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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Feststellung der Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung mangels gehöriger Kundmachung durch Anschlag an der Amtstafel; Gesetzwidrigkeit der Festlegung von Auflagen hinsichtlich Abwasserbeseitigung und Vorlage von Lärm- und Umweltverträglichkeitsgutachten in der Flächenwidmung wegen Widerspruchs zum Stmk RaumOG 1974; Zulässigkeit der Widmung als Freiland für die Sondernutzung "Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlage"; kein verfassungswidriger Eingriff in das Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung durch die SondernutzungswidmungRechtssatz
Wie aus §3 iVm §61 Stmk BauO 1968 hervorgeht, bemißt sich der Kreis der als Parteien dem baurechtlichen Verfahren über ein Widmungsansuchen beizuziehenden Nachbarn danach, inwieweit diese bei der baulichen Verwirklichung einer Widmung mit Einwirkungen auf ihre Liegenschaft zu rechnen haben, ohne daß es für die Beurteilung der Parteistellung darauf ankommt, ob - etwa auf Grund eingeholter Sachverständigengutachten - tatsächlich eine nachteilige Auswirkung auf die Rechte der Parteien gegeben ist. Angesichts der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten erweisen sich im Hinblick auf den Immissionsschutz des Beschwerdeführers bestimmte Maßnahmen als notwendig. Es kann schon im Hinblick darauf den Verwaltungsbehörden nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen sind, daß dem nunmehrigen Beschwerdeführer als Nachbarn Parteistellung im Widmungsbewilligungsverfahren zukam und er demzufolge auch die Beschwerdelegitimation vor dem Verfassungsgerichtshof besitzt.
Selbst wenn dem Gemeinderat der Gemeinde Vasoldsberg darin zuzustimmen wäre, daß der Beschwerdeführer als Nachbar aus der durch die 1.15 Flächenwidmungsplanänderung bewirkten Sondernutzungswidmung für sich keine subjektiven öffentlichen Rechte ableiten kann, ist diese Widmung und damit auch die 1.15 Flächenwidmungsplanänderung im Beschwerdeverfahren schon deswegen präjudiziell, weil die Frage des Umfangs der subjektiven Rechtsposition des Beschwerdeführers nicht zuletzt von dieser Widmung und ihrer Gesetzmäßigkeit abhängt.
Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanänderung
1.15 der Gemeinde Vasoldsberg vom 01.03.93 und 08.07.93 mangels gehöriger Kundmachung.
Der Verfassungsgerichtshof bezweifelt nicht, daß planerische Darstellungen größeren Umfangs, - also etwa der Flächenwidmungsplan für die ganze Gemeinde - gemäß §92 Abs2 Stmk GdO 1967 durch Auflage im Gemeindeamt zur öffentlichen Einsicht kundgemacht werden können. Eine mögliche mit der Dauer eines Anschlages verbundene Qualitätseinbuße der zeichnerischen Darstellungen ist jedoch kein zureichender Grund, die gesetzlich nur subsidiär zulässige Auflage zur öffentlichen Einsicht im Gemeindeamt als Kundmachungsform zu wählen.
Die 1.15 Flächenwidmungsplanänderung umfaßt einschließlich der planlichen Darstellung des Ist- und des Soll-Zustandes zwei A4-Seiten. Sowohl dieser Umfang, als auch die im wesentlichen aus einem Textteil bestehende Art der Verordnung lassen den Anschlag an der Amtstafel zu. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Auflageverfahrens nach §92 Abs2 Stmk GdO 1967 fehlten sohin für die Kundmachung der 1.15 Flächenwidmungsplanänderung der Gemeinde Vasoldsberg. Diese ist daher schon aus diesem Grunde gesetzwidrig.
Bei der Bestimmung einer Sondernutzung (hier: "Schotterzwischenlagerung und Schottersortieranlage") nach §25 Abs2 Stmk RaumOG 1974, (in der hier maßgeblichen Fassung LGBl 15/1989), aber auch bei einer anderen Flächenwidmung auf Grund dieses Gesetzes ist es unzulässig, Vorschriften über die Sammlung der von den gewidmeten Grundstücken ausgehenden Abwässer und ihre Einbringung in die Kläranlage eines bestimmten Abwasserverbandes zu treffen. Desgleichen ist es rechtswidrig, auf Grund des Stmk RaumOG 1974 dem (momentanen) Eigentümer oder/und Nutzer der von einer Flächenwidmungsplanänderung betroffenen Liegenschaft im Zuge dieser Änderung die regelmäßige Vorlage eines Lärm- und Umweltverträglichkeitsgutachtens, die Errichtung und Bepflanzung eines Erdwalles sowie die Einhausung einer bestimmten gewerblichen Betriebsanlage (hier einer Sortieranlage) vorzuschreiben.
Sondernutzungen kraft §25 Abs2 Stmk RaumOG 1974 sind dann zulässig, wenn der Charakter einer größeren zusammenhängenden Fläche als Freiland zwar gewahrt bleiben soll, einzelne der im Freiland enthaltenen Grundstücke aber einem spezifischen Verwendungszweck, - wie er demonstrativ im §25 Abs2 Stmk RaumOG 1974 aufgezählt ist -, zugeführt und diesem vorbehalten werden sollen.
Mit Rücksicht darauf, daß es sich im vorliegenden Fall bei der für eine Schotterzwischenlagerung und für die Errichtung einer Schottersortieranlage gewidmeten Fläche um eine aufgelassene Schottergrube handelt, die als "Bodenentnahmefläche" vom Gesetzgeber ausdrücklich für eine Sondernutzungswidmung vorgesehen ist, ist von Rechts wegen nichts dagegen einzuwenden, daß eine Grundfläche einzelnen Produktionsvorgängen vorbehalten wird, die einem Teil der mit einer Schottergrube verbundenen Produktionsbedingungen entsprechen.
Unter dem Aspekt des Art6 StGG ist nichts dagegen einzuwenden, wenn auf Grund der besonderen Standortgunst einzelner Liegenschaften im Freiland eine raumplanerische Entscheidung im Wege einer Sondernutzungswidmung getroffen wird, die eine Verwendung der betreffenden Liegenschaften ausschließlich für einen wirtschaftlich relativ eng umgrenzten Verwendungszweck gestattet und die insofern eine Ausnahme von dem mit einer Freilandwidmung ansonsten verbundenen gänzlichen Verbot entsprechender baulicher Anlagen bedeutet.
(Anlaßfall B2317/94, E v 13.12.96, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).
Schlagworte
VfGH / Legitimation, VfGH / Präjudizialität, Verwaltungsverfahren, Parteistellung Baurecht, Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Planungsakte Verfahren (Flächenwidmungsplan), Verordnung Kundmachung, Kundmachung Verordnung, Freiland, Erwerbsausübungsfreiheit, Auflagen (Verordnung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:V91.1996Dokumentnummer
JFR_10038797_96V00091_01