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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der BundeshöchstzahlV 1995 wegen fehlerhafter Berechnung und falscher Rundung der Höchstzahl der Beschäftigungsbewilligungen für AusländerRechtssatz
Die Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1995, BGBl 944/1994 idF BGBl 163/1995, war gesetzwidrig.
Die in der Verordnung kundgemachte Bundeshöchstzahl entspricht, da sie von falschen Daten aus berechnet wurde, nicht der gesetzlichen Vorgabe des ersten Satzes des §12a Abs1 AuslBG.
Die Ausführungen des Bundesministers, daß die Bundeshöchstzahl während des ganzen Jahres um mehr als 10.000 überschritten war, sodaß weder die fehlerhafte Ermittlung noch die Abrundung der Bundeshöchstzahl eine tatsächliche Wirkung gehabt hätten, sind nicht geeignet, die Prüfung und Aufhebung der Verordnung zu verhindern, da der Verfassungsgerichtshof eine präjudizielle Norm losgelöst von den Auswirkungen auf den Anlaßfall zu prüfen hat (s VfSlg 9755/1983, 11190/1986).
Von der gemäß §12a Abs1 AuslBG kundgemachten (in concreto fehlerhaft berechneten und abgerundeten) Bundeshöchstzahl errechnet sich auch jene Zahl, bis zu der die durch §12a Abs2 AuslBG vorgesehene Überschreitung der Bundeshöchstzahl um einen Prozentpunkt zulässig ist. Daß die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer den Anteil von 9 Prozent am österreichischen Arbeitskräftepotential überschritten habe, wird auch vom Bundesminister für Arbeit und Soziales nicht behauptet. Insofern ist daher die Relevanz der unterlaufenen Fehler nicht zu leugnen.
Eine Auslegung des §12a Abs1 iVm §4 Abs7 AuslBG dahin, daß im Falle des Unterbleibens der Kundmachung bzw im Fall ihrer Aufhebung die Behörden bei Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung in jedem Einzelfall zu berechnen hätten, ob mit der Erteilung der Bewilligung die zulässige Höchstzahl überschritten wird, verbietet sich aus verfassungsrechtlichen Überlegungen. Denn dadurch würde die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen von zeitlichen Zufälligkeiten abhängig gemacht, die zu einer sachlich nicht mehr begründbaren Unterscheidung zwischen verschiedenen Bewilligungswerbern in materiell gleicher Lage führen müßte (vgl VfSlg 7708/1975, 10620/1985).
Der Verfassungsgerichtshof braucht dabei der Frage nicht weiter nachzugehen, welche bei der Anwendung des AuslBG erforderlichen Rechenoperationen durch die vorgenommene Abrundung tatsächlich erheblich erleichtert werden. Hätte der Gesetzgeber auf solche verwaltungsökonomische Gründe Bedacht nehmen wollen, so hätte er der verordnungserlassenden Behörde eine diesbezügliche gesetzliche Ermächtigung erteilen müssen. Mangels einer solchen muß eine Verordnung als gesetzwidrig qualifiziert werden, die die Bundeshöchstzahl niedriger festsetzt, als sich dies bei Anwendung der im Gesetz genannten Berechnungsgrößen rechnerisch ergibt.
(Anlaßfall: E v 27.02.97, B3865/95 - Aufhebung des angefochtenen Bescheides; Quasi-Anlaßfälle: E v 12.03.97, B2412/95, B3505/95, B3691/95, B415/96; weiters B1891/95, B3049/95, B3218/95, B249/96; B702/96, B1635/96 ua uvm).
(ebenso hinsichtlich der BundeshöchstzahlV 1996: E v 12.03.97, V114/96; Ausdehnung der Anlaßfallwirkung auf beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Fälle und die beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Fälle, bei denen die genannte Verordnung - zwar auch - präjudiziell, aber nicht alleinige Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist, und die antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten sein werden).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung, VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / Anlaßverfahren, VfGH / Aufhebung WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:V110.1996Dokumentnummer
JFR_10029774_96V00110_01