RS Vfgh 1997/6/26 B2159/96, B2732/96, B104/97

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 26.06.1997
beobachten
merken

Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/02 Gehaltsgesetz 1956

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
GehG 1956 §121
GehG 1956 §30a siehe auch §121

Leitsatz

Keine Verletzung wohlerworbener Rechte durch Kürzung des Mehrleistungsanteils der Verwendungszulage leitender Beamter; keine Verletzung des Vertrauensschutzes infolge Geringfügigkeit der bewirkten Kürzung; Angemessenheit der Neuregelung auch im Hinblick auf die Dienstpflichten der Beamten; keine unsachlichen Differenzierungen innerhalb der verschiedenen Gruppen von Zulagenbeziehern

Rechtssatz

Keine Verletzung wohlerworbener Rechte durch Kürzung des Mehrleistungsanteils der Verwendungszulage leitender Beamter durch §121 GehG 1956 idF StrukturanpassungsG 1996 (vormals: §30a GehG 1956).

Keine Präjudizialität des §121 Abs4a GehG 1956 idF StrukturanpassungsG 1996.

In beiden - für unterschiedliche Zeiträume geltenden - Fassungen des §121 Abs4a GehG 1956, idF des StrukturanpassungsG 1996 ist - für Beamte, denen eine Verwendungszulage gemäß §121 leg.cit. gebührt - vorgesehen, daß die Zahl der angeordneten Überstunden und die Menge allfälliger sonstiger Mehrdienstleistungen in einem näher bestimmten Ausmaß zu verringern sind. Diese Bestimmungen sind allein an die zur Anordnung von Überstunden und von sonstigen Mehrdienstleistungen ermächtigten Organe gerichtet. Für die Adressaten solcher Anordnungen - die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis in Form von Weisungen erfolgen (VwGH 20.12.1995, Zl. 95/12/0325) -, so etwa für die Beschwerdeführer, ist diese Regelung bloß mittelbar von Bedeutung; insoferne nämlich als sich - bei gesetzeskonformem Verhalten der anordnungsbefugten Organe - die Zahl der von ihnen zu leistenden Überstunden und die Menge der von ihnen zu erbringenden sonstigen Mehrdienstleistungen verringert. Im Hinblick darauf sind aber diese Regelungen in den vorliegenden Beschwerdefällen nicht präjudiziell, sodaß auf diesbezügliche verfassungsrechtliche Bedenken nicht einzugehen ist.

Die Erlassung derartiger gesetzlicher Regelungen fällt im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Freilich ist er auch dabei an das aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz erfließende Sachlichkeitsgebot gebunden.

Im vorliegenden normativen Zusammenhang ist weiters die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes von Bedeutung, derzufolge das Sachlichkeitsgebot lediglich erfordert, das System des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechtes derart zu gestalten, daß es im großen und ganzen in angemessenem Verhältnis zu den den Beamten obliegenden Dienstpflichten (s. etwa §43 BDG) steht (VfSlg. 11.193/1986).

Ausgehend davon haben sich, insbesondere auf Grund der nachstehenden Erwägungen, keine Anhaltspunkte dafür gefunden, daß die von den Beschwerdeführern gerügten gesetzlichen Regelungen - zumal die danach vorgesehene Bezugskürzung bloß geringfügig ist - dem Sachlichkeitsgebot nicht entsprächen.

(ebenso zur Kürzung der Dienstzulage für Richter: E v 18.06.97, G304/96, B613/97).

Es ist zum einen nicht unsachlich, wenn Beamte in leitender Funktion - denen die Verwendungszulage primär wegen des Ausmaßes der zu tragenden Verantwortung gebührt, während auf die zu erbringenden Mehrleistungen nur daneben bei der Bemessung des Ausmaßes der Zulage Bedacht zu nehmen ist - bezüglich der von ihnen zu erbringenden Mehrleistungen anders behandelt werden als andere Beamte. Zum anderen stellen die Überstundenvergütung und die Verwendungszulage ganz verschiedene Einrichtungen dar, die der Gesetzgeber verschieden behandeln kann, solange die gewählte Lösung - was hier zutrifft - nicht exzessiv ist (siehe VfSlg. 7167/1973).

Keine unsachliche Differenzierung innerhalb der Gruppe der Bezieher von Verwendungszulagen; Mehrleistung nur Nebenaspekt bei Zuerkennung der Verwendungszulage (siehe VfSlg. 7167/1973, 11.193/1986).

Keine unsachliche Differenzierung zwischen Beamten, denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kürzungsregelung eine Verwendungszulage bereits gebührte, und solchen, denen künftig eine solche Zulage neu bemessen wird, im Hinblick auf §121 Abs4b idF BGBl. 375/1996.

Es bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, daß die in Rede stehenden Vorschriften, sowohl was die Verringerung der Zahl der angeordneten Überstunden und der Menge allfälliger sonstiger Mehrdienstleistungen betrifft, als auch was die entsprechende Kürzung des Mehrleistungsanteiles der Verwendungszulage anlangt, - ausgehend von den jeweils vorhandenen Ermittlungen - eine einheitliche, generelle Regelung unmittelbar im Gesetz selbst treffen (vgl. dazu erneut VfSlg. 11.193/1986).

Keine Verletzung des Vertrauensschutzes.

Die Intensität der von den in Rede stehenden Regelungen bewirkten Bezugskürzung ist jedenfalls bloß geringfügig.

Die in Rede stehenden Bestimmungen des StrukturanpassungsG 1996 sind Teil eines umfassenderen budgetären "Maßnahmenpakets", das den Beitrag des öffentlichen Dienstes zum Konsolidierungsprogramm der Bundesregierung für den Bundeshaushalt darstellt. Es trifft somit auch nicht zu, daß mit diesen Bestimmungen "punktuell gezielt eine kleine Gruppe" von öffentlich Bediensteten, nämlich die Bezieher von Verwendungszulagen, getroffen und das "zu erbringende Opfer" nicht "entsprechend weit gestreut" würde.

Daß sich der Gesetzgeber in Verwirklichung der aus Gründen der Budgetkonsolidierung verfolgten Absicht, den Personalaufwand im öffentlichen Dienst zu verringern, zu dieser Form der Einsparung entschlossen hat und nicht zu dem ihm von den Beschwerdeführern nahegelegten Verzicht auf die Verwirklichung der zweiten Etappe der Besoldungsreform, liegt innerhalb des ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsraumes.

Zwar sind die pensionsrechtlichen Konsequenzen der Reduzierung (des Mehrleistungsanteiles) der Verwendungszulage andere als jene der Reduzierung von - vergüteten - Überstunden. Dennoch ist die in Rede stehende Regelung auch unter diesem Aspekt nicht gleichheitswidrig. Dies allein deshalb, weil es sich bei der Überstundenvergütung und bei der Verwendungszulage um ganz verschiedene Einrichtungen handelt, die der Gesetzgeber verschieden behandeln kann, solange die gewählte Lösung - was hier zutrifft - nicht exzessiv ist (vgl. VfGH E v 18.06.97, G304/96, B613/97).

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, Dienstrecht, Verwendungszulage, Rechtspolitik, Mehrleistungszulage, Ruhegenuß, Sparpaket, Bezüge Kürzung, Überstunden, Vertrauensschutz, Pensionen Beamte-

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B2159.1996

Dokumentnummer

JFR_10029374_96B02159_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten