TE Vfgh Beschluss 2005/2/28 B612/03

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Veröffentlicht am 28.02.2005
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Index

L1 Gemeinderecht
L1000 Gemeindeordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
VfGG §18
Vlbg GdG 1985 §50, §51, §60, §66

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde einer Stadtgemeinde gegen einen an ein gemeindeeigenes Elektrizitätsversorgungsunternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichteten Bescheid betreffend die Zahlung von Stranded costs mangels innerhalb der Beschwerdefrist gefassten Beschlusses des zuständigen Gemeindeorgans

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid, der der beschwerdeführenden Gemeinde am 5. März 2003 zugestellt wurde (daher ist der letzte Tag der Beschwerdefrist der 16. April 2003) und das - keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzende - gemeindeeigene Elektrizitätsversorgungsunternehmen "Stadtwerke F." betrifft. Dieser letztinstanzliche Bescheid verpflichtet die beschwerdeführende Gemeinde zur Zahlung von "Stranded Costs in der Höhe von € 132.415,81". Die Beschwerde ist mit 15. April 2003 datiert und wurde dem Verfassungsgerichtshof an demselben Tag übergeben.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2003 forderte der Verfassungsgerichtshof die beschwerdeführende Gemeinde gemäß §18 VfGG unter Fristsetzung auf, den Mangel des Fehlens eines Auszuges aus dem Sitzungsprotokoll des zuständigen Gemeindeorganes über die Fassung des Beschlusses, eine Beschwerde nach Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu erheben, zu beheben.

2. Die beschwerdeführende Gemeinde legte innerhalb der gesetzten Frist einen Auszug aus dem Protokoll der Stadtratssitzung am 12. Mai 2003 vor, der folgenden Beschluss enthält:

"Die Einbringung der [vorliegenden Beschwerde] ist mit Genehmigung des Stadtrates erfolgt, die Vollmacht ist gegeben."

Außerdem äußert sich die beschwerdeführende Gemeinde in derselben Eingabe wie folgt:

"In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß im vorliegenden Fall für die Beschlußfassung über die Einbringung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde nicht der Stadtrat, sondern grundsätzlich die Stadtvertretung zuständig ist.

§60 Abs1 Vbg. Gemeindegesetz begründet die Zuständigkeit des Stadtrates für die in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallenden Angelegenheiten, 'soweit sie nach diesem Gesetz oder anderen Gesetzen nicht ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind'. Gemäß §50 Abs2 Vbg. Gemeindegesetz kann die Gemeindevertretung, also im vorliegenden Fall die Stadtvertretung, für bestimmte Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung, die für die Gemeinde von wesentlicher Bedeutung sind, das Beschlußrecht an sich ziehen. Mit Beschluß vom 18.5.1993 [...] hat die Stadtvertretung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und das Beschlußrecht in allen Angelegenheiten der Stadtwerke Feldkirch grundsätzlich an sich gezogen. Die Zuständigkeit zur Besorgung aller Angelegenheiten der Stadtwerke Feldkirch ist daher zunächst rechtswirksam auf die Stadtvertretung übergegangen.

Gleichzeitig hat die Stadtvertretung in Ausübung dieses Beschlußrechts eine Satzung der Stadtwerke Feldkirch beschlossen [...], aus deren §5 sich der Umfang des Beschlußrechts der Stadtvertretung ergibt [...]. Zur Beurteilung der organisationsrechtlichen Erfordernisse für die Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde ist daher im vorliegenden Fall die Satzung der Stadtwerke Feldkirch heranzuziehen. Die Zulässigkeit der Erlassung der Satzung ergibt sich aus §50 Abs1 litb Z10 Vbg. Gemeindegesetz (vgl. dazu Neuhofer, Gemeinderecht [1998] 409).

In der Satzung hat aber die Stadtvertretung die Kompetenz zur Leitung und Verwaltung in organisatorischer, fachlicher und dienstrechtlicher Hinsicht, zur Vertretung der Stadtwerke Feldkirch sowie zur Führung der laufenden Geschäfte gemäß §8 Abs2 litc, d bzw. f der Satzung der Stadtwerke Feldkirch - vorbehaltlich der Zuständigkeit der Stadtvertretung oder des Verwaltungsrates - generell an die Geschäftsleitung der Stadtwerke Feldkirch delegiert

[...].

Der Zuständigkeit der Stadtvertretung sind vorbehalten die Geschäfte gemäß §5 lita bis m der Satzung der Stadtwerke Feldkirch in der Fassung des Beschlusses der Stadtvertretung vom 27.6.1995 [...]. Auf der Grundlage des §51 Abs3 iVm Abs1 litc Vbg. Gemeindegesetz hat die Stadtvertretung dem als Ausschuß eingerichteten Verwaltungsrat gemäß §6 Abs2 iVm Abs3 lita bis j der Satzung der Stadtwerke Feldkirch bestimmte Aufgaben delegiert. Dem gemäß §6 der Satzung der Stadtwerke Feldkirch bestellten Verwaltungsrat sind somit die Geschäfte gemäß §6 Abs3 dieser Satzung vorbehalten.

Gemäß diesen Bestimmungen ist die Einbringung von Verfassungsgerichtshofbeschwerden weder der Stadtvertretung noch dem Verwaltungsrat vorbehalten. Im Gegensatz zu den Gemeindeordnungen anderer Bundesländer enthält §60 des Vorarlberger Gemeindegesetzes auch keine explizite Bestimmung, wonach die Erhebung von Verfassungsgerichtshofbeschwerden ausdrücklich in die Kompetenz des Gemeindevorstandes fällt. Eine Delegation dieser Kompetenz an die Geschäftsleitung der Stadtwerke Feldkirch ist daher nach den Bestimmungen des Vorarlberger Gemeindegesetzes zulässig.

Die Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde, die im Zusammenhang mit den laufenden Geschäften der Stadtwerke Feldkirch steht, liegt daher aufgrund §8 der Satzung grundsätzlich in der Kompetenz der Geschäftsleitung der Stadtwerke Feldkirch.

Ausdrücklich festgehalten wird, daß eine Beschlußfassung des Verwaltungsrates gemäß §6 Abs3 liti der Satzung der Stadtwerke Feldkirch nur für die Führung von wichtigen, über den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes hinausgehenden Rechtsstreitigkeiten sowie der damit zusammenhängenden Bestellung von Rechtsanwälten und Sachverständigen erforderlich ist. Im Sinne von §6 Abs3 2. Satz der Satzung der Stadtwerke Feldkirch ist die Wichtigkeit eines Geschäftes dann gegeben, wenn der Wert der Gesamtausgaben im Einzelfall 0,25% der Finanzkraft der Stadt Feldkirch übersteigt (der Bezug der Wertgrenze auf die Finanzkraft der Stadt ergibt sich aus dem Zusammenhang mit ähnlich lautenden Bestimmungen in der Satzung der Stadtwerke Feldkirch, insbesondere §6 Abs2 und §8 Abs2 litf). Die Finanzkraft der Stadt Feldkirch beträgt gemäß beiliegendem Auszug aus dem Voranschlag 2003 der Stadt Feldkirch [...] € 33.002.200,-. Die relevante Schwelle beträgt somit € 82.505,50.

Der Wert der mit der Einbringung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde verbundenen Gesamtausgaben (insbesondere Anwaltskosten) im Sinne des §6 Abs3 liti iVm Abs3

2. Satz der Satzung liegt unter der relevanten Schwelle von € 82.505,50. Die Anwaltskosten für die Einbringung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde werden überdies (wie auch für andere Mitglieder dieser Vereinigung) aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Vereinigung Österreichischer Elektrizitätswerke und der Stadtgemeinde Feldkirch (dem Unternehmen 'Stadtwerke Feldkirch') zur Gänze von der Vereinigung Österreichischer Elektrizitätswerke getragen. Für die Stadtgemeinde Feldkirch (das Unternehmen der Stadtwerke Feldkirch) entsteht daher auch aus diesem Grund aus der Erhebung der gegenständlichen Verfassungsgerichtshofbeschwerde kein Kostenrisiko bzw. keine Ausgaben, die die erwähnte Schwelle von 0,25% der Finanzkraft der Stadt Feldkirch übersteigen.

Darüber hinaus steht die Vorschreibung der Stranded-Costs durch die Energie-Control Kommission eindeutig im Zusammenhang mit dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Stadtwerke Feldkirch, nämlich mit dem Betrieb eines Verteilernetzes für Elektrizität.

Aus alle dem ergibt sich, daß für die Einbringung der verfahrensgegenständlichen Verfassungsgerichtshofbeschwerde die Geschäftsleitung der Stadtwerke Feldkirch zuständig ist. Unter Inanspruchnahme dieser Vertretungsbefugnis hat der mit Beschluß der Stadtvertretung vom 12.3.2002 bestellte [...], selbständig vertretungsbefugte Alleingeschäftsführer der Stadtwerke Feldkirch, Herr Dipl.-Ing. Dr. M. T., innerhalb der Beschwerdefrist [dem Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Gemeinde] Vollmacht erteilt und den Auftrag gegeben, gegen den [bekämpften Bescheid] eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde einzubringen."

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Gemeindegesetzes, LGBl. Nr. 40/1985 in der Fassung LGBl. Nr. 58/2001 (in der Folge: Vbg. GemG) lauten auszugsweise:

"2. Abschnitt

Gemeindevertretung

§33

[...]

§50

Aufgaben

(1) Eines Beschlusses der Gemeindevertretung bedürfen im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde

a) in behördlichen Angelegenheiten:

1. [...]

b) in anderen Angelegenheiten:

1. [...]

10. Errichtung und Auflassung von Gemeindeanstalten, wirtschaftlichen Unternehmungen und sonstigen Gemeindeeinrichtungen sowie Erlassung von Bestimmungen für deren Verwaltung und Benützung,

11. [...]

(2) Die Gemeindevertretung kann für bestimmte Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung, die für die Gemeinde von wesentlicher Bedeutung sind, das Beschlussrecht an sich ziehen.

(3) Die Gemeindevertretung kann, wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit oder Einfachheit gelegen ist, das ihr zustehende Beschlussrecht in den Angelegenheiten des Abs1 litb mit Ausnahme der Z. 12 an den Gemeindevorstand abtreten. Bei finanziellen Verpflichtungen darf das Beschlussrecht für Geschäfte mit einem Wert im Einzelfall bis höchstens 10 v.H. der Finanzkraft (§73 Abs3) abgetreten werden.

§51

Ausschüsse, Allgemeines

(1) In Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann die Gemeindevertretung nach Bedarf auf Dauer oder fallweise Ausschüsse bestellen

a) [...]

c) zur Verwaltung von Anstalten und wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinde.

(2) [...]

(3) Die Gemeindevertretung kann, wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit oder Einfachheit gelegen ist, dem Ausschuss nach Abs1 litc das Beschlussrecht im Rahmen des §50 Abs3 abtreten.

(4) [...]

3. Abschnitt

Gemeindevorstand

§54

[...]

§60

Aufgaben

(1) Dem Gemeindevorstand obliegen alle in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallenden Angelegenheiten, soweit sie nach diesem Gesetz oder anderen Gesetzen nicht ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind.

(2) [...]

4. Abschnitt

Bürgermeister

§61

[...]

§66

Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich

(1) Dem Bürgermeister obliegen im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde:

a) die Vertretung der Gemeinde nach außen;

b) [...]

e) die laufende Verwaltung der Gemeinde als Trägerin von Privatrechten sowie die Vergabe von Lieferungen und Leistungen, insoweit diese Ausgaben im Einzelfall

1. 0,1 v.H. der Finanzkraft nicht übersteigen oder, wenn sie 0,1 v.H. der Finanzkraft übersteigen, 2.000 Euro nicht übersteigen oder

2. bei einer entsprechenden Ermächtigung durch den Gemeindevorstand höchstens 0,25 v.H. der Finanzkraft nicht übersteigen oder, wenn sie 0,25 v.H. der Finanzkraft übersteigen, höchstens 4.000 Euro nicht übersteigen;

f) [...]"

3.2. Die Satzung der Stadtwerke F., Beschluss der Stadtvertretung vom 18. Mai 1993 idF des Beschlusses vom 27. Juni 1995, lautet auszugsweise:

"§5

Stadtvertretung

Gemäß §50 Abs2 GG. zieht die Stadtvertretung das Beschlußrecht in allen Angelegenheiten der Stadtwerke Feldkirch - vorbehaltlich der nach §6 dieser Satzung dem Verwaltungsrat mit Beschlußrecht übertragenen Angelegenheiten - an sich. Die gemäß §60 Abs1 GG. dem Stadtrat übertragenen Aufgaben kommen daher für den Bereich der Stadtwerke der Stadtvertretung zu. Der Stadtvertretung ist die Beschlußfassung in folgenden Angelegenheiten nach Vorberatung und Antragstellung durch den Verwaltungsrat vorbehalten:

a) [...]

§6

Verwaltungsrat

(1) Die Stadtvertretung bestellt für die Stadtwerke im Sinne des §51 Abs1 litc Gemeindegesetz auf die Dauer der eigenen Funktionsperiode einen mit Beschlußrecht ausgestatteten Ausschuß als Verwaltungsorgan, der die Bezeichnung 'Verwaltungsrat' führt. [...]

(2) Die Stadtvertretung tritt dem Verwaltungsrat gemäß §51 Abs3 GG. das ihr zustehende Beschlußrecht hinsichtlich der in Abs3 lita bis j angeführten Angelegenheiten nach Maßgabe der Satzung ab; bei finanziellen Verpflichtungen jedoch nur für Geschäfte mit einem Wert im Einzelfall bis höchstens 5 v.H. der Finanzkraft der Stadt Feldkirch (§73 Abs3 GG.).

(3) Der Verwaltungsrat ist ständiges Aufsichtsorgan und berechtigt, der Geschäftsleitung in allen Angelegenheiten Weisungen zu erteilen, deren Entscheidung nicht der Stadtvertretung vorbehalten ist. Soweit im folgenden auf die Wichtigkeit eines Geschäftes oder einer Maßnahme abgestellt wird, sind jeweils der Wert oder die Gesamtausgaben, die im Einzelfall 0,25 v.H. übersteigen, maßgebend. Insbesondere ist dem Verwaltungsrat die Beschlußfassung in folgenden Angelegenheiten vorbehalten:

a) Überwachung der Verwaltung und des Betriebes der Stadtwerke;

b) [...]

i) Führung von wichtigen, über den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes hinausgehenden Rechtsstreitigkeiten sowie die damit zusammenhängende Bestellung von Rechtsanwälten und Sachverständigen;

j) [...]

(4) [...]

§8

Geschäftsleitung

(1) Die Geschäftsleitung der Stadtwerke besteht aus maximal zwei Personen. [...]

(2) Die Geschäftsleitung hat vorbehaltlich der Zuständigkeit der Stadtvertretung oder des Verwaltungsrates im besonderen folgende Aufgaben:

a) [...]

f) Die Führung der laufenden Geschäfte einschließlich einer Anordnungsberechtigung je Einzelfall bis zu 0,25 v.H. der Finanzkraft der Stadt; für die Erfüllung des Versorgungsauftrages und bei gleichzeitiger budgetärer Bedeckung im Einzelfall jedoch bis zu 0,5 v.H. der Finanzkraft der Stadt;

g) [...]

(3) [...]"

4. Gemäß §60 Abs1 Vbg. GemG obliegen dem Gemeindevorstand (in der beschwerdeführenden Gemeinde als Stadt führt dieses Organ gemäß §54 Abs1 Vbg. GemG die Bezeichnung "Stadtrat") alle in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallenden Angelegenheiten, soweit sie nach dem Vbg. GemG oder anderen Gesetzen nicht ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind. Wie die beschwerdeführende Gemeinde zutreffend ausführt, greift diese Bestimmung im vorliegenden Fall nicht. Denn gemäß §50 Abs2 Vbg. GemG kann die Gemeindevertretung (in der beschwerdeführenden Gemeinde führt dieses Organ gemäß §33 Abs1 Vbg. GemG die Bezeichnung "Stadtvertretung") für bestimmte Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung, die für die Gemeinde von wesentlicher Bedeutung sind, das Beschlussrecht an sich ziehen. Das hat die Stadtvertretung mit §5 der Satzung der Stadtwerke F. "in allen Angelegenheiten der Stadtwerke F." getan.

Gleichzeitig hat die Stadtvertretung mit §6 dieser Satzung aber auch von der Befugnis gemäß §51 Abs1 litc Vbg. GemG Gebrauch gemacht, den "Verwaltungsrat" als Ausschuss zur Verwaltung eines wirtschaftlichen Unternehmens der Gemeinde zu bestellen, und hat dem Verwaltungsrat gemäß §51 Abs3 Vbg. GemG das Beschlussrecht hinsichtlich der in §6 Abs3 lita bis j der Satzung angeführten Angelegenheiten abgetreten.

Gemäß §6 Abs3 liti der Satzung ist dem Verwaltungsrat die Beschlussfassung über die "Führung von wichtigen, über den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes hinausgehenden Rechtsstreitigkeiten sowie die damit zusammenhängende Bestellung von Rechtsanwälten und Sachverständigen" vorbehalten. Gemäß §6 Abs3 zweiter Satz der Satzung ist dann, wenn in einem der Tatbestände des §6 Abs3 auf die Wichtigkeit "eines Geschäftes oder einer Maßnahme" abgestellt wird, "jeweils der Wert oder die Gesamtausgaben, die im Einzelfall 0,25 v.H. übersteigen, maßgebend." Diese Bestimmung nennt die Bezugsgröße der "0,25 v.H." nicht, es ist jedoch der beschwerdeführenden Gemeinde zu folgen, die aus ähnlich lautenden Bestimmungen der Satzung ableitet, dass die Prozentangabe auf die "Finanzkraft der Stadt Feldkirch" zu beziehen ist. Diese beträgt gemäß dem vorgelegten Auszug aus dem "Voranschlag 2003 der Stadt Feldkirch" 33,002.200,- €, sodass hier eine Wertgrenze von 82.505,50 € maßgeblich ist.

Die beschwerdeführende Gemeinde führt aus, der "Wert der mit der Einbringung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde verbundenen Gesamtausgaben (insbesondere Anwaltskosten)" liege unter dieser Schwelle. Darüber hinaus stehe die Vorschreibung der aufgrund des angefochtenen Bescheids geschuldeten Beiträge "eindeutig im Zusammenhang mit dem gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Stadtwerke Feldkirch, nämlich dem Betrieb eines Verteilernetzes für Elektrizität". Deshalb greife für die Beschlussfassung über die Erhebung der vorliegenden Beschwerde nicht die Zuständigkeit des Verwaltungsrats gemäß §6 Abs3 liti der Satzung, sondern jene der Geschäftsleitung der Stadtwerke gemäß §8 Abs2 litf ("Führung der laufenden Geschäfte einschließlich einer Anordnungsberechtigung je Einzelfall bis zu 0,25 v.H. der Finanzkraft der Stadt").

Dem ist nicht zu folgen:

§6 Abs3 liti der Satzung stellt zunächst auf die "Führung von wichtigen, über den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes hinausgehenden Rechtsstreitigkeiten" ab und erwähnt besonders die "damit zusammenhängende Bestellung von Rechtsanwälten". Für die Beurteilung der "Wichtigkeit" nach einer Schwelle von 82.505,50 € des "Wert[s] oder [der] Gesamtausgaben" des "Geschäftes" oder der "Maßnahme" (§6 Abs3 zweiter Satz der Satzung) kommt es daher nicht etwa nur auf die Höhe der zu erwartenden Anwaltskosten, sondern (jedenfalls auch) auf die Höhe des strittigen Betrages an. Außerdem ist davon auszugehen, dass immer dann, wenn eine Rechtsstreitigkeit diese Wertgrenze überschreitet, diese Rechtsstreitigkeit auch "über den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes" hinausgeht. Der strittige Betrag von 132.415,81 € liegt über der relevanten Schwelle, sodass für die Beschlussfassung über die Erhebung der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde der Verwaltungsrat gemäß §6 Abs3 liti der Satzung zuständig war. Der Verwaltungsrat hat jedoch einen solchen Beschluss innerhalb der Beschwerdefrist nicht gefasst.

5. Da somit der Beschwerde kein innerhalb der Beschwerdefrist gefasster Beschluss des hiefür zuständigen Gemeindeorgans zugrunde liegt, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 14.727/1997 mwN uva.).

6. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Energierecht, Elektrizitätswesen, Gemeinderecht, Gemeindevorstand, Vertretung nach außen, Privatwirtschaftsverwaltung, VfGH / Legitimation, VfGH / Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B612.2003

Dokumentnummer

JFT_09949772_03B00612_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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