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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine sachliche Rechtfertigung der Differenzierung zwischen Personen mit Hauptwohnsitz in einer anderen burgenländischen Gemeinde oder in einer Gemeinde eines anderen Bundeslandes bei der Wohnsitzregelung in der Bgld GdWO 1992Rechtssatz
Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend die Wohnsitzregelung in §17 Bgld GdWO 1992.
Bei Zutreffen der im Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken stünden zur Erzielung einer verfassungsgemäßen Rechtslage mehrere, nach wahlrechtspolitischen Vorgaben zu bejahende oder zu verneinende unterschiedliche Wege mit unterschiedlichen Ergebnissen offen. Die damit notwendig verbundene politische Entscheidung, auf welche Weise das Wahlrecht zum Gemeinderat zu gestalten sei (Abstellen allein auf den Hauptwohnsitz oder auch auf einen (sonstigen) Wohnsitz), kommt dem Landesgesetzgeber zu. Der Verfassungsgerichtshof müßte infolge dessen den Umfang der auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu untersuchenden landesgesetzlichen Bestimmungen so weit ziehen, daß er dem Landtag nicht vorgreift und diesem vielmehr überläßt, seine rechtspolitischen Vorstellungen zur Geltung zu bringen (s. dazu VfSlg. 14.035/1995).
Auch wenn es sich bei §17 Bgld GdWO 1992 um eine Landesverfassungsbestimmung handelt, so unterliegt sie im Hinblick auf Art99 B-VG doch der Prüfung gemäß Art140 B-VG in Bezug auf ihre Übereinstimmung mit der Bundesverfassung (siehe dazu VfSlg. 5676/1968 mwH).
§17 Bgld GdWO 1992, LGBl. Nr. 54, idF LGBl. Nr. 9/1996, war verfassungswidrig.
Die in Prüfung gezogene Regelung differenziert innerhalb jener Gruppe von Personen, die in einer burgenländischen Gemeinde über einen (sonstigen) Wohnsitz im Sinne (der diesbezüglichen Definition) des §17 Abs2 Bgld GdWO 1992 verfügen, danach, ob sie ihren Hauptwohnsitz in einer (anderen) Gemeinde des Burgenlandes oder in einer Gemeinde eines anderen Bundeslandes haben. In dieser Hinsicht hat aber das Gesetzesprüfungsverfahren nichts ergeben, was die aus der Sicht des Gleichheitssatzes erforderliche sachliche Rechtfertigung für eine derartige Differenzierung dartun könnte.
Selbst wenn man von der Zulässigkeit einer "landesautonomen Regelung" des Wohnsitzbegriffes iSd Art117 Abs2 erster Satz zweiter Halbsatz B-VG ausginge, wäre eine unsachlich differenzierende Regelung dieser Art nicht gerechtfertigt.
(Anlaßfall: E v 26.06.97, WII-2/97 - Aufhebung des angefochtenen, über die Wohnsitzfrage und den Verlust der Wählbarkeit absprechenden Bescheides; Kostenzuspruch).
Schlagworte
VfGH / Prüfungsumfang, Wahlen, Wohnsitz, Wahlrecht aktives, Landesverfassung, Wahlrecht passives, Mandatsverlust, VfGH / Anlaßfall, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:G287.1997Dokumentnummer
JFR_10029375_97G00287_01