TE Vfgh Beschluss 2005/2/28 B1588/04

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Veröffentlicht am 28.02.2005
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Index

80 Land-und Forstwirtschaft
80/01 Organisationsrecht

Norm

AgrBehG §7
VfGG §33

Leitsatz

Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid eines Landesagrarsenates wegen unrichtiger Rechtsmittelbelehrung

Spruch

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. September 2003, GZ FA10A-LAS 13 Ba 3/31 - 03, wird bewilligt.

Begründung

Begründung:

I. 1. Nach Devolution der Rechtssache hat der Landesagrarsenat beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung mit Bescheid vom 24. September 2003 erkannt:

"Der Antrag von B.G. und E. vom 20.11.1988 auf Ausscheidung aus der Agrargemeinschaft EWG im Wege einer Singularteilung wird gemäß §33 Abs3 iVm. §11 Abs3 Stmk. AgrGG 1985 LGBl. Nr. 8/1996 idF. LGBl. Nr. 78/2001 abgewiesen."

Die Rechtsmittelbelehrung besagt, dass gegen dieses Erkenntnis Berufung an den Obersten Agrarsenat beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (im Folgenden: OAS) zulässig ist.

2. Die fristgerecht eingebrachte Berufung der Antragsteller wurde jedoch vom OAS mit Erkenntnis vom 1. Dezember 2004 als unzulässig zurückgewiesen: §7 Abs2 Z2 Agrarbehördengesetz schränke die Kompetenz des OAS im Falle der Teilung agrargemeinschaftlicher Grundstücke auf die Frage der Gesetzmäßigkeit der Abfindung ein; selbst §7 Abs2 Z4 AgrBehG erfasse nur Fälle, in denen eine Ablösung oder Regulierung bereits vorgenommen wurde, denn nur dann, wenn bereits eine Regulierung vorliege, könne deren Gesetzmäßigkeit beurteilt werden. Die im angefochtenen Erkenntnis des LAS enthaltene Rechtsmittelbelehrung sei unrichtig.

Diese Entscheidung wurde dem Rechtsvertreter der Antragsteller am 10. Dezember 2004 zugestellt.

3. Der vorliegende, am 23. Dezember 2004 zur Post gegebenen Antrag begehrt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates. Zugleich wird in der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des genannten Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt.

II. Die Wiedereinsetzung ist zu bewilligen:

1. Gemäß §7 Abs1 AgrBehG endet der Instanzenzug beim Landesagrarsenat; Ausnahmen sind im Abs2 Z1 bis 5 normiert. Keine dieser Ausnahmen liegt im vorliegenden Fall vor. Daher ist die Rechtsmittelbelehrung im Erkenntnis des Landesagrarsenates, welche die Berufung an den OAS für zulässig erklärt, unrichtig.

2. Nach §33 VfGG iVm §146 Abs1 ZPO ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung stellt ein unvorhergesehenes Ereignis dar und das Vertrauen auf die Richtigkeit der bekannt gegebenen Rechtsmittelbelehrung kann der Partei nicht als Verschulden angelastet werden. Wenn sie der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung entsprechend rechtzeitig Berufung ergriffen und erst durch den ihr Rechtsmittel als unzulässig zurückweisenden Bescheid Kenntnis von der Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung erhalten hat, ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist zu bewilligen (vgl. VfSlg. 4536/1963, 8785/1980, 8874/1980, 9143/1981 und 13.341/1993). Auch die übrigen Voraussetzungen sind gegeben.

Dieser Beschluss ist in nichtöffentlicher Sitzung zu fassen (§33 VfGG).

Schlagworte

Agrarbehörden, Agrarverfahren, Landesagrarsenat, Oberster Agrarsenat, Bescheid Rechtsmittelbelehrung, VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B1588.2004

Dokumentnummer

JFT_09949772_04B01588_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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