RS Vfgh 1997/12/10 G130/96

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Veröffentlicht am 10.12.1997
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Index

66 Sozialversicherung
66/03 Sonstiges

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs3 erster Satz
BetriebshilfeG §1
BetriebshilfeG §4a

Leitsatz

Keine sachliche Rechtfertigung für den Ausschluß männlicher Personen vom Bezug der Teilzeitbeihilfe in der Höhe des halben Karenzurlaubsgeldes für den Zeitraum der Unterbrechung der selbständigen Berufstätigkeit zur Betreuung eines Kindes

Rechtssatz

Dem Antrag ist zu entnehmen, daß der Kläger im gerichtlichen Verfahren ein Handelsgewerbe betreibt und verheiratet ist. Es ist daher denkunmöglich, daß das antragstellende Gericht die auf die Bauern-Sozialversicherung bezugnehmenden Teile der angefochtenen Vorschriften (§1 Abs1 Z2, Abs2 und Abs4 BetriebshilfeG) sowie den ebenfalls bekämpften §4a Abs5 BetriebshilfeG, welcher darauf abstellt, daß keine aufrechte Ehe besteht, anzuwenden hätte.

Aufhebung des Wortes "weibliche" im Eingangssatz des §1 Abs1 BetriebshilfeG, BGBl 359/1982, des Wortes "weiblichen" in §1 Abs3 BetriebshilfeG idF BGBl 646/1989 und der Worte "die Mutter" in §4a Abs1 BetriebshilfeG idF BGBl 408/1990.

Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Worte "Mütter" im ersten Satz des §4a Abs4 BetriebshilfeG idF BGBl 22/1994.

Das Gesetz erleichtert der Gruppe der nach §1 BetriebshilfeG anspruchsberechtigten Frauen durch die Gewährung einer Geldleistung in Gestalt der Teilzeitbeihilfe, die in der Höhe des halben Karenzurlaubsgeldes nach dem AlVG gebührt, für einen Zeitraum von maximal zwei Jahren die Unterbrechung ihrer Berufstätigkeit zum Zwecke der Betreuung des Kindes, schließt aber gleichzeitig und völlig undifferenziert alle Personen männlichen Geschlechts vom Empfang der Teilzeitbeihilfe aus. Ein sachlicher Grund für diese allein nach dem Geschlecht getroffene Unterscheidung ist nicht erkennbar, insbesondere auch deshalb nicht, weil die Teilzeitbeihilfe von ihrer rechtspolitischen Zielsetzung her dem Karenzurlaubsgeld nach dem AlVG entspricht, welches - nicht zuletzt auch im Interesse berufstätiger Mütter - auch von Vätern in Anspruch genommen werden kann (§26a und §31a AlVG).

Zur Herstellung einer verfassungsmäßigen Rechtslage ist es nicht erforderlich, die zulässig bekämpften Vorschriften zur Gänze aufzuheben. Es genügt vielmehr, allein die unmittelbar eine Differenzierung nach dem Geschlecht bewirkenden Wendungen und Wortfolgen aus dem Rechtsbestand zu beseitigen. In §4a Abs1 hinterläßt die Entfernung der Worte "die Mutter" zwar einen unvollständigen Halbsatz, doch bleibt der Satz im Zusammenhalt mit den Gründen der Aufhebung gerade noch verständlich (zumal schon der Gesetzgeber - sprachlich unzulänglich - die Einzahl auf die Mehrzahl folgen ließ), weshalb sich die Aufhebung der anspruchsbegründenden Norm vermeiden läßt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, Betriebshilfe, Arbeitslosenversicherung, VfGH / Verwerfungsumfang, geschlechtsspezifische Differenzierungen, Gleichheit Frau-Mann

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:G130.1996

Dokumentnummer

JFR_10028790_96G00130_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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