TE Vfgh Beschluss 2005/2/28 V79/04

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2005
beobachten
merken

Index

27 Rechtspflege
27/02 Notare

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
NotariatsO §9
Verordnung der Bundesministerin für Justiz betreffend die Errichtung einer sechsten Notarstelle in Wien - Donaustadt, BGBl II 384/2004

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der Verordnung der Bundesministerin für Justiz betreffend die Errichtung einer weiteren Notarstelle in Wien - Donaustadt mangels Eingriffs in die Rechtssphäre des antragstellenden Notars

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Der Einschreiter, öffentlicher Notar in Wien (mit Amtssitz in Wien - Donaustadt), stellte gemäß Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge die am 6.10.2004 ausgegebene Verordnung der Bundesministerin für Justiz betreffend die Errichtung einer weiteren (sechsten) Notarstelle in Wien - Donaustadt, BGBl. II 2004/384, als gesetzwidrig aufheben.

1.2.1. Die angefochtene (nach ihrem Einleitungssatz auf §9 NotariatsO gegründete) - über Antrag der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland erlassene - Verordnung lautet:

"Im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien wird mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2006 eine weitere Notarstelle mit dem Amtssitz in Wien - Donaustadt errichtet."

1.2.2. §9 NotariatsO, RGBl. 1871/75 idF BGBl. I 1999/72, ermächtigt den Bundesminister für Justiz, die Zahl und die örtliche Lage der Notarstellen unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen eines abgegrenzten Ermessensspielraums durch Verordnung festzulegen. Wesentlicher rechtspolitischer Zweck der Systemisierung von Notarstellen ist die Sicherstellung einer bestmöglichen und umfassenden rechtlichen Versorgung der Bevölkerung durch ortsnahe notarielle Betreuung (RV 1633 BlgNR XX. GP, 11).

2. Der vorliegende Antrag ist unzulässig:

2.1. Nach der - mit dem Beschluss VfSlg. 8060/1977 beginnenden - ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes erfordert die Zulässigkeit eines Individualantrages nach Art139 B-VG, dass der Antragsteller behauptet, durch die Rechtswidrigkeit der Verordnung in seinen Rechten verletzt zu sein, und dass die Verordnung für ihn ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation im Normenprüfungsverfahren bildet der Umstand, dass die angefochtene Norm in einer nach Art und Ausmaß eindeutig bestimmten Weise in die Rechtssphäre der einschreitenden Person (nicht bloß potentiell, sondern aktuell) eingreift. Anfechtungsberechtigt kann folglich von vornherein - wie der Verfassungsgerichtshof gleichfalls in ständiger Judikatur dargetan hat (vgl. zB VfSlg. 8670/1979, 12.751/1991, 12.909/1991, 13.814/1994, 14.274/1995, 14.488/1996, 15.184/1998) - nur ein Rechtsträger sein, an den sich die bekämpfte Regelung unmittelbar wendet. Der bloße Umstand, dass der Antragsteller von der Bestimmung faktisch (etwa durch Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen) betroffen ist ("Reflexwirkung"), reicht nicht hin.

2.2. Mit seinem Vorbringen vermag der Antragsteller nicht darzutun, dass die in Rede stehende Verordnung in seine Rechtsposition unmittelbar eingreift. Der Antragsteller ist nämlich kein Normadressat der angefochtenen Vorschrift, weil sich diese nicht an im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien bereits amtierende Notare richtet, sondern die Anzahl der in Wien - Donaustadt systemisierten fünf Amtsstellen auf sechs erweitert. Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass die bekämpfte Verordnung geeignet sein kann, die wirtschaftliche Position des Einschreiters künftig zu beeinträchtigen; dies stellt jedoch lediglich eine - in Ansehung der in Rede stehenden Prozessvoraussetzung unbeachtliche - potentielle (Reflex)Wirkung der Regelung dar, ohne die Rechtsstellung des Antragstellers im Sinne eines unmittelbaren Eingriffs in seine Rechtssphäre zu gestalten (vgl. ua. VfSlg. 14.463/1996, 15.219/1998, 15.445/1999, 16.015/2000, 16.186/2001).

Soweit der Antragsteller eine unmittelbare Betroffenheit mit dem Hinweis auf den "Bestandschutz (wirtschaftlicher Existenzschutz)" der Notare zu begründen sucht, ist ihm zu entgegnen, dass er nicht einmal behauptet, seine wirtschaftliche Existenz sei durch das Hinzukommen einer weiteren Notarstelle am Amtssitz Wien - Donaustadt tatsächlich gefährdet. Im Übrigen machen ihn weder die weiters ins Treffen geführten "Besonderheiten des Berufsrechts der Notare" und deren "umfangreiche Berufsausübungsbeschränkungen" noch der Umstand, dass es "in der Hand des Bundesministers für Justiz liegt, die Anzahl der in Österreich zur Ausübung des Notariats zugelassenen Personen exakt festzulegen", zum Normadressaten der in Rede stehenden Errichtungsverordnung.

2.3. Der Individualantrag war daher schon mangels Vorliegens der Prozessvoraussetzung der Anfechtungsberechtigung als unzulässig zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Notare Berufsrecht, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:V79.2004

Dokumentnummer

JFT_09949772_04V00079_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten