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L7 WirtschaftsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die zwangsweise Einräumung der Dienstbarkeit der Führung einer Starkstromleitung über Grundstücke der Erstbeschwerdeführerin; Beschwerdelegitimation auch ihrer Rechtsnachfolger; kein unverhältnismäßiger Eigentumseingriff durch die Regelung über die Bestellung von Dienstbarkeiten an unbeweglichen Sachen im Wege der Enteignung im Oö StarkstromwegeGRechtssatz
Obwohl der angefochtene Bescheid nur an die Erstbeschwerdeführerin gerichtet ist, so ist er doch kraft der dinglichen Wirkung der Einräumung eines Dienstbarkeitsrechtes (vgl. §308 ABGB) geeignet, in die Rechtsposition der Rechtsnachfolger im Eigentum an den von der Enteignung betroffenen Liegenschaften einzugreifen. Die Rechtsnachfolger im Eigentum sind daher ebenso wie die Erstbeschwerdeführerin als weiterhin dinglich Berechtigte zur Beschwerdeführung legitimiert.
Die Einräumung der Dienstbarkeit einer Leitung über ein fremdes Grundstück ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als Einräumung von Zwangsrechten und damit als Enteignung anzusehen (vgl. VfSlg. 7145/1973 und 10.236/1984).
Eine Enteignung ist nur dann verfassungsrechtlich erlaubt, wenn und soweit es notwendig ist, Privatrechte zu entziehen, um einem Gebot des allgemeinen Besten zu entsprechen. Es muß demnach ein konkreter Bedarf vorliegen, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liegt, es muß weiter das Objekt der Enteignung überhaupt geeignet sein, diesen Bedarf unmittelbar zu decken, und es muß schließlich unmöglich sein, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken (VfSlg. 9763/1983, 10.236/1984).
Allen im Oö StarkstromwegeG vorgesehenen Eingriffen in fremdes Eigentum gemeinsam ist die Tatsache, daß sowohl die bloßen Leitungsrechte als auch die Enteignung nur zugunsten einer konkreten elektrischen Leitungsanlage für Starkstrom eingeräumt werden können, wobei die Bau- und Betriebsbewilligung für eine solche Leitungsanlage ua. nur dann zu erteilen ist, wenn die elektrische Leitungsanlage dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung oder eines Teiles derselben mit elektrischer Energie nicht widerspricht.
Dienstbarkeiten im Wege der Enteignung dürfen erst dann bestellt werden, wenn mit bloßen Leitungsrechten nicht das Auslangen gefunden werden kann.
Die Regelung des §18 Oö StarkstromwegeG über die Bestellung von Dienstbarkeiten an unbeweglichen Sachen zugunsten von elektrischen Leitungsanlagen im Wege der Enteignung sieht keinen unverhältnismäßigen Eigentumseingriff vor.
Keine Verletzung im Gleichheits- und im Eigentumsrecht.
Die belangte Behörde hat sich bei der Beurteilung der Frage, ob der dauernde Bestand der Leitungsanlage die Enteignung erfordert, - soweit diese Frage nicht bereits durch den Bescheid über die elektrizitätsrechtliche Bau- und Betriebsbewilligung präjudiziert ist - auf das Gutachten eines Sachverständigen gestützt, das diese Frage im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der Leitungsanlage für die öffentliche Versorgung des Mühlviertels mit elektrischer Energie einerseits und der unverhältnismäßigen Kosten einer etwaigen Verlegung der Leitungsanlage bejaht hat.
Die behaupteten Verfahrensmängel (unschlüssiges Gutachten, lückenlose Übernahme des Gutachtens, kein Eingehen auf die Frage der tatsächlichen Kosten einer allfälligen Verlegung der Leitungsanlage) bedeuteten - selbst wenn sie vorlägen - kein willkürliches Verhalten der Behörde.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Enteignung, Energierecht, Elektrizitätswesen, Servituten, SachverständigeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B1961.1996Dokumentnummer
JFR_10028790_96B01961_01