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72 Wissenschaft, HochschulenNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine sachliche Rechtfertigung des Ausschlusses Studierender vom Anspruch auf Studienbeihilfe bei Fortführung eines bereits begonnenen Zweitstudiums vor Aufnahme des aufbauenden DoktoratsstudiumsSpruch
§15 Abs4 Z3 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG), BGBl. Nr. 305/1992, in der Fassung BGBl. Nr. I 76/2000, war verfassungswidrig.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführerin hat im Wintersemester 1995/96 das Diplomstudium der Rechtswissenschaften inskribiert und gleichzeitig mit dem Diplomstudium der Betriebswirtschaftslehre (BWL) begonnen. Als die zu fördernde Studienrichtung wurde gemäß §14 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG) die der Rechtswissenschaften angegeben. Nach Abschluss des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften Ende Jänner 2002 hat sie die Gerichtspraxis absolviert und daneben weiter das Diplomstudium BWL inskribiert. Im Oktober 2002 inskribierte die Beschwerdeführerin das Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften und beantragte dafür Studienbeihilfe, die ihr im Hinblick auf §15 Abs4 Z3 StudFG nicht gewährt wurde, weil sie nach Abschluss des Diplomstudiums und vor Aufnahme des Doktoratsstudiums ein anderes Studium betrieben habe.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 7. Juli 2003 wurde die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften mit der Begründung bestätigt, dass die (kumulativ zu verstehenden) Voraussetzungen für die Gewährung (§15 Abs4 StudFG) nicht vorlägen.
3. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin eine auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet werden.
4. Bei der Behandlung dieser zu B1151/03 protokollierten Beschwerde sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §15 Abs4 Z3 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG), BGBl. 305/1992, in der Fassung BGBl. I 76/2000, entstanden. Der Gerichtshof hat daher mit Beschluss vom 19. Juni 2004 ein Verfahren zur Prüfung der eben genannten Bestimmung eingeleitet.
5. Zur Rechtslage:
5.1. Gemäß §6 Z2 StudFG ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe (u.a.), dass der Studierende noch kein Studium oder keine andere gleichwertige Ausbildung absolviert hat.
5.2. Als Ausnahme davon regeln §15 Abs2, 3 und 4 StudFG unter der Überschrift "Vorstudien" jene Fälle, in denen trotz eines abgeschlossenen Studiums Anspruch auf Studienbeihilfe besteht.
Im Zusammenhang mit der Absolvierung eines Doktoratsstudiums sah §15 Abs3 StudFG in der Fassung vor Inkrafttreten der (für den Beschwerdefall maßgeblichen) Novelle BGBl. I 76/2000 vor:
"Anspruch auf Studienbeihilfe für ein Doktoratsstudium besteht trotz Absolvierung eines Diplomstudiums oder eines Fachhochschul-Studienganges, wenn der Studierende das Doktoratsstudium spätestens zwölf Monate nach Abschluss des Diplomstudiums oder des Fachhochschul-Studienganges aufgenommen hat. Kein Anspruch besteht für das Doktoratsstudium, wenn die vorgesehene Studienzeit zur Absolvierung des zweiten und dritten Studienabschnittes des Diplomstudiums um mehr als zwei Semester überschritten wurde."
Mit der Novelle BGBl. I 76/2000 erhielt der (nunmehr einschlägige) Abs4 dieser Bestimmung folgende für den Beschwerdefall maßgebende Fassung (die in Prüfung gezogene Wortfolge ist hervorgehoben):
"(4) Anspruch auf Studienbeihilfe für ein Doktoratsstudium besteht trotz Absolvierung eines Diplomstudiums oder eines Bakkalaureatsstudiums und eines an ein Bakkalaureatsstudium anschließendes Magisterstudium oder eines Fachhochschul-Studienganges, wenn der Studierende
1. das Doktoratsstudium spätestens zwölf Monate nach Abschluss des vorangegangenen Studiums aufgenommen hat,
2. die vorgesehene Studienzeit zur Absolvierung des zweiten und dritten Studienabschnittes des Diplomstudiums oder des Bakkalaureatsstudiums oder des daran anschließenden Magisterstudiums oder des Fachhochschul-Studienganges um nicht mehr als zwei Semester überschritten hat und
3. nach Abschluss des vorangegangenen Studiums gemäß Z2 und vor Aufnahme des Doktoratsstudiums kein anderes Studium betrieben hat."
§15 Abs3 leg.cit. regelte den Anspruch auf Studienbeihilfe für ein Magisterstudium trotz Absolvierung eines Bakkalaureatsstudiums, verlangt dafür die Aufnahme spätestens achtzehn Monate nach Abschluss des Bakkalaureatsstudiums und enthielt ebenfalls das Erfordernis, dass zwischen dem Abschluss dieses Bakkalaureatsstudiums und Aufnahme des Magisterstudiums kein anderes Studium betrieben wird.
Gemäß §15 Abs5 StudFG besteht, wenn für den zweiten oder dritten Studienabschnitt eines Vorstudiums Studienbeihilfe bezogen wurde, außer in den Fällen des §17 Abs2 und 3 leg.cit. kein Anspruch auf Studienbeihilfe.
In den Materialien (184 BlgNR, 21. GP, 17 f.) findet sich - auszugsweise - folgende Erläuterung zu §15 Abs3 bis 5 StudFG:
"Da sich die Studienförderung grundsätzlich an der Systematik des Unterhaltsrechtes orientiert, erscheint es angebracht, die bisherige Regelung beim Übergang vom Diplom- zum Doktoratsstudium auch für den Übergang vom Bakkalaureats- zum Magisterstudium und weiter zum Doktoratsstudium in den Grundzügen beizubehalten. Nur bei einer zügigen Absolvierung des bisherigen Studiums und einer raschen Aufnahme des weiterführenden Studiums wird die Studienförderung auch für dieses weiterführende Studium zu gewähren sein.
Als einheitliche Regelung wird - wie schon bisher beim Doktoratsstudium - gefordert, dass die Überschreitung der gesetzlichen Studiendauer des vorangegangenen Studiums bzw. der beiden vorangegangenen Studienabschnitte jeweils nicht mehr als zwei Semester umfasst. Außerdem ist eine rasche Entscheidung für die Aufnahme des weiterführenden Studiums erforderlich. Die Frist zwischen dem Abschluss des vorangegangenen Studiums und der Aufnahme des neuen Studiums wurde nach den Ergebnissen des Begutachtungsverfahrens von zwölf auf 18 Monate angehoben.
Keine Änderung der Rechtslage, aber eine Klarstellung bewirkt die Bestimmung über die Durchführung eines anderen Studiums, das zwischen der Absolvierung des vorangegangenen Diplom-, Bakkalaureats- oder Magisterstudiums und dem darauf aufbauenden Studium inskribiert wird. Es widerspricht dem Grundsatz eines zügigen Studienfortgangs, wenn nach dem Abschluss eines Studiums und vor Aufnahme des aufbauenden Studiums eine andere Studienrichtung belegt wird. Schon bisher galt dies als Studienwechsel, der den weiteren Anspruch auf Studienbeihilfe für das Doktoratsstudium ausschloss."
Der Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung (224 BlgNR, 21. GP, 4) enthält folgende Erläuterung:
"Der Wissenschaftsausschuss geht davon aus, dass Studierende, die die Anspruchsvoraussetzungen auf Studienbeihilfe erfüllen, in der Lage sind, ihre Erstausbildung kontinuierlich auch bis zum höchsten akademischen Grad zu durchlaufen. Die für eine Weiterförderung maßgebliche Zeitspanne zwischen den einzelnen Studien von 18 bzw. zwölf Monaten reicht aus heutiger Sicht aus, um sich nach Abschluss des Bakkalaureatsstudiums oder des Magisterstudiums zwischen einem direkten Berufseintritt oder einem Weiterstudium zu entscheiden und allenfalls auch den Präsenz- oder Zivildienst abzuleisten. Sollte sich jedoch auf Grund der Weiterentwicklung der Studien- und Berufsanforderungen ergeben, dass längere Berufsphasen zwischen den einzelnen Studien erforderlich werden, so sollten Überlegungen für eine adäquate Weiterentwicklung des Studienförderungssystems angestellt werden."
5.3. Mit der Novelle BGBl. I 11/2005 (ausgegeben am 15. Februar 2005) wird nunmehr angeordnet, dass §15 Abs4 Z3 (sowie §15 Abs3 Z3) StudFG entfallen. Die Neuregelung ist - mangels eigener In-Kraft-Tretens-Bestimmung - am 16. Februar 2005 in Kraft getreten. Der Entfall der Bestimmungen geht auf einen Initiativantrag (488/A BlgNR, 22. GP) zurück, der damit begründet wird, dass es "tatsächlich nicht zielführend" sei, Studierenden wegen eines zwischen Grundstudium und weiterführenden Studium betriebenen anderen Studiums (für das ohnedies kein Anspruch auf Studienbeihilfe bestehe) die Förderungsmöglichkeit für ein weiterführendes Magister- oder Doktoratsstudium zu nehmen. Mit dem Entfall der genannten Bestimmungen solle ein weiterführendes Studium dann gefördert werden, wenn das vorangegangene Studium besonders rasch absolviert und die Entscheidung für das weiterführende Studium zügig getroffen worden sei.
5.4. Der unter der Überschrift "Studienwechsel" stehende §17 StudFG hat folgenden Wortlaut:
"(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß §15 Abs3.
(3) Nicht als Studienwechsel im Sinne des §17 Abs1 Z1 und 2 gilt der Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin für Studierende, die die Studienrichtung Medizin vor dem Studienjahr 1998/99 aufgenommen haben und den Studienwechsel spätestens im Sommersemester 2001 vornehmen.
(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs1 Z2 ist nicht mehr zu beachten, wenn der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt hat."
6.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in seinem Prüfungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass schon die belangte Behörde die in Prüfung gezogene Bestimmung angewendet hat und daher auch er sie bei Behandlung der vorliegenden Beschwerde anzuwenden hätte.
6.2. Die Bedenken, die ihn zur Prüfung der genannten Bestimmung bewogen haben, legte der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss folgendermaßen dar:
"Nach §15 Abs4 StudFG idF der Novelle BGBl. I 76/2000 ist der Anspruch auf Studienbeihilfe für ein Doktoratsstudium nach Absolvierung eines Diplomstudiums u.a. an die Voraussetzung geknüpft, dass der Studierende das Doktoratsstudium spätestens zwölf Monate nach Abschluss des vorangegangenen Studiums aufgenommen und nach Abschluss des vorangegangenen Studiums und vor Aufnahme des Doktoratsstudiums kein anderes Studium betrieben hat. Die Materialien begründen dies mit dem Grundsatz eines zügigen Studienfortgangs: Es widerspreche diesem Grundsatz, wenn nach dem Abschluss eines Studiums und vor Aufnahme des aufbauenden Studiums eine andere Studienrichtung belegt werde.
Es steht gewiss im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Gewährung von Studienbeihilfe für ein Doktoratsstudium überhaupt nicht vorzusehen oder aber an spezifische Voraussetzungen zu binden und hiebei dem Grundsatz des zügigen Studienfortgangs einen besonderen Stellenwert einzuräumen. Räumt der Gesetzgeber aber grundsätzlich die Möglichkeit ein, für ein Doktoratsstudium Studienbeihilfe zu erlangen, dann hat er die Voraussetzungen hiefür sachlich zu gestalten und objektiv nicht begründbare Differenzierungen zu unterlassen. Nun wird aber durch §15 Abs4 Z3 StudFG der Anspruch auf Studienbeihilfe für das Doktoratsstudium generell davon abhängig gemacht, dass nach Abschluss des vorangegangenen Studiums und vor Aufnahme des Doktoratsstudiums kein anderes Studium betrieben wurde. Damit dürfte nicht nur ein neu aufgenommenes Studium gemeint sein, sondern dürfte auch jener Fall vom Anspruch auf Studienbeihilfe ausgeschlossen werden, in dem der Studierende bereits parallel zum Diplomstudium, das nunmehr Basis des Doktoratsstudiums werden soll, ein Zweitstudium betrieben hat (und dieses vielleicht vor Inangriffnahme des Doktoratsstudiums noch abschließen möchte). Ob diese - vorläufige - Annahme allenfalls durch eine einschränkende Interpretation des Wortes 'betrieben' in §15 Abs4 Z3 StudFG vermieden werden könnte, wird im Gesetzesprüfungsverfahren zu beurteilen sein.
Dem Gerichtshof ist es aber vorläufig nicht einsichtig, was es rechtfertigen könnte, in einem Fall von zwei nebeneinander betriebenen Studien die Studienbeihilfe für das Doktoratsstudium nur deswegen zu versagen, weil nach Abschluss des Erststudiums das Zweitstudium (das selbst einen Anspruch auf Studienbeihilfe nicht vermittelt hat und auch weiterhin nicht vermittelt) noch weiterbetrieben wird. Es werden damit Studierende, die während der vom Gesetzgeber eingeräumten Zwölfmonats-Frist ein Zweitstudium betreiben, vom Anspruch auf Studienbeihilfe für das Doktoratsstudium nach dem Erststudium ausgeschlossen, während Studierenden, die in den auf Abschluss des Erststudiums folgenden zwölf Monaten einer beliebigen anderen Tätigkeit nachgehen (oder auch nicht nachgehen), der Anspruch auf Studienbeihilfe für das bevorstehende Doktoratsstudium im Prinzip erhalten bleibt. Für diese Differenzierung kann der Gerichtshof vorläufig keine sachliche Rechtfertigung erkennen.
Der Gerichtshof geht dabei davon aus, dass - sofern die Bedenken sich als zutreffend erweisen - die Verfassungswidrigkeit durch Aufhebung der in Prüfung gezogenen Wortfolge beseitigt wäre. Er kann (vorderhand) nicht erkennen, dass im Fall der Aufhebung dieser Wortfolge die Versagung der Studienbeihilfe für das Doktoratsstudium für die hier in Rede stehende Konstellation des Zweitstudiums auf den Tatbestand des unzulässigen Studienwechsels (§17 StudFG) gestützt werden könnte. Im Lichte der dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken könnte von einem Studienwechsel (von dessen Nichtvorliegen bei der gegebenen Konstellation selbst die belangte Behörde ausgeht) nämlich keinesfalls gesprochen werden, wenn nach Absolvierung des Erststudiums ein schon bisher betriebenes Zweitstudium lediglich weiter betrieben wird (vgl. auch VwGH vom 2. September 1998, Zl. 98/12/0163, der im Fall der gleichzeitigen Absolvierung mehrerer Studien einen Studienwechsel - offenbar nur - dann annimmt, wenn der Studierende anstelle des bisher angegebenen Studiums ein anderes von ihm betriebenes Studium benennt)."
7. Die Bundesregierung hat auf Grund ihres Beschlusses vom 12. Oktober 2004 von der Erstattung einer meritorischen Äußerung Abstand genommen.
Gleichzeitig teilte die Bundesregierung mit, dass im Interesse besonders leistungswilliger Studierender eine Novellierung der in Prüfung gezogenen Bestimmung in Aussicht genommen worden sei.
Für den Fall der Aufhebung der genannten Bestimmung stellt die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle für das Außerkrafttreten der in Prüfung gezogenen Bestimmung eine Frist von achtzehn Monaten bestimmen, um die allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen zu ermöglichen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes über die Zulässigkeit der zu Zl. B1151/03 protokollierten Beschwerde und die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmung sprächen.
Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist das Gesetzesprüfungsverfahren zulässig.
2. Auch die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken treffen zu:
Gemäß §15 Abs4 Z3 StudFG idF BGBl. I 76/2000 besteht ein Anspruch auf Studienbeihilfe u.a. nur dann, wenn nach Abschluss des vorangegangenen Studiums und vor Aufnahme des Doktoratsstudiums "kein anderes Studium betrieben" wurde. Es ist im Gesetzesprüfungsverfahren nicht hervorgekommen, dass der zitierte Satzteil einschränkend dahin interpretiert werden könnte, dass davon nur nach Abschluss desjenigen Studiums, das die Basis für das folgende Doktoratsstudium darstellt, neu aufgenommene Studien betroffen sind. Eine solche Interpretation wird auch durch die zitierten Gesetzesmaterialien nicht nahegelegt, zumal dort - ebenfalls undifferenziert - davon die Rede ist, dass es einem zügigen Studienfortgang widerspreche, wenn zwischen der Absolvierung des vorangegangenen (Diplom-, Bakkalaureats- oder Magister-)Studiums und dem darauf aufbauenden Studium eine andere Studienrichtung "belegt" werde.
Der Gerichtshof bleibt daher bei seiner im Prüfungsbeschluss geäußerten Ansicht, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung Studierende vom Anspruch auf Studienbeihilfe ausschließt, die in der Zeit zwischen Abschluss des Diplomstudiums und vor Aufnahme des aufbauenden Doktoratsstudiums ihr bereits während des Diplomstudiums betriebenes Zweitstudium weiter fortsetzen. Für eine derartige Differenzierung gegenüber Studierenden, die in der gesetzlich festgelegten Entscheidungsfrist von zwölf Monaten zwischen den beiden Studien jeder anderen beliebigen Tätigkeit nachgehen können, gibt es keine sachliche Rechtfertigung, zumal die Weiterführung des Zweitstudiums keinen Anspruch auf Studienbeihilfe vermittelt. Der Grundsatz, dass nur unter der Voraussetzung eines zügigen Studienfortganges das Doktoratsstudium gefördert werden soll, wird indes schon durch §15 Abs4 Z1 StudFG (Aufnahme des Doktoratsstudiums spätestens zwölf Monate nach Abschluss des vorangegangenen Studiums) gesichert. Diese Auffassung bestätigt letztlich auch der Gesetzgeber, wenn er mit der Novelle zum StudFG BGBl. I 11/2005 die in Prüfung gezogene Bestimmung beseitigt.
Die im Prüfungsbeschluss vorläufig geäußerten Bedenken haben sich daher bestätigt. Im Hinblick auf den Entfall des §15 Abs4 Z3 StudFG idF BGBl. I 76/2000 mit der Novelle BGBl. I 11/2005 war auszusprechen, dass diese Bestimmung verfassungswidrig war.
3. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches erfließt aus Art140 Abs5 B-VG und §3 Z3 BGBlG.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Hochschulen, StudienbeihilfenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:G105.2004Dokumentnummer
JFT_09949698_04G00105_00