RS Vfgh 1997/3/4 G1268/95, G1269/95, G1286/95, G1345/95, G105/96, G135/96, G169/96

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Veröffentlicht am 04.03.1997
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
Stmk BauO 1968 §6a

Leitsatz

Keine Gleichheitswidrigkeit der durch die Stmk BauO-Novelle 1988 normierten Festlegung der "Erteilung der Baubewilligung" als neuen Anknüpfungspunkt für die Verpflichtung zur Leistung eines Aufschließungsbeitrages; Anrechnung der vor Inkrafttreten der Novelle zu entrichtenden Aufschließungsbeiträge entsprechend dem Grundsatz der Einmalbesteuerung zur Vermeidung einer Doppelvorschreibung; keine Verletzung des Vertrauensschutzes

Rechtssatz

Zulässigkeit der (Primär)Anträge des VwGH auf Aufhebung des gesamten §6a Stmk BauO 1968 idF LGBl 14/1989.

Die einzelnen Regelungen des §6a Stmk BauO 1968 stehen zueinander in einem untrennbaren Zusammenhang. Dies gilt im besonderen für den Grundtatbestand des Abs1 und die ihn modifizierenden Sonder- und Ausnahmeregelungen des Abs2 leg. cit., die in den beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen (Anlaß)Beschwerdeverfahren in erster Linie anzuwenden wären.

Eine Prüfung und eine - für den Fall des Zutreffens der vom Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten Bedenken gedachte - Aufhebung bloß der in den diversen Eventualanträgen genannten Regelungen wäre angesichts der möglichen Auslegungsvarianten - zu klären, welche davon die richtige ist, muß dem Verwaltungsgerichtshof überlassen bleiben - unzulässig.

Das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage genießt als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. zB VfSlg. 13.658/1993). Es steht dem Gesetzgeber vielmehr frei, die Rechtslage für die Zukunft anders und auch für die Normunterworfenen ungünstiger zu gestalten. Nur unter besonderen Umständen verbietet der Gleichheitsgrundsatz dem Gesetzgeber eine solche die Rechtsposition verschlechternde Rechtsgestaltung. Derartige Umstände sind etwa dann anzunehmen, wenn der Normunterworfene durch eine in Aussicht gestellte Begünstigung zu einem bestimmten Aufwand veranlaßt wurde, der dann wegen Wegfalls der Begünstigung frustriert wird (VfSlg. 12.944/1991).

Abweisung der Anträge des VwGH auf Aufhebung des §6a Stmk BauO 1968 idF der Stmk BauO-Novelle 1988, LGBl 14/1989, und der Stmk BauO-Novelle 1991, LGBl 42.

§6a Stmk BauO 1968 idF LGBl. 14/1989 statuiert ausschließlich für Sachverhalte, die sich nach seinem Inkrafttreten ereignen, die "Erteilung der Baubewilligung" als Anknüpfungspunkt für die Aufschließungsabgabenpflicht. Damit gestaltet der Gesetzgeber zwar die Rechtslage für die Zukunft anders als §6a leg.cit in der Vorläuferfassung LGBl. 130/1974 ("erstmalige Widmungsbewilligung" als Anknüpfungspunkt). Dagegen bestehen aus der Sicht des Gleichheitssatzes keine Bedenken.

Um dem Grundsatz der "Einmalbesteuerung" Rechnung zu tragen, wird die Anrechnung vor Inkrafttreten der Novelle 1988 zu entrichtender Aufschließungsbeiträge vorgeschrieben, wobei auch die Modalitäten des früher bestehenden Abgabenanspruches berücksichtigt werden, insbesondere auch der Umstand, ob der Beitrag faktisch bereits entrichtet wurde oder nicht. Da es sich somit um einen neuen Abgabentatbestand handelt, ist es aus der Sicht des Gleichheitssatzes nicht zu beanstanden, wenn in Fällen, in denen - aus welchen Gründen immer - bisher noch kein Aufschließungsbeitrag entrichtet wurde, die Abgabe gestützt auf den neuen Abgabentatbestand in vollem Umfang zur Entrichtung vorgeschrieben wird.

Ausgehend vom offenkundigen Zweck der Regelung, der eindeutig auf die Vermeidung von "Doppelvorschreibungen" gerichtet ist, hat der Verfassungsgerichtshof keinen Zweifel daran, daß §6a Abs2 dritter Satz Stmk BauO 1968 verfassungskonform in der Weise auszulegen ist, daß ein entsprechend einer Beitragsvorschreibung auf Grund des §6a Stmk BauO 1968 idF LGBl. 130/1974 zu entrichtender Aufschließungsbeitrag, auch dann, wenn seine Liquidierung erst nach Inkrafttreten der Novelle 1988 erfolgt ist, bei einer (neuerlichen) Beitragsvorschreibung auf Grund dieser Novelle anzurechnen ist.

Es ist gleichheitsrechtlich unbedenklich, die Befreiung der Wiedererrichtung eines Gebäudes von der (erneuten) Aufschließungsbeitragsverpflichtung nur innerhalb bestimmter Grenzen, die für sich genommen sachlich sind, vorzusehen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Prüfungsumfang, Vertrauensschutz, Baurecht, Anliegerrechte u -pflichten, Aufschließungsbeitrag, Abgaben Gemeinde-, Abgabenpflicht (Entstehen), Doppelbesteuerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:G1268.1995

Dokumentnummer

JFR_10029696_95G01268_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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