TE Vfgh Beschluss 2005/3/4 B129/05

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Veröffentlicht am 04.03.2005
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Index

L1 Gemeinderecht
L1000 Gemeindeordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Krnt Allgemeine GemeindeO 1998 §34, §69
VfGG §18

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde einer Gemeinde mangels innerhalb der Beschwerdefrist gefassten Beschlusses des nach der Krnt Allgemeinen Gemeindeordnung hiefür zuständigen Gemeinderates; Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde nicht als "laufende Verwaltung" im Aufgabenbereich des Bürgermeisters

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Eventualantrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Die vorliegende, am 26. Jänner 2005 zur Post gegebene und auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde einer Gemeinde richtet sich gegen einen - gemäß dem Beschwerdevorbringen - jedenfalls nach dem 15. Dezember 2004 der Gemeinde zugestellten Bescheid.

2. Gemäß §34 Abs2 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung, Kärntner LGBl. Nr. 66/1998 (WV) idF LGBl. Nr. 46/2004 (im Folgenden kurz: AGO), obliegen dem Gemeinderat "alle Aufgaben, die ihm durch Gesetz übertragen sind, und alle nichtbehördlichen Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches, die durch Gesetz nicht einem anderen Organ übertragen sind". Zur zweiten Fallgruppe zählt auch die Erhebung einer Beschwerde nach Art144 B-VG beim Verfassungsgerichtshof (idS bereits Steiner/Lora/Kowatsch, Die allgemeine Gemeindeordnung und ihre Durchführungsverordnungen [1967] 82, zur gleichlautenden Vorgängerbestimmung [§35 Abs2]; ferner Sturm/Havranek, Kärntner Allgemeine Gemeindeordnung² [1998] §34 Rz 4).

Da aus der Beschwerde nicht hervorging, ob ihre Einbringung auf einen entsprechenden Beschluss des Gemeinderates beruht, forderte der Verfassungsgerichtshof die beschwerdeführende Gemeinde unter Androhung von Säumnisfolgen auf, innerhalb von vier Wochen den Nachweis des Beschlusses durch einen diesbezüglichen Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des zuständigen Gemeindeorgans vorzulegen.

3. Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2005 brachte die beschwerdeführende Gemeinde Folgendes vor:

"Die Beschwerdeführerin erlaubt sich darauf hinzuweisen, dass für die Einbringung der gegenständlichen Beschwerde ein Gemeinderatsbeschluss nicht vorliegt, ein solcher aber auch nicht erforderlich ist.

Die Beschwerdeführerin ist im gegenständlichen Fall als Bergwerksberechtigte und Betreiberin eines Schaubergwerks rein privatwirtschaftlich tätig.

Gemäß §69 Abs3 allgemeine Kärntner Gemeindeordnung obliegen dem Bürgermeister alle behördlichen Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches, die durch Gesetz nicht einem anderen Organ übertragen sind. In den Angelegenheiten der Verwaltung der Gemeinde als Wirtschaftskörper hat der Bürgermeister die laufende Verwaltung zu führen und dem Gemeinderat darüber zu berichten. Im gegenständlichen Fall handelt es sich um die Verwaltung der Gemeinde als Wirtschaftskörper, wenn rein privatwirtschaftlich ein Schaubergwerk bzw. ein Heilstollen betrieben wird, sodass auch für die Entscheidung zur Beschwerdeerhebung nur der Bürgermeister zuständig ist."

4. Die Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinde, dass zur Erhebung einer Verfassungsgerichtsbeschwerde ein Gemeinderatsbeschluss nicht erforderlich sei, ist verfehlt:

§69 Abs2 und 3 AGO lauten:

"§69.

...

(2) Dem Bürgermeister obliegen alle Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches, die ihm durch Gesetz übertragen sind.

(3) Dem Bürgermeister obliegen ferner alle behördlichen Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches, die durch Gesetz nicht einem anderen Organ übertragen sind. In den Angelegenheiten der Verwaltung der Gemeinde als Wirtschaftskörper hat der Bürgermeister die laufende Verwaltung zu führen und dem Gemeinderat darüber zu berichten."

Wenn dem Gemeinderat alle nichtbehördlichen Aufgaben gemäß §34 Abs2 AGO vorbehalten sind, die nicht einem anderen Organ übertragen sind, so ist ihrem Aufgabenbereich die laufende Verwaltung in Angelegenheiten der Gemeinde als Wirtschaftskörper - durch deren Zuweisung an den Bürgermeister nach §69 Abs3 zweiter Satz AGO - entzogen.

Unter "laufender Verwaltung" in Belangen der Gemeinde als Wirtschaftskörper kann jedoch "nur die Besorgung der regelmäßig vorkommenden Verwaltungsaufgaben der Gemeinde verstanden werden", wie insb. die Auszahlung von Gehältern an Gemeindebedienstete, die Aufnahme von vorübergehend benötigten Bediensteten, die Auszahlung von Reisekosten oder die Beschaffung notwendiger Kanzleierfordernisse (Sturm/Havranek, aaO. §69 Rz 6 f. mit Rechtsprechungshinweisen; siehe ferner Steiner/Lora/Kowatsch aaO. 118). Nicht zur laufenden Verwaltung zählt nach verfassungsgerichtlicher Judikatur hingegen die Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde; eine solche gehört dem Aufgabenbereich des Gemeinderates an und setzt daher den Beschluss des Gemeinderates voraus (VfSlg. 13.792/1994; vgl. ferner ausführlich Sturm/Havranek, aaO. §69 Rz 3). Dass der Bürgermeister die Beschwerde gemäß §73 AGO aus Gründen dringlicher Notwendigkeit zur Abwendung eines Nachteils für die Gemeinde erhoben hätte, wurde von der beschwerdeführenden Gemeinde nicht behauptet.

Die beschwerdeführende Gemeinde teilte in ihrem Schriftsatz vom 14. Februar 2005 mit, dass ein entsprechender Gemeinderatsbeschluss für die Einbringung der vorliegenden Beschwerde bislang nicht gefasst worden sei. Da nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Beschwerde nach Art144 B-VG ein innerhalb der Beschwerdefrist gefasster Beschluss des dafür zuständigen Gemeinderates zugrunde zu liegen hat (VfSlg. 10.646/1985, 13.792/1994, 14.583/1996, 15.563/1999 sowie zuletzt VfGH 8.6.2004, B70/04), war auf das Ersuchen der beschwerdeführenden Gemeinde auf Fristverlängerung zur nachträglichen Fassung eines Gemeinderatsbeschlusses nicht mehr einzugehen und die vorliegende Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

5. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten, war abzuweisen, da eine solche Abtretung nur im Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Beschwerdebehandlung in Betracht kommt.

Im Hinblick auf das vorliegende Verfahrensergebnis erübrigt sich das Eingehen auf den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

6. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litc und e VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Gemeinderecht, Bürgermeister, Vertretung nach außen, VfGH / Legitimation, VfGH / Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:B129.2005

Dokumentnummer

JFT_09949696_05B00129_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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