TE Vfgh Beschluss 2005/3/1 V7/05

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.03.2005
beobachten
merken

Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
VfGG §57 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf teilweise Aufhebung eines Flächenwidmungsplanes mangels Darlegung der aktuellen Betroffenheit der Antragstellerin; keine Bekundung konkreter Bauabsichten; bloßer Hinweis auf Beeinträchtigung der künftigen Bebaubarkeit nicht ausreichend

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Antragsteller begehren gemäß Art139 B-VG die Aufhebung näher bezeichneter Teile des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Baden, Beschluss des Gemeinderates vom 16. September 2003.

2. Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führen die Antragsteller aus, sie seien jeweils zur Hälfte grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ 90, Grundbuch 04003 Braiten mit Grst. Nr. 162/7, welches im gültigen Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Baden als BW-b (Bauland Wohngebiet - Wohndichteklasse b, d.h. für 60-120 Einwohner je ha) gewidmet sei.

Im gültigen Bebauungsplan der Stadtgemeinde Baden werde jedoch durch die Festlegung einer übermäßigen und sachlich unbegründeten Freifläche mit der Auflage F7 die Bebaubarkeit ihres Grundstückes großteils ausgeschlossen. Das Grst. Nr. 162/7 sei im Sinne von §11 Abs1 Z2 NÖ Bauordnung 1996 schon durch eine vor dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligte Änderung von Grundstücksgrenzen geschaffen worden, wobei es nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besessen habe, sodass das genannte Grundstück als Bauplatz im Sinne der genannten gesetzlichen Bestimmungen anzusehen sei.

Durch die angefochtene Verordnung werde die Bebaubarkeit des den Antragstellern gehörigen Grundstückes entgegen dem gültigen Flächenwidmungsplan massiv eingeschränkt, sodass diese jedenfalls in die Rechtssphäre der Antragsteller unmittelbar und aktuell eingreife. Eine damit einhergehende Verminderung des Verkehrswertes sei die notwendige Konsequenz der Bebauungsbeschränkung. Die bekämpfte Norm bewirke somit eine nicht bloß potenzielle, sondern aktuelle Beeinträchtigung der rechtlich geschützten Interessen der Antragsteller.

Ein anderer zumutbarer Weg, die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Passagen des Bebauungsplanes an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, stehe den Antragstellern nicht zur Verfügung. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes könne von den Antragstellern nicht erwartet werden, dass sie allein zum Zweck der Anfechtung des Bebauungsplanes die für ein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen ließen. Auch sei es ihnen ebenso nicht zuzumuten, einen förmlichen Antrag auf Bauplatzerklärung hinsichtlich des 3.652 m² großen Grundstückes zu stellen, da das Grst. Nr. 162/7 nach der Einschätzung der Antragsteller zum einen infolge der schon vor dem 1. Jänner 1989 baubehördlich bewilligten Änderung der Grundstücksgrenzen Bauplatzeigenschaft besitze, zum anderen aber mit einer formellen Bauplatzerklärung Aufschließungs- und Kanaleinmündungsgebühren zur Vorschreibung gelangten, die - in Relation zur tatsächlichen Bebaubarkeit des Grundstückes - eine unverhältnismäßig hohe und daher im Ergebnis ebenfalls unzumutbare Belastung der Antragsteller nach sich zöge.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzmäßigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).

Bei Beurteilung der Antragslegitimation ist zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg. 8.060/1977, 8.587/1979, 10.593/1985, 11.453/1987).

2. Beurteilt man das Vorbringen der Antragsteller im Lichte der oben dargestellten Vorjudikatur, so kommt man zu dem Ergebnis, dass sie eine aktuelle Betroffenheit durch den angefochtenen Bebauungsplan nicht darzutun vermochten.

Mit der Erklärung, durch die angefochtene Verordnung werde "die Bebaubarkeit des den Antragstellern gehörigen Grundstückes entgegen dem gültigen Flächenwidmungsplan massiv eingeschränkt, sodass diese jedenfalls in die Rechtssphäre der Antragsteller unmittelbar und aktuell" eingreife, bekunden die Antragsteller jedenfalls keine konkreten Bauabsichten für die Gegenwart. Die Bekundung konkreter Bauabsichten (VfSlg. 15.144/1998) - wobei der bloße Hinweis auf eine Beeinträchtigung der künftigen Bebaubarkeit noch keine aktuelle Betroffenheit dartun würde (VfSlg. 11.128/1986) - ist jedoch notwendig, um als Grundeigentümer einen aktuellen Eingriff in die Rechtssphäre durch die Festlegungen - auch - eines Bebauungsplanes darzutun (vgl. zur Anfechtung eines Flächenwidmungsplanes zuletzt VfGH vom 21. Juni 2004, V16/04 und vom 4. Dezember 2003, V106/03).

Wenn die Antragsteller weiters vorbringen, die Verminderung des Verkehrswertes des Grundstückes sei eine notwendige Konsequenz der bekämpften Bebauungsbeschränkung, so machen sie damit keine rechtliche Betroffenheit, sondern allenfalls nur ihre wirtschaftlichen Interessen geltend (vgl. VfSlg. 16.668/2002).

Der Antrag ist daher schon aus diesen Gründen unzulässig, ohne dass dabei noch auf die Frage eines anderen zumutbaren Weges zur Bekämpfung der von den Antragstellern angefochtenen Verordnung einzugehen wäre.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, VfGH / Individualantrag, VfGH / Formerfordernisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:V7.2005

Dokumentnummer

JFT_09949699_05V00007_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten