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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Aufhebung der durch eine Novelle zum Bgld RaumplanungsG geschaffenen Sanierungsmöglichkeit für alle bis zu einem bestimmten Zeitpunkt im Grünland errichteten Bauten wegen Widerspruchs zum Gleichheitssatz; Ausdehnung der AnlaßfallwirkungRechtssatz
ArtII des Gesetzes vom 10.11.93, mit dem das Bgld RaumplanungsG geändert wird, LGBl. 12/1994, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
ArtII der Novelle zum Bgld RaumplanungsG verfügt keine Amnestie oder Abolition, wie sie für strafbare Handlungen bundesverfassungsgesetzlich vorgesehen ist (vgl E v 29.11.96, G189/96 ua.).
ArtII der Novelle ordnet an, daß schlechthin jedes im Grünland errichtete Bauwerk entgegen der dieser Widmungskategorie entsprechenden Beschränkung der Bebaubarkeit und der ihr innewohnenden Absicht der Freihaltung von Bebauungen grundsätzlich nachträglich zu bewilligen ist, sofern nur die - rechtswidrige - Bauführung vor dem 01.03.91 abgeschlossen war. Diese gesetzliche Regelung bewirkt, daß rechtswidrig handelnde Personen schlechthin - und zwar ohne jede weitere Voraussetzung - in den Genuß der geschilderten Rechtswohltat gelangen, während Personen, die auf Grund einer negativen Erledigung ihres seinerzeitigen Baubewilligungsverfahrens in Übereinstimmung mit der Rechtsordnung von einer Bauführung Abstand nahmen oder die bereits von vornherein infolge der aus rechtlicher Sicht gegebenen Aussichtslosigkeit einer positiven Erledigung eines Baubewilligungsverfahrens darauf verzichteten, einen entsprechenden Antrag zu stellen, vergleichsweise dadurch benachteiligt werden, daß ihr als Grünfläche gewidmetes Grundstück - weiterhin - nicht bebaut werden darf. Diese Privilegierung des rechtswidrig handelnden Personenkreises widerspricht dem Gleichheitssatz.
Ferner ist keine sachliche Rechtfertigung dafür zu erkennen, daß konsenslos errichtete Bauten im Bauland im Gegensatz zu jenen im Grünland ausnahmslos von der Begünstigung des ArtII der Novelle zum Bgld RaumplanungsG ausgeschlossen sind.
Der Ausspruch, daß die aufgehobene Bestimmung des ArtII der Novelle zum Bgld RaumplanungsG auch auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden ist, stützt sich auf Art140 Abs7 B-VG. Der Gesetzesprüfungsantrag des Verwaltungsgerichtshofes zu G396/96 konnte vom Verfassungsgerichtshof wegen des fortgeschrittenen Prozeßgeschehens formell nicht mehr in das führende Gesetzesprüfungsverfahren einbezogen werden. In Anbetracht der Ausdehnung der Anlaßfallwirkung erübrigt sich ein weiterer Abspruch des Verfassungsgerichtshofes über diesen Antrag.
(Anlaßfall: B2310/95, E v 27.02.97, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Baurecht, Baubewilligung, Amnestie, Abolition, Schwarzbauten, VfGH / AnlaßverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:G287.1996Dokumentnummer
JFR_10029774_96G00287_01