RS Vfgh 1997/3/3 B620/96

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Veröffentlicht am 03.03.1997
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EMRK Art6 Abs1 / Allg
Nö ROG 1976 §14 Abs2 Z2
Nö ROG 1976 §16 Abs1 Z5
Nö BauO §62 Abs2
GewO 1973 §79 Abs2
ABGB §364 Abs2

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Abweisung von Anrainereinwendungen gegen die Baubewilligung für ein Einfamilienhaus im Bauland-Agrargebiet; ausdrückliche gesetzliche Zulassung bestimmter Wohnhäuser im Agrargebiet im Nö ROG 1976; keine Verletzung der Beschwerdeführer im Gleichheitsrecht durch die Nichtberücksichtigung der von ihrem landwirtschaftlichen Betrieb ausgehenden Emissionen aufgrund der Verpflichtung der Bewohner von Wohngebäuden im Agrargebiet zur Hinnahme der Immissionen landwirtschaftlicher Betriebe; kein Risiko nachträglicher Auflagen für landwirtschaftliche Betriebe

Rechtssatz

Gegenüber der ausdrücklichen gesetzlichen Zulassung von "Wohngebäuden" (vor der Nö ROG-Nov 1995, LGBl 8000-10) bzw von Einfamilienhäusern (auf Grund der nunmehr geltenden Rechtslage) neben den Bauwerken land- und forstwirtschaftlicher Betriebe im "Bauland-Agrargebiet" gemäß §16 Abs1 Z5 Nö ROG 1976 muß die Planungsrichtlinie des §14 Abs2 Z2 Nö ROG 1976 idF LGBl 8000-9, auf die sich die Beschwerdeführer berufen, in ihrer normativen Bedeutung zurücktreten: Die Sicherstellung der für die land- und forstwirtschaftliche Produktion wertvollen Flächen für eine entsprechende Nutzung gilt eben nur, "soweit nicht andere Ziele Vorrang haben". Wenn der Gesetzgeber die Errichtung bestimmter Wohnhäuser im "Agrargebiet" ausdrücklich zugelassen hat, verzichtet er insoweit auf die Verwendung der betreffenden Flächen für land- und forstwirtschaftliche Zwecke.

Die Bewohner von Wohngebäuden im Agrargebiet haben die von benachbarten landwirtschaftlichen Betrieben ausgehenden Immissionen hinzunehmen. Schon kraft der mit der genannten Widmung zwangsläufig verbundenen Nutzung ist es sohin ausgeschlossen, daß einem landwirtschaftlichen Betrieb die Baubewilligung auf Grund von Einwendungen der Eigentümer benachbarter Wohnhäuser versagt wird. Mag auch bei besonderen, im Zuge der Massentierhaltung entstehenden Immissionen nicht ausgeschlossen sein, daß kraft §62 Abs2 NÖ BauO 1976 Nachbarn einen Anspruch darauf haben, durch baubehördliche Vorschreibungen für eine neu zu errichtende Baulichkeit, etwa ein neues Stallgebäude, vor Belästigungen geschützt zu werden, die das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigen (vgl VwGH 09.12.86, Zl 86/05/0129), so ist doch davon auszugehen, daß im Bauland-Agrargebiet das Ausmaß der zumutbaren Immissionen entsprechend höher anzusetzen ist als im Bauland-Wohngebiet (ebenso VwGH 09.12.86, Zl 86/05/0129).

Das Risiko zusätzlicher Auflagen iSd §79 Abs2 GewO 1973 entfällt für einen landwirtschaftlichen Betrieb. Es gibt keinen Anhaltspunkt, daß - gestützt auf §364 Abs2 ABGB - im konkreten Fall vergleichbare negative Auswirkungen zu erwarten wären.

Gegen die Zuständigkeitsvorschriften zur Entscheidung über Vorstellungen gegen Bescheide der Gemeindeorgane im Rahmen der örtlichen Baupolizei bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Grunde des Art6 Abs1 EMRK.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Baubewilligung, Nachbarrechte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B620.1996

Dokumentnummer

JFR_10029697_96B00620_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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