RS Vfgh 1997/6/26 B1565/96

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Veröffentlicht am 26.06.1997
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/01 Sicherheitsrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
VfGG §88
DSG §14
SicherheitspolizeiG §88
SicherheitspolizeiG §90

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung einer Beschwerde an den UVS hinsichtlich der erkennungsdienstlichen Behandlung der Beschwerdeführerin; Unterlassung der Aussetzung des Verfahrens und der Antragstellung an die Datenschutzkommission hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verwendung personenbezogener Daten; keine willkürliche Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der Abnahme des Reisepasses; teilweiser Kostenzuspruch

Rechtssatz

Rechtmäßige Verneinung der Zuständigkeit gemäß §88 Abs1 SicherheitspolizeiG mangels Anwendung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.

Hingegen hat der UVS dadurch in gesetzwidriger Weise seine Zuständigkeit abgelehnt, daß er nicht nach §88 Abs2 (iVm Abs6) SicherheitspolizeiG vorging. Aufgrund dieser Bestimmung sollte auch das "schlichte Polizeihandeln", sofern es in Rechte eingreift, vor dem UVS überprüfbar sein, und der Klärung der Frage, ob einer bestimmten polizeilichen Maßnahme die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zugrunde liegt, die Bedeutung genommen werden (vgl die RV 148 BlgNR, 18. GP, 53).

Die Zuständigkeit des UVS gemäß §88 Abs2 SicherheitspolizeiG kann auch in jenen Fällen nicht verneint werden, in denen sich eine Beschwerde an den UVS ausnahmsweise in der Behauptung der Verletzung von Bestimmungen über den Datenschutz erschöpft.

Das SicherheitspolizeiG sieht ein Vorgehen gemäß §14 Abs3 DSG immer vor, wenn die Frage der Rechtmäßigkeit der "Verwendung" personenbezogener Daten nach den Bestimmungen des 4. Teiles des SicherheitspolizeiG für die Entscheidung des UVS maßgeblich ist.

Ungeachtet der Anordnungen des §88 Abs2 und Abs6 SicherheitspolizeiG hat der UVS die Beschwerde hinsichtlich der behaupteten Rechtswidrigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung zurückgewiesen und ist nicht nach §14 Abs3 DSG vorgegangen. Da es der UVS unterließ, sein Verfahren auszusetzen und gleichzeitig die Entscheidung der Datenschutzkommission zu beantragen, verletzte er die Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Keine willkürliche Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der Abnahme des Reisepasses; keine in die Verfassungssphäre reichenden Fehler.

Zuspruch des halben Kostenpauschales.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG, wobei eine Kürzung vorzunehmen war, da sich die Beschwerde zu einem Teil als unbegründet erwies. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 1.500,-- enthalten.

Ein Ersatz des Aufwandes für die Vorlage der Verwaltungsakten sowie für die Erstattung der Gegenschrift ist im VfGG nicht vorgesehen (VfSlg 10003/1984, 11340/1987).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Polizei, Sicherheitspolizei, Datenschutz, Behördenzuständigkeit, Unabhängiger Verwaltungssenat, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B1565.1996

Dokumentnummer

JFR_10029374_96B01565_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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