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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §85 Abs2Leitsatz
Abweisung der Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung; Vollzugstauglichkeit eines Feststellungsbescheides nach dem Assoziationsratsbeschluß EWG-Türkei Nr 1/80; keine Verhinderung der Wiederaufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit durch den angefochtenen Bescheid; andere negative Rechtswirkungen nicht geltend gemacht; Voraussetzungen für eine aufgrund des Gemeinschaftsrechts zu erlassende einstweilige Anordnung nach der Judikatur des EuGH nicht gegebenRechtssatz
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Beschluß vom 21.10.97, AW 97/09/0070-3, ausgesprochen, daß ein den Antrag auf Feststellung der Assoziationsintegration iSd Art6 Abs1 letzter Fall des Assoziationsratsbeschlusses EWG-Türkei Nr 1/80 abweisender Bescheid insofern einem Vollzug zugänglich ist, als durch ihn auf eine andere Verwaltungsbehörden bindende Weise ausgesprochen wird, daß diese Voraussetzung im Fall der betroffenen Person nicht gegeben ist.
Der Verfassungsgerichtshof schließt sich dieser Auffassung grundsätzlich an; sie gilt mutatis mutandis auch für die von ihm zu beurteilende Vollzugstauglichkeit iSd §85 Abs2 VfGG.
Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten (negativen) Rechtswirkungen (Verhinderung der Wiederaufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit) entfaltet der bekämpfte Bescheid nicht (vgl. VwGH 21.10.97, AW 97/09/0070-3). In welcher anderen Weise seine Vollziehung aber die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin unverhältnismäßig beeinträchtigen könnte, wird in der Beschwerde nicht dargetan.
Keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Erlassung einer einstweiligen Anordnung aufgrund innerstaatlichen Rechts.
Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. insbesondere in Rs Zuckerfabriken Süderdithmarschen und Soest) kommt die Erlassung einer einstweiligen Anordnung nur in Betracht, sofern bestimmte Voraussetzungen, wie eine besondere Dringlichkeit im Hinblick auf die zu schützenden Rechtspositionen gegeben sind und erhebliche Zweifel an der Gültigkeit von Gemeinschaftsrechtsvorschriften oder deren Auslegung obwalten, wenn also der von der Partei eingenommene Rechtsstandpunkt nach vorläufiger Beurteilung einige Erfolgswahrscheinlichkeit für sich hat. Dies wird im Regelfall die Erlassung einer einstweiligen Anordnung nur im Zusammenhang mit einer vor Entscheidung in der Hauptsache erforderlichen Befassung des Europäischen Gerichtshofes nach Art177 EG-Vertrag erlauben.
Im vorliegenden Verfahren geht es aber nicht um die (vorläufige) Sicherung eines sich für die Beschwerdeführerin aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts ergebenden Rechtes (worauf es nach dem Urteil des EuGH in der Rs Factortame ankommt), dessen Verletzung der Verfassungsgerichtshof wahrzunehmen hätte, weshalb auch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht zu erwarten ist.
Das Beschwerdevorbringen (Verstoß des angefochtenen Bescheides gegen den Assoziationsratsbeschluß EWG-Türkei Nr 1/80) ist bloß dazu angetan, die Rechtmäßigkeit der Abweisung des Feststellungsbegehrens in Zweifel zu ziehen; sie wirft damit bloß Fragen auf, die im Rahmen der zwischen dem Verfassungsgerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof geteilten Zuständigkeit zur Prüfung von Verwaltungsakten dem Verwaltungsgerichtshof zur Klärung übertragen sind (vgl. VfGH 26.06.97, B877/96).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung, EU-Recht, VfGH / Wirkung aufschiebende, VfGH / Verfügung einstweiligeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B2672.1997Dokumentnummer
JFR_10028789_97B02672_01