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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Wiederaufnahme von Veranlagungsverfahren nach Durchführung eines Erstattungsverfahrens wegen zuviel einbehaltener Lohnsteuer für Kollegiengelder und Prüfungsgebühren; keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch Nichtanwendung der Bestimmung des EStG über die Haftung des Arbeitgebers für Abfuhr und Einbehaltung der Lohnsteuer auf den auch zur Einkommensteuer veranlagten Beschwerdeführer; keine - vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende - Verletzung der Bindung der Behörde an ein Erkenntnis des VerwaltungsgerichtshofsRechtssatz
Gegen die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung erlassene Bestimmung des §41 EStG 1972 bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zB VfSlg. 11909/1988).
Die belangte Behörde geht im Beschwerdefall davon aus, daß §82 EStG 1972 nicht anzuwenden ist, weil der Beschwerdeführer zur Einkommensteuer veranlagt wird. Der Gerichtshof kann nicht finden, daß der Beschwerdeführer dadurch gegenüber Arbeitnehmern, die ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen, in einer den Gleichheitssatz verletzenden Weise benachteiligt würde. Wird der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt, so entspricht es schon der Verfahrensökonomie, einen fehlerhaften Lohnsteuerabzug nicht gegenüber dem Arbeitgeber (also über einen Umweg) geltend zu machen, sondern im Veranlagungsverfahren des Arbeitnehmers zu korrigieren.
Eine verfassungskonforme Interpretation dahingehend, daß §41 EStG 1972 das Verbot beinhalte, einen fehlerhaften Lohnsteuerabzug im Veranlagungsverfahren des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, ist nicht geboten.
Auch die von der belangten Behörde verfügte Wiederaufnahme der rechtskräftig abgeschlossenen Veranlagungsverfahren ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Das Vorgehen der belangten Behörde bewirkt, daß der Beschwerdeführer nunmehr die Abgabe, die der Arbeitgeber bei korrekter Besteuerung seiner Bezüge vom Arbeitslohn einzubehalten gehabt hätte, abzuführen hat. In einem solchen Fall führt die Verfügung der Wiederaufnahme nicht zu einem Treu und Glauben widersprechenden Ergebnis (vgl. dazu VfSlg. 12566/1990).
Es ist vertretbar, das Erstattungsverfahren nach §240 BAO nicht als ein abschließendes Verfahren zu werten und - unter den Voraussetzungen des §303 BAO - die Wiederaufnahme von Veranlagungsverfahren auch nach Durchführung eines Erstattungsverfahrens gemäß §240 BAO zu verfügen.
Der Verfassungsgerichtshof vermag in der Entscheidung der belangten Behörde auch keine - vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende - Verletzung der Bindung an die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausdruck gebrachte Rechtsanschauung zu erkennen. Der sich aus §63 VwGG ergebenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Behörde, mit den ihr zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln den entsprechenden Rechtszustand herzustellen, entspricht zwar ein analoges subjektives Recht der betroffenen Partei, die genannte Bestimmung steht aber nicht im Verfassungsrang.
Schlagworte
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Haftung, Veranlagung (Einkommensteuer), Finanzverfahren, Wiederaufnahme, Bindung (der Verwaltungsbehörden an VwGH)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B2.1996Dokumentnummer
JFR_10029070_96B00002_01