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E000 EU- Recht allgemeinNorm
31992R2913 ZK 1992 Art177;Rechtssatz
Der Straftatbestand des § 35 Abs 1 FinStrG idF BGBl 1994/680 erschöpft sich nicht in der Entziehung von Waren aus der zollamtlichen Überwachung, sondern umfaßt primär auch den Fall, daß Waren dem Zollverfahren überhaupt entzogen werden, wobei es seit BGBl 1994/681 nicht mehr darauf ankommt, auf welche Art und Weise die Entziehung bewirkt wird. Da der ZK neben Art 203 Abs 1 noch andere Fälle des Entstehens einer Einfuhrzollschuld kennt, insb den Tatbestand gem Art 202 Abs 1 Buchstabe a, existiert für den og Primärtatbestand des Schmuggels (der darin gelegen ist, daß eine Ware dem Zollverfahren überhaupt entzogen wird) gerade betreffend den Zollschuldentstehungstatbestand gem Art 202 Abs 1 Buchstabe a ZK auch für den Zeitpunkt der Tat (BGBl 1994/681) ein entsprechender Anwendungsbereich. Der angeregte Interpretationsversuch würde darauf hinauslaufen, daß für die Erfüllung des Tatbestandes gem § 35 Abs 1 FinStrG nur mehr der Fall der Entstehung der Zollschuld gem Art 203 Abs 1 ZK denkbar wäre, womit zB die vorsätzliche Verwirklichung des Tatbestandes nach Art 202 Abs 1 Buchstabe a ZK ohne strafrechtliche Sanktion wäre. Für eine derartige Reduktion des Anwendungsbereiches des § 35 Abs 1 FinStrG im maßgeblichen Zeitraum findet sich keinerlei Anhaltspunkt; im Gegenteil:
Gerade der Wille des Gesetzgebers, im Wege der Novelle BGBl 1994/681 den Straftatbestand des § 35 Abs 1 FinStrG an das Zollschuldrecht des ZK anzupassen, zeigt mit aller Deutlichkeit, daß der Primärtatbestand (daß die Ware dem Zollverfahren überhaupt entzogen wird) den Zweck hat, Verstöße gegen das Zollschuldrecht der Gemeinschaften, die zB darin gelegen sind, daß die Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht und dadurch dem Zollverfahren an sich entzogen wird, strafrechtlich zu sanktionieren. Der klassische Fall der Zollschuldentstehung nach Art 202 Abs 1 Buchstabe a ZK betrifft den Einfuhrschmuggel - also die unerlaubte Wareneinfuhr, um Eingangsabgaben zu verkürzen. Beim Schmuggel ist ja geradezu typisch, daß bewußt bestehende Rechtspflichten (zB Gestellung, Anmeldung) nicht eingehalten werden und damit einer zollamtlichen Überwachung entgegengewirkt wird, die zugrundelegt, daß Waren umgehend und unter Benutzung des von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden bezeichneten Weges zu einer Zollstelle oder einen anderen von diesen Behörden bezeichneten und unter zollamtlicher Überwachung stehenden Ort befördert werden (vgl Art 37 bis 47 ZK). Die Zollschuld entsteht im Zeitpunkt des vorschriftswidrigen Handelns, also mit Beginn des Verkürzungsvorganges.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997160425.X02Im RIS seit
19.02.2002