RS Vfgh 1997/6/12 B1477/96

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 12.06.1997
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Index

16 Medienrecht
16/02 Rundfunk

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
ParteienG 1975 §1
RundfunkG §2
RundfunkG §27
RundfunkG §28

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Senatsbildung in sowie die Zusammensetzung der Rundfunkkommission; keine willkürliche Abweisung einer Beschwerde der Freiheitlichen Partei Österreichs (Oberösterreich) wegen Verletzung des Objektivitätsgebotes durch ein Interview

Rechtssatz

Es ist nicht ausgeschlossen, daß eine (natürliche oder juristische) Person (so auch eine politische Partei - Art1 §1 Abs4, letzter Satz, ParteienG, BGBl. 404/1975; s. VfSlg. 12.795/1991, 13.509/1993), die eine auf §27 Abs1 Z1 RundfunkG gestützte Beschwerde an die Rundfunkkommission gerichtet hat, durch den ihren Antrag ablehnenden Bescheid der Kommission in (irgend-)einem subjektiven öffentlichen Recht verletzt wird.

Keine Bedenken gegen die Senatsbildung in der Rundfunkkommission.

Art18 iVm. Art83 Abs2 B-VG verpflichtet den Gesetzgeber zu einer strengen Prüfungsmaßstäben standhaltenden präzisen Regelung der Behördenzuständigkeiten (vgl. VfSlg. 3994/1961, 5698/1968, 10.311/1984).

Dem Beschwerdevorbringen, §28 RundfunkG stehe mit Art83 Abs2 iVm. Art18 B-VG nicht in Einklang, weil diese Bestimmung zu unbestimmt sei, da weder die Anzahl der Spruchkörper im einzelnen noch ihre Mindestzahl festgelegt werde, vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu folgen. Solche Erfordernisse wurden und werden nämlich aus den genannten Verfassungsvorschriften nie abgeleitet. Ebensowenig wie für die ordentliche Gerichtsbarkeit ist für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (s. §11 VwGG 1985) von Verfassungs wegen gefordert, schon im Gesetz die genaue Anzahl der Senate für jedes Gericht festzulegen (vgl. schon VfSlg. 7911/1976, 8696/1979); gleiches gilt für nach Art133 Z4 B-VG eingerichtete Verwaltungsbehörden (wie hier die Rundfunkkommission) und für Tribunale im Sinne der EMRK.

Keine Bedenken gegen die Zusammensetzung der Rundfunkkommission.

Durch die bloße Mitwirkung eines nach §7 AVG befangenen Organs an der Entscheidung erfolgt ein Eingriff in das bezogene Grundrecht gar nicht (vgl. VfSlg. 3408/1958, 6454/1971, 7738/1976, 7798/1976, VfGH 11.6.1983, B35/80).

Weisungsfreie Interessenvertreter fungieren nicht als persönliches Sprachrohr einer Verfahrenspartei (vgl. VfSlg. 11.912/1988, 12.074/1989, 12.470/1990). Nicht einmal die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei und die Mitarbeit in einer solchen Gruppierung für sich allein vermögen nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs einen Befangenheitsgrund herzustellen (vgl. VfSlg. 13.338/1993, 13.509/1993). Nichts anderes gilt aber für ein Senatsmitglied, das als Rechtsfreund in einer anderen Rechtssache einer einer Verfahrenspartei nahestehenden Person von Berufs wegen eingeschritten ist.

Insoweit nicht hinlänglich konkretisierte besondere Umstände bestehen, die es zweifelhaft erscheinen ließen, daß ein Kommissionsmitglied zu der ihm gesetzlich aufgetragenen objektiven Entscheidung des Rechtsfalles der beschwerdeführenden Partei in der Lage sei, und die nach den Umständen des Falls tatsächlich den Anschein einer Befangenheit dieses Organwalters begründen könnten, ist das Vorliegen von Befangenheit im Sinne eines den Gleichheitssatz verletzenden Vollzugsfehlers nicht anzunehmen.

Keine subjektive oder objektive Willkür.

Der angefochtene Bescheid gibt die von der Meinung der Beschwerdeführerin abweichenden Erwägungen tatsächlicher und rechtlicher Art, fern von jeder Leichtfertigkeit, ausführlich wieder. Er geht auf die den Umständen nach maßgebenden Einzelheiten der Rechtssache im einzelnen, wie (auch) der den Akten zu entnehmende Ablauf des Verwaltungsgeschehens zeigt, ein. Der Beschwerde ist auch nicht zu folgen, wenn sie davon ausgeht, daß sich der befragende Mitarbeiter des ORF auf die Beisteuerung neutraler Stichworte für Statements des Befragten hätte beschränken müssen; vielmehr durfte er auch pointierte Auffassungen vertreten, zumal der Interviewte - im Rahmen eines ungekürzt ausgestrahlten Interviews - sogleich Stellung nehmen konnte (vgl. dazu die ebenfalls ein nicht gekürztes Interview betreffenden Erkenntnisse VfSlg. 12.086/1989 und 13.509/1993). Auch kam dem Interviewten das letzte Wort zu und der Interviewer agierte nicht gleichsam rechtsmißbräuchlich-willkürlich.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Partei politische, Rundfunk, Rundfunkkommission, Befangenheit, Beschwerdeverfahren (Rundfunk), Objektivitätsgebot (Rundfunk), Kollegialbehörde, Behördenzusammensetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B1477.1996

Dokumentnummer

JFR_10029388_96B01477_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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