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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art97 Abs2Leitsatz
Feststellung der Verfassungswidrigkeit der (gesamten) Novelle 1991 zum Tir GVG 1983 wegen Widerspruchs zur Tir LandesO 1989 infolge Kundmachung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag trotz Verweigerung der Zustimmung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung durch die Bundesregierung; Ausdehnung der AnlaßfallwirkungRechtssatz
Das Gesetz vom 03.07.91, mit dem das Tir GVG 1983 geändert wird, LGBl für Tirol Nr 74/1991, war verfassungswidrig.
In bundesverfassungsrechtlich unbedenklicher Weise regelt Art38 Abs7 Tir LandesO 1989, daß ein Gesetzesbeschluß nicht kundgemacht werden darf, wenn eine im Sinne des Art97 Abs2 erster Satz B-VG erforderliche Zustimmung der Bundesregierung nicht erteilt wurde. Angesichts des Umstandes, daß die Tir LandesO 1989 für derartige Fälle ein anderes Verfahren der Reaktion auf die Verweigerung der Zustimmung, das die Prärogative des Landtages im Prinzip wahrt, nicht kennt, wäre im vorliegenden Fall eben der Landtag neuerlich zu befassen gewesen (und ein neuerlicher Gesetzesbeschluß des Landtages wäre dem bundes- und landesverfassungsrechtlich vorgesehenen Verfahren zu unterziehen gewesen).
Die in Prüfung genommenen Bestimmungen, die nach Verweigerung der Zustimmung zur Mitwirkung von Bundesorganen an der Vollziehung durch die Bundesregierung ohne neuerliche Beschlußfassung durch den Landtag kundgemacht wurden, widersprechen daher Art38 Abs7 Tir LandesO 1989.
Den Regelungen des Tir GVG 1983 und damit auch jenen Bestimmungen, die durch die Novelle 1991 geändert wurden, wurde durch Inkrafttreten des Tir GVG 1993 materiell derogiert. Der Verfassungsgerichtshof hatte daher auszusprechen, daß die GVG-Novelle 1991 verfassungswidrig war. Dies ungeachtet der Tatsache, daß angesichts der Übergangsbestimmungen der Abs3 bis 6 des §40 Tir GVG 1993 für bestimmte Fälle die Vorschriften des Tir GVG 1983 idF der als verfassungswidrig erkannten Novelle 1991 weiterhin anzuwenden sind. Geltungsgrund für diese noch bestehende beschränkte Anwendbarkeit von Vorschriften des früheren Gesetzes ist §40 Tir GVG 1993. In dem durch diese Bestimmung angeordneten Ausmaß ist daher die für verfassungswidrig erkannte Novelle 1991 noch anzuwenden.
Im Hinblick auf weitere bei ihm anhängige Prüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof beschlossen, von der ihm gemäß Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen und die Anlaßfallwirkung auch für die im Spruch näher bezeichneten, beim Verwaltungsgerichtshof, beim Obersten Gerichtshof sowie beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol anhängigen Verfahren herbeizuführen. Eine weitere Behandlung der Anträge dieser Gerichtshöfe bzw des unabhängigen Verwaltungssenates erübrigt sich folglich insoweit, als sich die Anträge auf die mit dieser Entscheidung als verfassungswidrig erkannte GVG-Novelle 1991 beziehen (nicht jedoch auf die das Tir GVG 1993 betreffenden Anträge in den zu G84/96, G104/96 und G145/96 protokollierten Verfahren).
(Anlaßfall B266/94, E v 10.10.96, Quasianlaßfälle B201/95 ua, E v 08.10.96, Aufhebung der angefochtenen Bescheide).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Gesetz Erlassung, Gesetz Kundmachung, Landesgesetz, Landesverfassung, Grundverkehrsrecht, VfGH / Verwerfungsumfang, Übergangsbestimmung, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Anwendbarkeit Gesetz, VfGH / Feststellung Wirkung, VfGH / Anlaßfall, Zustimmung (der Bundesregierung bei Kundmachung Landesgesetz)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:G50.1996Dokumentnummer
JFR_10039072_96G00050_01