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61 Familienförderung, JugendfürsorgeNorm
B-VG Art7 Abs1 / StaatsangehörigkeitLeitsatz
Keine Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch die Versagung der Familienbeihilfe für eine Ausländerin mangels Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen; kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich eines willkürlichen Vorgehens der Behörde; keine Bedenken gegen die Regelungen der Anspruchsvoraussetzungen für die Familienbeihilfe auch hinsichtlich österreichischer Kinder ausländischer ElternRechtssatz
Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes kann ein Bescheid an den Bescheidadressaten nicht rechtswirksam zugestellt werden, wenn der Behörde bekannt ist, daß er in dieser Sache rechtsfreundlich vertreten ist (vgl. VfSlg. 12604/1991, 13993/1994). Die von der Behörde vorgenommene Zustellung an die Beschwerdeführerin war, da ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt war, daher schon aus diesem Grund rechtsunwirksam.
Nach schriftlicher Urgenz seitens der Beschwerdeführerin erfolgte die Zustellung der Berufungsentscheidung an den Rechtsvertreter laut Zustellnachweis am 14.08.95. Die am 25.09.95 zur Post gegebene Beschwerde ist sohin rechtzeitig (vgl. §82 Abs1 VfGG).
Die Familienbeihilfe gebührt nicht dem Kind, sondern der Person, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt (vgl. das zum Kinderbeihilfengesetz ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.10.1960, Z1149/57). Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Judikatur davon aus, daß die Familienbeihilfe eine Betreuungshilfe darstellt, die - da sie gemäß §2 FamilienlastenausgleichsG 1967 für Kinder gewährt wird - ausschließlich für jene Personen, für die sie bezahlt wird, zu verwenden ist (VfSlg. 13052/1992, 13933/1994; vgl. auch OGH 10.7.1991, 1 Ob 565/91). Aus dem Umstand, daß die Familienbeihilfe zweckgebunden zu verwenden ist, kann jedoch nicht geschlossen werden, daß im - wie hier vorliegenden - Fall der Gewährung der Familienbeihilfe an eine vom Kind verschiedene Person in die Rechte des anspruchsvermittelnden Kindes eingegriffen wird.
Soweit die Beschwerdeführerin die Verletzung "in dem verfassungsmäßig gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung" rügt, kann sie vor dem Hintergrund der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 11813/1988, 10923/1986) mit Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit nur in dem durch ArtI Abs1 BVG-Rassendiskriminierung verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (vgl. VfSlg. 13836/1994, VfGH 29.06.95, B2318/94, 30.11.95, B1691/95, 13.12.95, B434/94) verletzt sein, weil das gemäß Art7 B-VG und Art2 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz nur österreichischen Staatsbürgern und nicht auch Ausländern gewährleistet ist.
Diesem Gleichbehandlungsgebot, das dem Fremden durch ArtI Abs1 BVG-Rassendiskriminierung als subjektives Recht gewährleistet ist, widerstreitet ein Bescheid, bei dessen Erlassung die Behörde Willkür geübt hat.
Keine Bedenken gegen die Regelungen der Anspruchsvoraussetzungen für die Familienbeihilfe auch hinsichtlich österreichischer Kinder ausländischer Eltern.
Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, Beihilfen in unbeschränkter Weise zu gewähren (vgl. VfSlg. 5972/1969).
Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, daß eine Regelung, die für den Anspruch auf Familienbeihilfe von Ausländern Einkünfte aus einer seit mindestens drei Monaten währenden, erlaubten Beschäftigung im Inland oder den Bezug von Leistungen aus einer gesetzlichen Sozialversicherung im Inland oder einen seit mindestens 60 Kalendermonaten währenden Aufenthalt im Inland verlangt, unsachlich sei.
Es bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht auch keine Bedenken gegen den dritten Absatz des §3 FamilienlastenausgleichsG 1967: Wie sich aus dem Zusammenhang dieser Bestimmung mit §2a Abs1 FamilienlastenausgleichsG 1967 - auf welchen §3 Abs3 FamilienlastenausgleichsG 1967 ausdrücklich verweist - und aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ergibt, will diese Regelung gewährleisten, daß die Familienbeihilfe - bei gemeinsamem Familienhaushalt - jedenfalls dem haushaltsführenden Elternteil zukommt, auch wenn dieser nicht nach §3 Abs1 oder Abs2 FamilienlastenausgleichsG 1967 anspruchsberechtigt ist. Der Gesetzgeber konnte auch annehmen, daß der haushaltsführende Elternteil in der Regel das Kind überwiegend betreut (vgl. die Erläuterungen zur RV 126 BlgNR 18. GP). Eine solche Regelung kann nicht als unsachlich bezeichnet werden; sie führt auch nicht zu einer Schlechterstellung österreichischer Staatsbürger gegenüber Ausländern (vgl. VfSlg. 10025/1984, 13084/1992).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ein Gesetz nicht schon deshalb gleichheitswidrig, wenn das Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen wird. Nicht jede Unbilligkeit, die eine einheitliche Regelung mit sich bringt, kann bereits als unsachlich gewertet werden. Dem Gesetzgeber muß es gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen (vgl. VfSlg. 10455/1985, 11616/1988).
Schlagworte
VfGH / Fristen, Zustellung, Familienlastenausgleich, Rassendiskriminierung, Ausländer, Gleichbehandlung (Ausländer) siehe auch RassendiskriminierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B2965.1995Dokumentnummer
JFR_10038795_95B02965_01