RS Vwgh 1998/3/30 97/16/0471

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Veröffentlicht am 30.03.1998
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Index

10/13 Amtshaftung Organhaftpflicht Polizeibefugnis-Entschädigung
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AHG 1949 §1;
AHG 1949 §13 Abs1;
AVG §17 Abs1 idF 1982/199;
AVG §17;
BAO §90 Abs1;
FinStrG §79;

Rechtssatz

Zum rechtsstaatlichen Rechtsschutz gehört (quasi als Schlußstein) die Möglichkeit, einen Anspruch nach dem AHG zu erheben. Behauptet jemand, in Vollziehung abgabenrechtlicher Vorschriften iSd § 1 AHG geschädigt zu sein, dann dient letzten Endes seine Stoffsammlung zur Vorbereitung eines Amtshaftungsverfahrens, auch nach der Geltendmachung abgabenrechtlicher Interessen. Es wäre inkonsequent, diesbezüglich den Rechtsschutz bei Instituten wie einer VfGH/VwGH-Beschwerde oder einem Wiederaufnahme/Wiedereinsetzungs-Antrag enden zu lassen. Das heißt aber, daß auch dieser Zweck noch unter dem Begriff "Geltendmachung abgabenrechtlicher Interessen" zu subsumieren ist. Warum eine, einen Gleichklang mit § 17 Abs 1 AVG bewirkende Interpretation des § 90 Abs 1 BAO geboten ist, zeigt der vorliegende Fall: Es kann keinen Unterschied machen, wenn eine (ehemalige) Verfahrenspartei, die Ersatz des Schadens begehrt, welcher ihr durch das Verhalten von in Vollziehung der Gesetze handelnden Organwaltern zugefügt wurde, ob dieser Organwalter in Ausübung der allgemeinen Verwaltung oder in Ausübung der Finanzverwaltung tätig war. Mit anderen Worten ist kein Grund für eine Privilegierung der Finanzverwaltung gegenüber der allgemeinen staatlichen Verwaltung erkennbar, wenn man davon ausgeht, daß die Akteneinsicht den typischen Weg zur Informationsaufnahme zwecks Stellung von Sachbehauptungen für eine Amtshaftungsklage darstellt. Dazu kommt noch § 13 Abs 1 AHG, wonach im Amtshaftungsverfahren weder das Organ noch die als Zeugen oder Sachverständige zu vernehmenden Personen zur Wahrung des Amtsgeheimnisses verpflichtet sind. Es erscheint wenig sinnvoll, die Beweisaufnahme derart zu erleichtern, wenn zuvor dem Kläger die Möglichkeit, entsprechende Behauptungen aufzustellen, durch Beschränkung der Akteneinsicht genommen wird. Durch eine derartige Interpretation des § 90 Abs 1 BAO wird auch jenes Ergebnis vermieden, welches Arnold in seiner Glosse zum hg E vom 21.1.1980, 1879/77 und 417/78, AnwBl 1980/1287 (es handelte sich um einen Fall des § 79 FinStrG, wobei allerdings ein Finanzstrafverfahren gar nicht eingeleitet worden war), deutlich vor Augen geführt hat. Dem mit dem Entzug der Gewerbeberechtigung Bedrohten, dem seine Vorstrafe im verwaltungsrechtlichen Finanzstrafverfahren vorgehalten wird, muß zu seiner Verteidigung genauso Akteneinsicht gewährt werden, wie wenn ihm andere Verwaltungsübertretungen vorgehalten würden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997160471.X01

Im RIS seit

19.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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