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32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §21 Abs1;Beachte
Besprechung in: SWK 1998/31, S 684-687; ÖStZ 2008/04, S 64-69; ÖStZ 1998/22, S 570-572; SWK 1998/32, S 697-702;Rechtssatz
Nach dem Zwei-Konten-Modell soll die Abzugsfähigkeit von Zinsen und Spesen als Betriebsausgaben dadurch erreicht werden, daß planmäßig Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben über verschiedene Bankkonten geleitet werden. Von jenem Bankkonto, auf dem die Betriebseinnahmen eingegangen sind, werden Entnahmen getätigt, was jedoch - mangels sonstiger Abflüsse auf diesem Konto - zu keinem Minusstand führt. Jenes Bankkonto, von dem alle Betriebsausgaben abgeflossen sind, weist mangels Eingänge sofort einen - sich stets vergrößernden - Minusstand auf. Die mit der Führung des zuletzt genannten Bankkontos zusammenhängenden Zinsen und Spesen werden sodann als Betriebsausgaben geltend gemacht, wobei argumentiert wird, zwischen den Entnahmen und dem zuletzt genannten Bankkonto bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang, weil die Entnahmen, die auf dem zuerst genannten Bankkonto getätigt worden seien, nicht zu einem Minusstand dieses Bankkontos geführt hätten. Oftmals wird - wie auch im Beschwerdefall - der Minusstand des zuletzt genannten Bankkontos durch einen mit privaten Mitteln besicherten Kredit ausgeglichen, wobei die nunmehr bestehende Kreditverbindlichkeit als notwendiges Betriebsvermögen angesehen wird und die dementsprechenden steuerlichen Konsequenzen gezogen werden. Mit dieser Methode werden betriebliche Zahlungsvorgänge vorübergehend und damit künstlich aufgespalten, um so die Anschaffungskosten privat genutzter Wirtschaftsgüter in den betrieblichen Bereich zu verlagern. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise bleibt der ursprüngliche Finanzierungszweck (Anschaffung privat genutzter Wirtschaftsgüter) maßgebend. Denn weder die selbständige Führung zweier Bankkonten noch eine bestimmte buchmäßige Darstellung rechtfertigen es, Verbindlichkeiten allein deswegen als Betriebsschulden anzusehen, weil sie buch- oder kontenmäßig in bestimmter Weise behandelt werden. Maßgebend ist vielmehr das Veranlassungsprinzip iSd § 4 Abs 4 EStG, wobei es unzulässig ist, in isolierter Betrachtungsweise keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den geführten Bankkonten zu erblicken. Nicht der konstruierte Geschehensablauf ist für die Besteuerung maßgeblich, sondern der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den geführten Bankkonten. Dieser wirtschaftliche Zusammenhang besteht bei Anwendung des sogenannten Zwei-Konten-Modells, weil der Minusstand auf dem zuletzt genannten Bankkonto im unmittelbaren Zusammenhang mit den Vorgängen auf dem zuerst genannten Bankkonto steht. Der Steuerpflichtige kann zwar dem Betrieb vorhandene Mittel entnehmen. Durch die formelle Aufspaltung in zwei oder mehrere Bankkonten werden aber in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht zusätzliche Betriebsmittel geschaffen, sondern lediglich verdeckt, daß Mittel für die Entnahmen im Betrieb nicht (bzw nicht im erforderlichen Ausmaß) vorhanden sind. Wenn Geldmittel entnommen werden, obwohl bei saldierter Betrachtung der Bankkonten kein Geldmittelüberschuß im Betrieb vorhanden ist, entstehen durch die Entnahmen keine betrieblichen Schulden. Die Entnahmen stehen - im Gegensatz zur Auffassung des BFH (Beschluß vom 8. Dezember 1997, GrS 1-2/95) - in einem Veranlassungszusammenhang mit dem Ansteigen der Fremdmittel.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1994140017.X02Im RIS seit
19.02.2002Zuletzt aktualisiert am
08.08.2008