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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung der Einschränkung der Widmung von Grundstücken als Tourismusgebiet mangels unmittelbarer und aktueller rechtlicher Betroffenheit der Antragsteller durch die Umwidmung aller angeführten Grundstücke einerseits und infolge bloß wirtschaftlicher Auswirkungen andererseitsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Erstantragstellerin ist zu 5/7 Eigentümerin des Grundstückes Nr. 727/9, der Zweitantragsteller zu 2/7 Eigentümer des Grundstückes Nr. 727/9 und Alleineigentümer des Grundstückes Nr. 727/20, die Drittantragstellerin Alleineigentümerin der Grundstücke 727/21 und 727/22 jeweils KG Söll.
Die Antragsteller begehren gemäß Art139 Abs1 B-VG, der Verfassungsgerichtshof möge
"den Flächenwidmungsplan der Gemeinde Söll, soweit er die Grundstücke Nr 727/9, 727/20, 727/21 und 727/22 der KG Söll jeweils (statt ursprünglich 'Tourismusgebiet') als 'Tourismusgebiet, beschränkt auf Tourismusbetriebe mit Nebeneinrichtungen' gemäß §40 Abs4 iVm §40 Abs6 TROG 2001 widmet, als gesetzwidrig aufheben".
2. Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führen die Antragsteller aus:
"Sämtliche verfahrensgegenständlichen Grundstücke waren bisher als 'Tourismusgebiet' gewidmet. Die angefochtene Verordnung greift durch die (Neu-)Festlegung der Widmungsart 'Tourismusgebiet, beschränkt auf Tourismusbetriebe mit Nebeneinrichtungen' gemäß §40 Abs4 iVm §40 Abs6 TROG 2001 unmittelbar nachteilig in die Rechtssphäre der Antragsteller ein und verletzt diese.
Dies folgt aus dem Umstand, dass gemäß §40 Abs6 TROG 2001 im 'Tourismusgebiet, beschränkt auf Tourismusbetriebe mit Nebeneinrichtungen' als Wohnungen nur betriebstechnisch notwendige Wohnungen und Wohnungen für den Betriebsinhaber und das Aufsichts- und Wartungspersonal errichtet werden dürfen.
Demgegenüber konnten im Tourismusgebiet gemäß §40 Abs4 TROG 2001 die im gemischten Wohngebiet zulässigen Gebäude - so gemäß §38 Abs2 iVm §38 Abs1 lit1 TROG 2001 vor allem auch Wohngebäude - und Gebäude für dem Tourismus dienende Betriebe und Einrichtungen errichtet werden.
Die Antragsteller bemühen sich seit Jahren um eine Verwertung ihrer Grundstücke. Wie der Gemeinde Söll bekannt ist, schlugen sämtliche Versuche fehl, auf den Grundstücken der Antragsteller, aber auch in der Gemeinde Söll an sich ein neues Tourismusprojekt anzusiedeln. Die Antragsteller sind daher gezwungen, ihre Grundstücke in Zukunft für wohnbauliche Zwecke zu nützen, um deren Verwertung zu ermöglichen. Genau dies wird aber durch die Änderung der Widmungsart von 'Tourismusgebiet' auf 'Tourismusgebiet, beschränkt auf Tourismusbetriebe mit Nebeneinrichtungen' vereitelt.
Eine Baubewilligung für Wohngebäude dürfte nach der Umwidmung nämlich nicht mehr erteilt werden. Für die Antragsteller kommt es somit zu einer beträchtlichen Nutzungseinschränkung ihrer Grundstücke, die ihre aktuellen Verwertungsabsichten vereitelt, und einer damit verbundenen Wertminderung.
[...]
Die Antragsteller bemühen sich seit Jahren um eine bestmögliche Verwertung ihrer Grundstücke und betreiben diese auch derzeit. Sie sind durch die Einschränkung der Widmung daher unmittelbar und aktuell in ihren Rechten betroffen und somit antragslegitimiert im Sinne des Art139 Abs1 B-VG."
II. Zur Zulässigkeit des Antrags:
1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (zB VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).
Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 8974/1980, 10.353/1985, 11.730/1988, 16.140/2001).
2. Die Antragsteller begehren die Aufhebung der Flächenwidmung von vier Grundstücken. Keiner der drei Antragsteller ist jedoch (Mit-)Eigentümer aller dieser vier Grundstücke. Die Antragsteller legen nicht dar, warum vor diesem Hintergrund jeder oder auch nur einer der drei Antragsteller durch die Widmung aller vier Grundstücke unmittelbar rechtlich betroffen sein sollte. Eine Umdeutung in mehrere Anträge, die sich jeweils nur auf die im (Mit-)Eigentum der einzelnen Antragsteller stehenden Grundstücke beziehen würden, lässt das eindeutig als ein einheitlicher Antrag formulierte Anbringen nicht zu.
Dazu kommt noch Folgendes: Die von den Antragstellern ins Treffen geführten Wirkungen der angefochtenen Verordnung sind keine solchen, die ihre Rechtssphäre in einer nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst bestimmten Weise aktuell beeinträchtigen:
Die Antragsteller verweisen darauf, dass aufgrund der Änderung der Widmung ihrer Grundstücke eine Baubewilligung für Wohngebäude nicht mehr erteilt werden dürfte. Nach Scheitern der Versuche, ein Tourismusprojekt auf diesen Grundstücken anzusiedeln, seien die Antragsteller jedoch gezwungen, ihre Grundstücke in Zukunft für wohnbauliche Zwecke zu nützen, um deren bestmögliche Verwertung zu ermöglichen.
Damit äußern die Antragsteller keine konkreten Absichten, ihre Grundstücke zu bebauen, sondern verweisen der Sache nach auf den Umstand, dass sie im Falle des Bestehenbleibens der früheren Widmung ihrer Grundstücke einen wesentlich höheren Preis bei deren Verwertung erzielen könnten. Dies stellt jedoch keine rechtliche Betroffenheit, sondern nur ein wirtschaftliches Interesse dar (vgl. zB VfSlg. 9876/1983, 11.128/1986, 15.144/1998). Die rechtliche Betroffenheit eines Grundstückseigentümers durch eine Widmung seines Grundstücks kann nur in einem Verbot (einer bestimmten Art) der Bebauung des Grundstücks bestehen (VfSlg. 16.543/2002), wobei der bloße Hinweis auf eine Beeinträchtigung der künftigen Bebaubarkeit noch keine aktuelle Betroffenheit dartun würde (VfSlg. 11.128/1986), sondern konkrete Bauabsichten vorgebracht werden müssten (VfSlg. 15.144/1998, 16.806/2003).
3. Der Verordnungsprüfungsantrag war somit wegen Fehlens der Antragsberechtigung als unzulässig zurückzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, VfGH / Individualantrag, Auslegung eines Antrages, VfGH / FormerfordernisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:V9.2005Dokumentnummer
JFT_09949699_05V00009_00