RS Vfgh 1997/6/21 B288/94 - B160/94

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Veröffentlicht am 21.06.1997
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Index

10 Verfassungsrecht
10/05 Bezüge, Unvereinbarkeit

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs1
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
BVG-Bezügebegrenzung
BezügeG 1972 §38

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Abweisung eines Antrags auf Ausbezahlung eines Ruhebezuges wegen Ruhen der "Ministerpension" aufgrund eines den Aktivbezug eines Ministers übersteigenden Ruhegenusses als ehemaliger stellvertretender Vorstandsvorsitzender der CA; keine Gleichheitswidrigkeit der Kürzung; keine Verfassungswidrigkeit der Anwendungsfälle der Bezügebegrenzung hinsichtlich des Zusammentreffens mehrerer Einkünfte aus öffentlichen Mitteln einschließlich verstaatlichter bzw der Rechnungshofkontrolle unterliegender Unternehmen; keine Verletzung im Eigentumsrecht und in der Erwerbsausübungsfreiheit

Rechtssatz

§38 BezügeG 1972 ermöglicht zwar - trotz einer lang andauernden Pensionsbeitragsleistung - eine Kürzung der "Ministerpension" bis auf Null; das für die Kürzung des Ruhebezuges maßgebliche Höchstausmaß ist mit einem Aktivbezug eines Bundesministers aber so hoch angesetzt, daß dem von der Kürzungsregelung Betroffenen jedenfalls eine Pension in der Höhe des Aktivbezuges eines Bundesministers verbleibt.

Der Anspruch auf einen Ruhegenuß in der Höhe eines Aktivbezuges eines Bundesministers gleicht schließlich auch die Tatsache aus, daß der Ruhegenußberechtigte elf Jahre lang Pensionsbeiträge bezahlt hat und schließlich - ohne Anspruch auf Rückerstattung der einbezahlten Pensionsbeiträge - keinen Ruhegenuß erhält. Diese "verlorenen" Pensionsbeiträge dienen letztlich der Deckung der Pensionslasten aller nach dem Bezügegesetz Anspruchsberechtigten.

Unter Abwägung dieser mit der im vorliegenden Fall anzuwendenden Kürzungsregelung des §38 BezügeG 1972 verbundenen Effekte gelangt der Verfassungsgerichtshof zu dem Ergebnis, daß diese Kürzung noch nicht jene Intensität erreicht, die zur Gleichheitswidrigkeit führt. Aus dem Grunde der Überschreitung der dem einfachen Gesetzgeber durch den Gleichheitsgrundsatz und das BVG-Bezügebegrenzung gezogenen Grenzen bestehen daher keine Bedenken gegen die angewendeten Rechtsvorschriften.

Keine Bedenken gegen den ersten Fall des §38 litg BezügeG 1972 (Minderung des Ruhebezuges beim Zusammentreffen mit Einkünften aus von den Verstaatlichungsgesetzen erfaßten Unternehmen).

Es war die erklärte Absicht des Gesetzgebers, Ruhebezüge ehemaliger Mitglieder des Nationalrats und der Bundesregierung dann einer Kürzung zu unterwerfen, wenn sie mit anderen Einkünften aus öffentlichen Mitteln zusammentrafen.

Eine vor dem Hintergrund der Entwicklung der Vorläuferbestimmungen des BezügeG 1972 und vor allem auch deren Zweck vorgenommene systematische Interpretation des §38 litg BezügeG 1972 führt somit zu einem - schließlich auch vom Gebot der verfassungskonformen Auslegung gesetzlicher Bestimmungen vorgeschriebenen - Ergebnis, welches auch den vom Beschwerdeführer als verfassungswidrig erachteten Verweis auf das erste Verstaatlichungsgesetz in §38 litg BezügeG 1972 als nicht verfassungswidrig erscheinen läßt.

Kein Verstoß des dritten Anwendungsfalles des §38 litg BezügeG 1972 gegen das Determinierungsgebot.

Für die Frage der Anwendbarkeit des §38 litg dritter Anwendungsfall BezügeG 1972, wonach es ua. dann zu einer Kürzung des Ruhebezuges eines ehemaligen Mitglieds der Bundesregierung kommt, wenn dieser mit einem Ruhegenuß aus der Tätigkeit als Mitglied des Vorstandes von Unternehmen mit dominierender Einflußnahme des Bundes zusammentrifft, kommt es daher darauf an, aus welchen Mitteln der Ruhegenuß stammt.

Der Gesetzgeber durfte zulässigerweise davon ausgehen, daß die während der Tätigkeit in einer Unternehmung mit dominierendem Einfluß des Bundes angesparten Pensionsanwartschaften - auch im Fall einer späteren Privatisierung dieses Unternehmens - die öffentliche Hand belasten, sei es dadurch, daß entweder Rückstellungen in der Zeit vor der Privatisierung vorgenommen wurden oder daß sich die zu erwartende Verpflichtung zur Leistung des Ruhegenusses auf die Bewertung des Unternehmens und damit kaufpreismindernd - und im Effekt wieder zu Lasten öffentlicher Mittel - auswirkt.

Daraus folgt aber auch, daß die Behauptung des Beschwerdeführers, §38 litg BezügeG 1972 sei durch das BVG-Bezügebegrenzung deshalb nicht gedeckt, weil die Creditanstalt-Bankverein zum Zeitpunkt der bekämpften Entscheidung nicht mehr der Kontrolle des Rechnungshofs unterlag, ins Leere geht, weil die Creditanstalt-Bankverein im Anwartschaftszeitraum (1981-1988) jedenfalls der Kontrolle des Rechnungshofes unterlag.

Keine Verletzung im Eigentumsrecht.

Die Bundesregierung konnte - in wirtschaftlicher Betrachtungsweise - denkmöglicherweise davon ausgehen, daß der Ruhegenuß des Beschwerdeführers als Vorsitzender des Vorstandes der Creditanstalt-Bankverein aus öffentlichen Mitteln bezahlt wird, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob die öffentlichen Mittel während eines Zeitraumes zurückgestellt wurden, in dem der Bund einen dominierenden Einfluß auf die Creditanstalt-Bankverein hatte, oder ob sich die Pensionslast bei einer Privatisierung in Form einer Kaufpreisminderung auswirkt. In beiden Fällen wird der Ruhegenuß zu Lasten öffentlicher Mittel ausbezahlt.

Keine Verletzung in der Erwerbsausübungsfreiheit.

Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid in Vollziehung des - verfassungsrechtlich unbedenklichen - §38 litg BezügeG 1972 weder daran gehindert, (nach den öffentlichen Funktionen) eine Erwerbsbetätigung in einem Bankunternehmen anzutreten, noch diese Erwerbstätigkeit auszuüben. Daß die Kürzungsregelung, die dem Beschwerdeführer im übrigen während der gesamten Dauer seiner öffentlichen Funktionen bekannt war, unter Umständen ein Motiv dafür sein mag, eine bestimmte Erwerbsbetätigung nicht auszuüben, bewirkt keinen Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit, sondern ist nur eine Reflexwirkung.

(ebenso hinsichtlich der Kürzung der "Abgeordnetenpension": E v 21.06.97, B160/94).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Bezüge für Mandatare, Auslegung verfassungskonforme, Auslegung systematische, Erwerbsausübungsfreiheit, Bezüge Kürzung, Pensionen Politiker-

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B288.1994

Dokumentnummer

JFR_10029379_94B00288_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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