RS Vfgh 1997/10/1 G57/95, G1397/95

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Veröffentlicht am 01.10.1997
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Index

81 Wasserrecht, Wasserbauten
81/01 Wasserrechtsgesetz 1959

Norm

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
WRG 1959 §32 Abs4
WRG 1959 §33g Abs3
VStG §51 Abs7

Leitsatz

Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Wortfolge in einer Bestimmung des WRG 1959 betreffend Indirekteinleitungen mangels Bestimmtheit; fehlende Kriterien für eine Abgrenzung der bewilligungsfreien Regelfälle der Indirekteinleitungen von den bewilligungspflichtigen Fällen

Rechtssatz

§33g Abs3 WRG 1959 enthält die Fiktion einer Bewilligung bis 31.12.2002 für jene Indirekteinleiter (§32 Abs4), für die mit 01.07.90 eine Bewilligungspflicht neu eingeführt wurde. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs hatte die belangte Behörde bei Prüfung der Frage, ob 1990 für die beschwerdeführende Gesellschaft eine Bewilligungspflicht neu eingeführt wurde, §32 Abs4 WRG 1959 idF vor der Novelle BGBl 252/1990 anzuwenden, der bis dahin die Bewilligungspflicht für Indirekteinleiter geregelt hatte. Damit hat der Verwaltungsgerichtshof die Präjudizialitätsfrage denkmöglich bejaht.

Mit dem beim UVS Vorarlberg angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber ein Tatzeitraum von 1985 bis zum 15.06.94 vorgeworfen. §32 Abs4 und §137 WRG 1959 wurden durch die WRG-Novelle 1990 neu gefaßt; die Neufassungen traten mit 01.07.90 in Kraft.

Der antragstellende Verwaltungssenat beurteilt das dem Berufungswerber vorgeworfene strafbare Verhalten denkmöglich als fortgesetztes oder als Dauerdelikt; unter dieser Annahme kann er denkmöglich davon ausgehen, daß mit 01.07.90 keine Verjährungsfrist zu laufen begonnen hat.

Der Verfassungsgerichtshof kann dem UVS Vorarlberg auch nicht entgegentreten, wenn er - unter dem Gesichtspunkt einer denkmöglichen Annahme der Präjudizialität - der Ansicht ist, bereits die Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof habe die 15-Monats-Frist des §51 Abs7 VStG gehemmt.

Die Wortfolge "in der Regel" in §32 Abs4 WRG 1959 idF vor der WRG-Novelle 1990, BGBl 252, war verfassungswidrig.

Mit dem Ausdruck "in der Regel" bediente sich der Gesetzgeber eines sog unbestimmten Gesetzesbegriffs. Der Wortlaut des §32 Abs4 erster Satz WRG 1959 läßt nur erkennen, daß die Mehrzahl der Fälle von Indirekteinleitungen bewilligungsfrei sein solle, gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür, nach welchen Kriterien diese "Regelfälle" von den bewilligungspflichtigen Fällen abzugrenzen seien. Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes liefert keinen Hinweis.

In seinem Erk 13200 A/1990 äußerte der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, daß - wie aus dem zweiten Satz des §32 Abs4 WRG 1959 hervorgeht - ein Regelfall dann anzunehmen ist, wenn die wasserrechtliche Bewilligung des Kanalisationsunternehmens zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird. Vor dem Hintergrund des E v 26.06.97, G51/95 ua, ist es jedoch ausgeschlossen, der Vorschrift diesen Inhalt beizumessen, weil es verfassungswidrig ist, die Bewilligungspflicht von Bedingungen abhängig zu machen, deren Eintritt dem Indirekteinleiter nicht bekannt sein muß.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, Verwaltungsstrafrecht, Delikt fortgesetztes, Dauerdelikt, Verjährung, Verfolgungsverjährung, Wasserrecht, Bewilligungspflicht (Wasserrecht), Kanalisation, Rechtsbegriffe unbestimmte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:G57.1995

Dokumentnummer

JFR_10028999_95G00057_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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