Index
27 RechtspflegeNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der Verordnung der Bundesministerin für Justiz betreffend die Errichtung einer weiteren Notarstelle in Wien - Donaustadt mangels Eingriffs in die Rechtssphäre des antragstellenden NotarsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Die Einschreiterin, öffentliche Notarin in Wien (mit Amtssitz in Wien - Donaustadt), stellte gemäß Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge die am 6.10.2004 ausgegebene Verordnung der Bundesministerin für Justiz betreffend die Errichtung einer weiteren (sechsten) Notarstelle in Wien - Donaustadt, BGBl. II 2004/384, als gesetzwidrig aufheben.
1.2.1. Die angefochtene (nach ihrem Einleitungssatz auf §9 NotariatsO gegründete) - über Antrag der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland erlassene - Verordnung lautet:
"Im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien wird mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2006 eine weitere Notarstelle mit dem Amtssitz in Wien - Donaustadt errichtet."
1.2.2. §9 NotariatsO, RGBl. 1871/75 idF BGBl. I 1999/72, ermächtigt den Bundesminister für Justiz, die Zahl und die örtliche Lage der Notarstellen unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen eines abgegrenzten Ermessensspielraums durch Verordnung festzulegen. Wesentlicher rechtspolitischer Zweck der Systemisierung von Notarstellen ist die Sicherstellung einer bestmöglichen und umfassenden rechtlichen Versorgung der Bevölkerung durch ortsnahe notarielle Betreuung (RV 1633 BlgNR XX. GP, 11).
2. Der vorliegende Antrag ist unzulässig:
2.1. Nach der - mit dem Beschluss VfSlg. 8060/1977 beginnenden - ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes erfordert die Zulässigkeit eines Individualantrages nach Art139 B-VG, dass der Antragsteller behauptet, durch die Rechtswidrigkeit der Verordnung in seinen Rechten verletzt zu sein, und dass die Verordnung für ihn ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation im Normenprüfungsverfahren bildet der Umstand, dass die angefochtene Norm in einer nach Art und Ausmaß eindeutig bestimmten Weise in die Rechtssphäre der einschreitenden Person (nicht bloß potentiell, sondern aktuell) eingreift. Anfechtungsberechtigt kann folglich von vornherein - wie der Verfassungsgerichtshof gleichfalls in ständiger Judikatur dargetan hat (vgl. zB VfSlg. 8670/1979, 12.751/1991, 12.909/1991, 13.814/1994, 14.274/1995, 14.488/1996, 15.184/1998) - nur ein Rechtsträger sein, an den sich die bekämpfte Regelung unmittelbar wendet. Der bloße Umstand, dass der Antragsteller von der Bestimmung faktisch (etwa durch Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen) betroffen ist ("Reflexwirkung"), reicht nicht hin.
2.2. Mit ihrem Vorbringen vermag die Antragstellerin nicht darzutun, dass die in Rede stehende Verordnung in ihre Rechtsposition unmittelbar eingreift. Die Antragstellerin ist nämlich keine Normadressatin der angefochtenen Vorschrift, weil sich diese nicht an im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien bereits amtierende Notare richtet, sondern die Anzahl der in Wien - Donaustadt systemisierten fünf Amtsstellen auf sechs erweitert. Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass die bekämpfte Verordnung geeignet sein kann, die wirtschaftliche Position der Einschreiterin künftig zu beeinträchtigen; dies stellt jedoch lediglich eine - in Ansehung der in Rede stehenden Prozessvoraussetzung unbeachtliche - potentielle (Reflex)Wirkung der Regelung dar, ohne die Rechtsstellung der Antragstellerin im Sinne eines unmittelbaren Eingriffs in ihre Rechtssphäre zu gestalten (vgl. ua. VfSlg. 14.463/1996, 15.219/1998, 15.445/1999, 16.015/2000, 16.186/2001).
Soweit die Antragstellerin eine unmittelbare Betroffenheit mit dem Hinweis auf den "Bestandschutz (wirtschaftlicher Existenzschutz)" der Notare zu begründen sucht, ist ihr zu entgegnen, dass sie nicht einmal behauptet, ihre wirtschaftliche Existenz sei durch das Hinzukommen einer weiteren Notarstelle am Amtssitz Wien - Donaustadt tatsächlich gefährdet. Im Übrigen machen sie weder die weiters ins Treffen geführten "Besonderheiten des Berufsrechts der Notare" und deren "umfangreiche Berufsausübungsbeschränkungen" noch der Umstand, dass es "in der Hand des Bundesministers für Justiz liegt, die Anzahl der in Österreich zur Ausübung des Notariats zugelassenen Personen exakt festzulegen", zur Normadressatin der in Rede stehenden Errichtungsverordnung.
2.3. Der Individualantrag war daher schon mangels Vorliegens der Prozessvoraussetzung der Anfechtungsberechtigung als unzulässig zurückzuweisen.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Notare Berufsrecht, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:V81.2004Dokumentnummer
JFT_09949772_04V00081_00