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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Feststellung einer Verletzung im Recht auf Entscheidung innerhalbangemessener Frist durch überlange Verfahrensdauer in einemDisziplinarverfahren gegen einen Rechtsanwalt wegen Verletzung vonBerufs- und Standespflichten in Zusammenhang mit einerFirmenbucheintragung; im Übrigen Abweisung der Beschwerde; keineVerletzung des Klarheitsgebotes und von Verteidigungsrechten; keineVerjährungSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer gesetzwidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Beschluss des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammerrömisch eins. 1. Mit Beschluss des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer
Wien vom 6. Juli 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien vom 15. Oktober 2004 betreffend ein Disziplinarverfahren, das beim Verfassungsgerichtshof zu B1381/07 anhängig ist, in drei Punkten zu berichtigen bzw. zu ergänzen, abgewiesen.
2. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im Folgenden: OBDK) vom 12. Dezember 2006 keine Folge gegeben.
3. Gegen diesen als Bescheid zu wertenden Beschluss der OBDK richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte gemäß Art7 B-VG sowie Art6 EMRK geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides.
4. Die OBDK legte die Verwaltungsakten vor und erstattete keine Gegenschrift.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:römisch II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften werden in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens auch nicht entstanden.
Der Beschwerdeführer wurde daher durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.
2.1. Unter den Titeln der Art7 B-VG und Art6 EMRK behauptet der Beschwerdeführer, der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien hätte die zu seinen Gunsten sprechenden Umstände berücksichtigen und die von ihm beantragten Beweise hinsichtlich der Unrichtigkeit der Niederschrift aufnehmen und erheben müssen. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde den Beschwerdeführer einvernehmen müssen. Die Beweiswürdigung sei unzureichend erfolgt.
2.2. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).
Derartiges kann der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden: Sie hat sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und ein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Der bekämpfte Bescheid ist ausführlich begründet und die Beweiswürdigung ist schlüssig.
Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art6 EMRK rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass der EGMR nur darauf abstellt, ob das Verfahren insgesamt fair war (vgl. auch EKMR 30.6.1993, ÖJZ 1994, 137; sowie jüngst EGMR 16.11.2006, Fall Klimentyev, Appl. 46.503/99; EGMR 9.1.2007, Fall Gossa, Appl. 47.986/99). Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art6 EMRK rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass der EGMR nur darauf abstellt, ob das Verfahren insgesamt fair war vergleiche auch EKMR 30.6.1993, ÖJZ 1994, 137; sowie jüngst EGMR 16.11.2006, Fall Klimentyev, Appl. 46.503/99; EGMR 9.1.2007, Fall Gossa, Appl. 47.986/99).
Der belangten Behörde kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Einvernahme des Beschwerdeführers unterließ, weil sie seine Aussage zur Feststellung des Sachverhalts für nicht notwendig erachtete, zumal "der Sachausgang unter Zugrundelegung der von Dr. F reklamierten Verfahrensabläufe [nicht] entscheidend zu seinen Gunsten beeinflusst werde".
Des Weiteren geht die belangte Behörde davon aus, der Beschwerdeführer hätte die - seiner Meinung nach unrichtige - Protokollierung bereits in der Verhandlung vor dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien geltend machen können. Darüber hinaus habe er nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, in der Verhandlung die Verlesung von seiner Meinung nach notwendigen Aktenteilen zu beantragen. Der Verfassungsgerichtshof vermag auch in dieser Beurteilung keine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes zu erblicken.
Der Beschwerdeführer wurde daher weder in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz noch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren verletzt.
3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.
Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003). Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann vergleiche zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Rechtsanwälte, Disziplinarrecht, Verfahrensdauer überlange,Entscheidung in angemessener Zeit, Klarheitsgebot, fair trial,VerjährungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:B1382.2007Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010