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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art2Leitsatz
Keine Verletzung im Eigentums- und im Gleichheitsrecht durch Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zum Abbruch und Umbau eines bestehenden Einkaufszentrums ohne Zustimmung des Grundeigentümers; kein Eingriff einer Baubewilligung in das Eigentumsrecht des Grundeigentümers; Baurecht und Raumordnungsrecht als Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Baubewilligung; Durchsetzung der Ansprüche des Grundeigentümers mit den Mitteln des Privatrechts; keine verfassungsrechtlichen sondern rechtspolitische und verwaltungsökonomische Gründe für die Normierung der Zustimmung des Grundeigentümers für die Erteilung von Baubewilligungen in anderen FällenRechtssatz
Für bewilligungspflichtige Änderungen eines Gebäudes, die kein Umbau sind, ist eine Zustimmungserklärung des Grundeigentümers samt grundverkehrsbehördlicher Entscheidung nicht zwingend erforderlich (§27 Abs3 litb iVm §27 Abs2 Tir BauO). (Diese Rechtslage besteht seit der 3. Tir BauO-Nov LGBl. 10/1989.)
Es liegt in der Natur eines Bundesstaates, daß sich die einzelnen landesrechtlichen Regelungen voneinander unterscheiden.
Die meisten Bauordnungen aus der vorrepublikanischen Zeit verpflichteten den Bauwerber dazu, mit dem Antrag auf Erteilung der Baubewilligung sein Eigentumsrecht am Baugrund oder die Zustimmung des Grundeigentümers nachzuweisen.
Die Baubewilligung als Ergebnis der materiellen Prüfung eines Bauansuchens am Maßstab der öffentlich-rechtlichen Regelungen des Raumordnungsrechts und Baurechts bedeutet die Verleihung des subjektiven öffentlichen Rechts, einen Bau nach Maßgabe der bewilligten Pläne zu errichten, und beinhaltet lediglich die Feststellung, daß das geplante Vorhaben vom öffentlich-rechtlichen Standpunkt des Raumordnungsrechts und des Baurechts her zulässig ist. Normativer Gehalt einer Baubewilligung ist nur der Ausspruch, daß dem zur Bewilligung beantragten Bau kein im öffentlichen Recht fußendes Hindernis entgegensteht. Die Baubewilligung sagt nichts darüber aus, ob der bewilligte Bau nicht etwa mit Mitteln des Privatrechtes verhindert werden kann (VwSlg A8161/1972). Sie ist daher schon an sich nicht geeignet, in das Eigentumsrecht des Grundeigentümers einzugreifen.
Der Verfassungsgerichtshof ist mit dem Verwaltungsgerichtshof (VwSlg A8161/1972) der Auffassung, daß es nicht verfassungsrechtliche, sondern rechtspolitische und verwaltungsökonomische Gründe waren, die den Landesgesetzgeber bewogen haben, den Anspruch auf Erteilung einer Baubewilligung für eine Bauführung auf fremdem Grund - bis zur 3. Tir BauO-Nov ausnahmslos - von der Zustimmung des Eigentümers dieses Grundes abhängig zu machen.
Dem Grundeigentümer, der gemäß §354 ABGB jeden anderen vom Betreten seines Grundstückes und damit auch von Bauführungen auf seinem Grund auszuschließen berechtigt ist, bleibt es im Falle einer nach dem Privatrecht unzulässigen Bauführung jedoch unbenommen, eine derartige Bauführung mit den Mitteln des Privatrechtes (Eigentumsfreiheitsklage - §523 ABGB) zu bekämpfen.
Die unterschiedliche Rechtsstellung des Grundeigentümers im Bauverfahren und in einem zivilgerichtlichen Verfahren ergibt sich aus der Natur des jeweiligen subjektiven Rechtes. Erfordert es die Verfassung nicht, dem Grundeigentümer ein subjektives öffentliches Recht auf Nichterteilung der Baubewilligung einzuräumen und räumt die konkrete Bauordnung ihm auch einen solchen Anspruch nicht ein, so folgt daraus notwendig, daß der Grundeigentümer seine Ansprüche mit den Mitteln des Privatrechtes durchsetzen muß.
Schlagworte
Baurecht, Baubewilligung, Zivilrecht, Sachenrecht, Eigentumsbeschränkung, BundesstaatEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B3509.1996Dokumentnummer
JFR_10029694_96B03509_01