RS Vfgh 1997/3/14 G1383/95, G233/97

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Veröffentlicht am 14.03.1997
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Index

96 Straßenbau
96/02 Sonstiges

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
BG betr Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften §15
ABGB §1319a

Leitsatz

Gleichheitswidrigkeit der Ausweitung des Haftungsprivilegs des Wegehalters nach dem ABGB auf Mautstraßen nach dem BG betr Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften; sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung innerhalb der Gruppe der Mautstraßenerhalter

Rechtssatz

§15 des BG betr Maßnahmen im Bereich der Bundesstraßengesellschaften, BGBl 826/1992, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Gemäß §1319a ABGB haftet der Wegehalter für den Zustand des Weges nur bei grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Verschulden. Durch die angefochtene Bestimmung wird materiell eine Ausweitung der durch §1319a ABGB normierten Haftungsbeschränkung auch auf Mautstraßen bewirkt, sofern die Maut von den in §2 und §4 genannten (Aktien-)Gesellschaften (Österreichische Autobahnen- und Schnellstraßen AG und Alpen Straßen AG) eingehoben wird.

Die Entgeltlichkeit der Benützung einer Straße stellt ein haftungsrelevantes Element dar, das die Subsumierung unter das allgemeine Haftungsregime des ABGB - Haftung bei leicht fahrlässigem Verschulden - geboten erscheinen läßt. Dies auch deshalb, weil der Benützer einer Mautstraße ob des dem Mautstraßenhalter zufließenden Entgeltes zu Recht auf höhere Sicherheitsstandards vertrauen kann. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Ausweitung der Haftungsbegrenzung auf die in §2 und §4 genannten Gesellschaften und somit eine haftungsrechtliche Gleichstellung mit Wegehaltern, die für die Benützung von Straßen kein Entgelt erhalten, sachlich nicht gerechtfertigt.

Der von der Bundesregierung vorgebrachte Umstand der fehlenden Möglichkeit der Gewinnerzielung vermag eine Milderung der Haftung nicht zu tragen, weil haftungsrechtliche Konsequenzen für den Geschädigten nicht davon abhängig sein können, wie der Betreiber einer Mautstraße wirtschaftet.

Durch die vorgenommene gesetzliche Normierung wird auch eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung innerhalb der Gruppe der Mautstraßenhalter geschaffen, weil andere als die in §2 und §4 genannten Mautstraßenhalter auch für leicht fahrlässiges Verhalten einzustehen haben.

Da eine förmliche Einbeziehung des erst kürzlich zu G233/97 eingelangten Antrages des Landesgerichtes Innsbruck in das vorliegende Gesetzesprüfungsverfahren im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozeßgeschehen nicht mehr möglich war, hat der Verfassungsgerichtshof beschlossen, von der ihm gemäß Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen und die Anlaßfallwirkung auch auf die beim Landesgericht Innsbruck zu 3 R 355/96b anhängige Rechtssache auszudehnen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Straßenverwaltung, Mautstraße, Wegehaftung, Haftung, VfGH / Aufhebung Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:G1383.1995

Dokumentnummer

JFR_10029686_95G01383_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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