstreckbarkeit des in der Rechtssache A21/99 Stadt Wien vs. Bund auf Zahlung des klinischen Mehraufwandes am 20.12.2000 geschlossenen Vergleichs wird keine Folge gegeben.

Begründung

Begründung:

1. Mit einer auf Art137 B-VG gestützten Klage hatte die Stadt Wien den Bund auf Zahlung eines bestimmten Betrags aus dem Titel des Ersatzes des von ihr vorläufig getragenen Klinischen Mehraufwandes für den Betrieb des Allgemeinen Krankenhauses für die Jahre 1985 bis 1994 geklagt. Im Zuge des Verfahrens schlossen die Parteien am 20.12.2000 vor dem Verfassungsgerichtshof einen Vergleich.

Der Vergleich betrifft zum einen die Abgeltung der beim Verfassungsgerichtshof geltend gemachten Ansprüche sowie die Abgeltung von Ansprüchen der Stadt Wien aus dem Titel des Klinischen Mehraufwandes bis einschließlich des Jahres 2003 (Pkt. 1 bis 3 des Vergleichs). Sodann wird (in Pkt. 4 des Vergleichs) festgehalten, dass die Vereinbarungen betreffend die Beteiligung des Bundes an den Errichtungskosten des AKH unberührt bleiben.

Hinsichtlich der Abgeltung des klinischen Mehraufwandes ab dem Jahr 2004 bestimmen schließlich Pkt. 5 bis 7 des Vergleichs:

"5. Der Bund und die Stadt Wien verpflichten sich, unverzüglich einvernehmlich einen unabhängigen, renommierten und international erfahrenen Sachverständigen, tunlichst aus dem Fachgebiet der Gesundheitsökonomie, zu bestellen, dessen Aufgabe es ist, unter Beachtung des gesetzlichen Rahmens der §§2 F-VG iVm 55 KAG unter Zugrundelegung internationaler Erfahrungen und Erkenntnisse und unter laufender Einbindung und Mitbefassung beider Auftraggeber bis Ende 2002 ein sachgerechtes Modell zur Ermittlung und Abwicklung des Klinischen Mehraufwandes beim Betrieb des AKH Wien ab dem Jahr 2004 zu erarbeiten und beide Parteien hinsichtlich einer Aufgabenausgliederung in Form einer AKH-Betriebsgesellschaft zu beraten.

6. Der Bund und die Stadt Wien kommen überein, das vom in Punkt 5 beschriebenen Sachverständigen erarbeitete Modell zur Berechnung des Klinischen Mehraufwandes, sofern es in den Grundzügen zwischen beiden Parteien akkordiert und unter Bedachtnahme auf die Vorgaben des Auftrags und die Regeln der Sachkunde erstellt ist, sowie alle auch aus internationaler Sicht wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt, ab dem Jahr 2004 den Kostenersätzen des Bundes gemäß §55 Z2 KAG für das AKH Wien zugrunde zu legen.

7. Sollte es wider Erwarten zu keinem Ergebnis im Sinne des Punktes 5. oder zu keinem Einvernehmen zwischen dem Bund und der Stadt Wien im Sinne des Punktes 6. kommen, dann ist der Bund verpflichtet, der Stadt Wien für die Jahre ab 2004 aus dem Titel des Klinischen Mehraufwandes beim Betrieb des AKH Wien (§55 Z2 KAG) auch weiterhin jährlich ATS 0,8 Milliarden, jeweils fällig in gleich hohen Vierteljahresraten zum Letzten jedes Quartals, zu zahlen. Diese Verpflichtung ist an im wesentlichen unveränderte rechtliche und tatsächliche Verhältnisse gebunden und steht somit unter der Umstandsklausel. Bei Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse steht es sowohl dem Bund als auch der Stadt Wien frei, ab 1.1.2004 oder ab einem späteren Zeitpunkt eine Neuregelung, sei es einvernehmlich, durch Sachverständigen oder durch gerichtliche Entscheidung, zu verlangen."

Abschließend wird vereinbart:

Über Ersuchen der klagenden Partei erteilte der Präsident des Verfassungsgerichtshofes am 2.12.2004 die Vollstreckbarkeitsbestätigung.

2. Mit Schriftsatz vom 16.12.2004 begehrte sodann der Bund die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung. Dies im wesentlichen mit der Begründung, dass Pkt. 7 des Vergleichs nicht vollstreckbar sei, weil sich die Umstände geändert hätten: Zum einen wird dazu auf das zwischenzeitige Inkrafttreten des UG 2002 Bezug genommen, zum anderen wird ausgeführt, dass sich auch die tatsächlichen Verhältnisse geändert hätten, was sich daraus ergebe, "dass nach dem elaborierten, mit großem Zeit- und Kostenaufwand im Einvernehmen beider Parteien beschafften Sachverständigengutachten der für das AKH zu leistende klinische Mehraufwand tatsächlich wesentlich geringer ist". Der Vergleich würde - sollte nicht das Einvernehmen zwischen den Parteien erzielt werden -, "jedenfalls keinen tauglichen Exekutionstitel gegen den Bund zur exekutiven Hereinbringung des Differenzbetrags auf ATS 0,8 Milliarden darstellen". Der Bund würde eine Exekutionsbewilligung im Exekutionsverfahren bekämpfen, sei aber der Auffassung, dass sich bereits aus dem Exekutionstitel selbst ergibt, dass dieser nicht vollstreckbar sei.

Über Einladung des Verfassungsgerichtshofes hat sich die klagende Partei zum Antrag geäußert.

3. Dem Antrag, der den Inhalt und die Wirkung einer Vollstreckbarkeitserklärung verkennt, war keine Folge zu geben:

Eine Vollstreckbarkeitserklärung eines Vergleichs bedeutet nichts anderes als die urkundsmäßige Bestätigung der Vollstreckbarkeit an sich. Nur wenn sie selbst rechtswidrig ist oder irrtümlich erteilt wurde, etwa weil die vertragsschließenden Personen zum Abschluss des Vertrags nicht bevollmächtigt waren, wenn ein Widerruf oder eine rechtliche Überprüfung des Vergleichs noch in Betracht kommt o.ä., ist eine Vollstreckbarkeitserklärung zu widerrufen. Dergleichen wird aber nicht behauptet. Vielmehr begehrt die beklagte Partei die Aufhebung der Vollstreckbarkeitserklärung mit dem Argument, dass sich die Umstände geändert hätten und die materiellen Voraussetzungen für eine Exekution einzelner Punkte des Vergleichs (noch) nicht gegeben wären. Über diese Frage ist aber durch eine Vollstreckbarkeitserklärung gar nicht abgesprochen.

Schlagworte

VfGH / Exekution, VfGH / Klagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:A21.1999

Dokumentnummer

JFT_09949786_99A00021_3_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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