TE Vfgh Beschluss 2005/3/4 V26/04 ua

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Veröffentlicht am 04.03.2005
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7400 Fremdenverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Tir TourismusG 1991 §1, §3
Verordnung der Tir Landesregierung vom 09.12.03, LGBl 118/2003, betreffend Änderung der Verordnung über die Errichtung des Tourismusverbandes Lienzer Dolomiten ArtI §1

Leitsatz

Zurückweisung der Individualanträge eines Tourismusverbandes sowie dessen ehemaligen Obmanns auf Aufhebung einer Verordnungsbestimmung betreffend Eingliederung des Verbandes in einen anderen Tourismusverband mangels Legitimation; keine Bedenken gegen die die rechtliche Existenz des antragstellenden Tourismusverbandes beseitigende Verordnung sowie die der Verordnung zu Grunde liegenden Bestimmungen des Tir TourismusG 1991

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Mit ArtI der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 9. Dezember 2003, LGBl. 118/2003, wurde auf Grund des §3 des Tiroler Tourismusgesetzes 1991 (in der Folge: Tiroler TourismusG), LGBl. 24, die Verordnung über die Errichtung des Tourismusverbandes Lienzer Dolomiten, LGBl. 100/1991, dahingehend geändert, dass (u.a.) die Marktgemeinde Nussdorf-Debant, für deren Gebiet zuvor ein eigener Tourismusverband existierte, dem Tourismusverband Lienzer Dolomiten eingegliedert wurde. Diese Änderung trat mit 1. Jänner 2004 in Kraft.

Art I §1 der Verordnung, LGBl. 118/2003, hat nachstehenden Wortlaut:

"§1

Für das Gebiet der Stadtgemeinde Lienz, der Marktgemeinde Nussdorf-Debant und der Gemeinde Ainet, Amlach, Assling, Dölsach, Gaimberg, Iselsberg-Stronach, Lavant, Leisach, Nikolsdorf, Oberlienz, Schlaiten, Thurn und Tristach wird ein Tourismusverband errichtet. Der Tourismusverband trägt den Namen 'Lienzer Dolomiten' und hat seinen Sitz in Lienz."

Die wesentlichen Bestimmungen des Tiroler Tourismusgesetzes, LGBl. 24/1991, lauten wie folgt:

"§1

Errichtung

(1) Die Unternehmer (§2 Abs1) einer Gemeinde bilden einen Tourismusverband, soweit im Abs2 nichts anderes bestimmt ist. Die Tourismusverbände sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes.

(2) Die Landesregierung kann durch Verordnung

a) für das Gebiet einer Gemeinde mehrere Tourismusverbände oder

b) für das Gebiet mehrerer Gemeinden oder für Teilgebiete von Gemeinden oder für das Gebiet einer Gemeinde und ein Teilgebiet einer oder mehrerer Gemeinde(n) einen Tourismusverband errichten, soweit dies auf Grund der örtlichen, wirtschaftlichen, verkehrs- oder tourismusmäßigen Verhältnisse oder im Interesse der bestmöglichen Erfüllung der Aufgaben nach §4 Abs1 und 2 zur Schaffung leistungsfähiger Tourismusverbände erforderlich ist. Diese Voraussetzungen liegen insbesondere vor, wenn das Gebiet des zu errichtenden Tourismusverbandes eine natur- oder kulturräumliche Einheit bildet, im zu errichtenden Tourismusverband dessen Mitglieder und die Gäste besser betreut werden können oder die Vereinigung der Geschäftsstellen der zusammenzulegenden Tourismusverbände der Wirtschaftlichkeit dient. Tourismusverbände gelten jedenfalls als leistungsfähig, wenn in ihrem Gebiet jährlich mehr als 150.000 Gästenächtigungen zu erwarten sind.

(3) - (4) ...

§2

...

§3

Gebietsänderungen

(1) Die Landesregierung hat durch Verordnung das Gebiet eines nach §1 Abs2 errichteten Tourismusverbandes entsprechend zu ändern, wenn sich die bei der Errichtung des Tourismusverbandes maßgeblich gewesenen Verhältnisse geändert haben. Vor der Erlassung einer solchen Verordnung sind die betreffenden Gemeinden und die beteiligten Tourismusverbände zu hören. Das Inkrafttreten einer solchen Verordnung ist mit dem Beginn eines Kalenderjahres festzusetzen.

(2) - (3) ...

§4

Aufgaben

(1) Den Tourismusverbänden obliegen die Wahrung, Förderung und Vertretung der örtlichen Belange des Tourismus unter Bedachtnahme auf seine sozialen, kulturellen, ethischen und ökologischen Auswirkungen.

(2) Den Tourismusverbänden obliegen insbesondere:

a) die Erstellung sowie die laufende Entwicklung und Anpassung des örtlichen Tourismusleitbildes im Zusammenwirken mit der (den) Gemeinde(n), wobei die örtlichen Verhältnisse, die Bedürfnisse des Marktes und die ökologische Belastbarkeit des Gebietes des Tourismusverbandes sowie die Ziele der örtlichen und der überörtlichen Raumordnung zu berücksichtigen sind;

b) die Förderung des Verständnisses für die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Tourismus;

c) die Unterstützung und Koordinierung der Tätigkeiten der Mitglieder und der öffentlichen Einrichtungen bei der Gestaltung eines marktgerechten Angebotes;

d) das touristische Marketing, insbesondere Marktforschung, Angebotsgestaltung, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit, Verkaufsförderung, Vertrieb sowie die laufende Überprüfung der Marketingmaßnahmen auf deren Erfolg;

e) sonstige Maßnahmen der Gästebetreuung, soweit sie nicht zweckmäßigerweise in regionaler Zusammenarbeit durchzuführen sind;

f) die Weiterbildung der Mitglieder, der Funktionäre und der Bediensteten des Tourismusverbandes;

g) die Erstattung von Vorschlägen zur Führung und Ausgestaltung von Tourismuseinrichtungen;

h) Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der sozialen, kulturellen, ethischen und ökologischen Grundlagen des Tourismus;

i) die Führung einer leistungsfähigen Geschäftsstelle als Einrichtung zur Betreuung der Mitglieder und der Gäste.

(3) Tourismusverbände dürfen nur dann eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit ausüben oder sich an einem erwerbswirtschaftlichen Unternehmen beteiligen, wenn

a) dies zur Erfüllung der Aufgaben des Tourismusverbandes zweckmäßig ist;

b) die Aufgaben nicht besser durch andere, insbesondere durch Private, besorgt werden können und

c) das finanzielle Wagnis in einem angemessenen Verhältnis zur erwarteten durchschnittlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Tourismusverbandes steht."

Die Aufgaben des Vorstandes bzw. des Obmannes eines Tourismusverbandes werden in §§16 bzw. 18 leg.cit. - auszugsweise - wie folgt festgelegt:

"§16

Aufgaben und Geschäftsgang des Vorstandes

(1) Dem Vorstand obliegt neben den ihm in diesem Gesetz sonst noch zugewiesenen Aufgaben die Besorgung aller Angelegenheiten, die nicht der Vollversammlung, dem Aufsichtsrat oder dem Obmann vorbehalten sind.

(2) - (6) ...

§18

Obmann

(1) Der Obmann ist der Leiter der gesamten Verwaltung des Tourismusverbandes. Ihm obliegen neben den ihm in diesem Gesetz sonst noch zugewiesenen Angelegenheiten folgende Aufgaben:

a) die Einberufung der Vollversammlung und des Vorstandes;

b) der Vorsitz in der Vollversammlung und im Vorstand;

c) die Vollziehung der Beschlüsse der Vollversammlung, des Aufsichtsrates und des Vorstandes sowie die Besorgung aller zur laufenden Geschäftsführung gehörenden Angelegenheiten;

d) die Vertretung des Tourismusverbandes nach außen; in Angelegenheiten, in denen die Beschlußfassung der Vollversammlung, dem Aufsichtsrat oder dem Vorstand obliegt, jedoch nur im Rahmen der entsprechenden Beschlüsse;

e) - g) ...

(2) Der Obmann ist berechtigt, die Aufgaben des Vorstandes einschließlich jener, die nach der Geschäftsverteilung einer kollegialen Beschlußfassung bedürfen, selbständig zu besorgen, wenn

a) die Bedeutung der Angelegenheit ein rasches Vorgehen erfordert und der Vorstand nicht rechtzeitig zusammentreten kann oder

b) der Vorstand trotz ordnungsgemäßer Einladung nicht beschlußfähig ist. ...

(3) - (4) ..."

II. 1. Gegen die Gesetzmäßigkeit dieser Verordnung wenden sich die Antragsteller - einerseits der Tourismusverband Nussdorf-Debant selbst, andererseits dessen Obmann - mit den vorliegenden, auf Art139 B-VG gestützten Anträgen, in denen sie die Aufhebung der Wortfolge "der Marktgemeinde Nussdorf-Debant" in ArtI der Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 9. Dezember 2003, LGBl. 118/2003, wegen Gesetzwidrigkeit beantragen.

2.1. Der Tourismusverband Nussdorf-Debant (vertreten durch seinen Obmann) begründet seine Antragslegitimation im Verfahren V27/04 damit, dass er mangels einer positiv-rechtlichen Anordnung über seine Auflösung nach wie vor rechtlich existiere. Selbst im gegenteiligen Fall bleibe die Zulässigkeit des Individualantrages aufrecht, da auf die für den Rechtsschutz von aufgelösten Gemeinden entwickelten Regeln zurückgegriffen werden müsse. Zwar gehe mit der Auflösung einer Gemeinde auch ihre Rechtspersönlichkeit unter und wäre ein Individualantrag dieser Gemeinde vom Verfassungsgerichtshof zurückzuweisen, doch habe der Gerichtshof im Rahmen des Verfahrens über die Zurückweisung jene Bestimmungen anzuwenden, die die Auflösung verfügten. Der Gerichtshof habe daher bei Normbedenken die Möglichkeit, ein amtswegiges Normenprüfungsverfahren einzuleiten.

In jedem Fall greife die angefochtene Verordnung unmittelbar in Rechtspositionen, und nicht bloß in wirtschaftliche Interessen des Antragstellers ein, da ihm alle Rechte und Pflichten, welche das Tiroler TourismusG den Tourismusverbänden einräumt, genommen würden. Dazu zählten insbesondere die in §4 Tiroler TourismusG genannten Aufgaben, die als subjektive Rechte eines Tourismusverbandes qualifiziert werden könnten.

2.2. Der Obmann des Tourismusverbandes Nussdorf-Debant bringt zu seiner Antragslegitimation im Verfahren V26/04 vor, die vorliegende Verordnung greife unmittelbar in seine Rechtssphäre ein, da er durch die Fusionierung des Tourismusverbandes Nussdorf-Debant mit dem Tourismusverband Lienzer Dolomiten seine Rechtsposition als Obmann des Tourismusverbandes Nussdorf-Debant verloren habe. Der Antragsteller könne daher die ihm als Obmann gem. §18 Tiroler TourismusG zugewiesenen Funktionen - auf deren Ausübung er ein subjektives Recht habe - nicht mehr wahrnehmen, obwohl seine Funktionsperiode über den 1. Jänner 2004 hinausreiche. Im Übrigen hält er seine Antragslegitimation auch aus den Gründen für gegeben, die im Fall V27/04 für die Antragslegitimation des Tourismusverbandes geltend gemacht werden.

2.3. In beiden Anträgen wird vorgebracht, dass der Eingriff für die Antragsteller unmittelbar durch die angefochtene Verordnungsbestimmung erfolge und ihnen auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung stehe, um die - durch die Rechtswidrigkeit der Norm bewirkte - Rechtsverletzung an den Verfassungsgerichtshof zur Überprüfung heranzutragen.

2.4.1. Zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmung führen die Antragsteller - im Wesentlichen gleich lautend - zunächst aus, dass §3 Abs1 Tiroler TourismusG mangels hinreichender Determinierung verfassungswidrig sei. Der Gesetzgeber verzichte unter Bezugnahme auf eine Änderung der maßgeblichen Verhältnisse darauf, Kriterien anzugeben, die die Änderung der Sprengel der Tourismusverbände determinieren. Interpretiere man §3 Abs1 Tiroler TourismusG verfassungskonform, könne es sich bei den "maßgebliche[n] Verhältnissen" nur um solche handeln, die den Verordnungsgeber seinerzeit veranlasst hätten, den Sprengel eines Tourismusverbandes festzulegen und die in direktem Zusammenhang mit den Tätigkeiten (§4 Tiroler TourismusG) und der Organisation (§1 Abs2 Tiroler TourismusG) des Tourismusverbandes stünden. Ob eine Änderung der maßgeblichen Verhältnisse vorliege, müsse vom Verordnungsgeber im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens, das sich konkret mit den Verhältnissen in jedem einzelnen Tourismusverband auseinander zu setzen habe, plausibel gemacht werden. Dazu müssten für jeden einzelnen Tourismusverband die Aufgabenstruktur mit der Aufgabenerfüllung verglichen und allfällige Defizite festgestellt werden. In einem zweiten Schritt sei zu überprüfen, ob eine Optimierung der Aufgaben eines Tourismusverbandes zunächst durch verbandsinterne Reformen oder durch Kooperationen im Sinne des §5 Tiroler TourismusG möglich sei. Die Ermittlungen seien anhand konkreter Daten für den einzelnen Tourismusverband anzustellen. Keinesfalls reiche ein bloßer Hinweis auf das Dogma von der größeren Leistungsfähigkeit größerer Einheiten allein aus, um eine Fusionierung zu begründen.

Nur wenn eine konkrete Analyse der Leistungsfähigkeit des Tourismusverbandes Nussdorf-Debant ergeben hätte, dass die Funktionsfähigkeit sehr schlecht sei und durch eine Fusionierung mit einem anderen Tourismusverband zweifelsfrei verbessert werden könnte, wäre die angefochtene Verordnungsbestimmung rechtmäßig. Davon könne aber schon deshalb keine Rede sein, weil im Zuge des Verordnungsverfahrens auf die Einzelheiten und Besonderheiten des Tourismusverbandes Nussdorf-Debant gar nicht eingegangen worden sei und auch die durch eine Fusionierung erzielbaren Verbesserungen konkret nicht ermittelt worden seien.

2.4.2. Die angefochtene Verordnungsbestimmung verletzt nach Auffassung der Antragsteller auch den Gleichheitsgrundsatz, da der Verordnungsgeber von einer Gleichartigkeit der Aufgabenerfüllung und Organisationsstruktur der Tourismusverbände ausgegangen sei. Eine sachliche Rechtfertigung der Fusionierung könne sich - unter Bedachtnahme auf eine sparsame, wirtschaftliche und zweckmäßige Verwaltungsgebarung - aber nur aus einer Optimierung der Verwaltung und damit verbundener Kostensenkung ergeben. Dies treffe für den Tourismusverband Nussdorf-Debant nicht zu: Vielmehr habe dieser eine der sparsamsten Verwaltungen unter den Osttiroler Tourismusverbänden aufgewiesen, weshalb die Mitglieder mit nur vergleichsweise niedrigen Beiträgen belastet worden wären. Durch die Zwangsfusionierung werde der Verband gezwungen, sich an Aktivitäten zu beteiligen, welche für ihn ohne jeglichen Gewinn seien, welche aber mitfinanziert werden müssten, was zu einer zwangsweisen Erhöhung der bisher sehr niedrigen Mitgliedsbeiträge und zu einer Benachteiligung gegenüber den Salzburger und Kärntner Tourismusbetrieben führe, die günstiger kalkulieren könnten. Hier habe der Verordnungsgeber Ungleiches gleich behandelt, indem er Tourismusverbände, die auf unterschiedliche touristische Anforderungen zu reagieren hätten, gleichgeschaltet habe.

Die Fusionierung verfolge offensichtlich das Ziel, den hochverschuldeten Tourismusverband Lienzer Dolomiten durch die Hereinnahme des wirtschaftlich gesunden Tourismusverbandes Nussdorf-Debant finanziell zu entlasten. Dafür biete §3 Abs1 Tiroler TourismusG keine Grundlage.

3. Die Tiroler Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurückweisung der Anträge begehrt. Die Antragslegitimation des Tourismusverbandes Nussdorf-Debant sei nicht gegeben, da das Einbringen eines Individualantrages das Bestehen der Rechtspersönlichkeit des Antragstellers voraussetze. Die Rechtspersönlichkeit des Tourismusverbandes Nussdorf-Debant sei aber mit Inkrafttreten der Verordnung, LGBl. 118/2003, am 1. Jänner 2004 untergegangen.

Aber auch die Antragslegitimation des Obmannes sei zu verneinen. Selbst wenn der Verfassungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung die Beschwerdelegitimation von ehemaligen Mitgliedern des Gemeinderates aufgelöster Gemeinden bejaht habe, sei diese Rechtsprechung nicht auf Tourismusverbände übertragbar,

"weil die Gemeinde als Gebietskörperschaft im B-VG institutionell vorgesehen ist und durch einen landesgesetzlich oder im Wege der Vollziehung bewirkten Untergang einer Gemeinde in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte (auf Beibehaltung und Ausübung der Gemeinderatsmandate während der gesamten Funktionsperiode als Teil des passiven Wahlrechts [Art117 Abs2 B-VG]) eingegriffen wird, was aber bei sonstigen Körperschaften öffentlichen Rechts nicht der Fall ist".

Darüber hinaus sei der Obmann des Tourismusverbandes Nussdorf-Debant als Organ nicht zur Einbringung eines Individualantrages legitimiert, da ihm nach §18 Abs1 Tiroler TourismusG u.a. nur die Besorgung aller zur laufenden Geschäftsführung gehörenden Angelegenheiten sowie eine beschränkte Vertretungsbefugnis nach außen zukomme. Die Willensbildung und Vertretung in der Frage, ob die angefochtene Verordnung bekämpft werden solle, sei keine Aufgabe der allgemeinen Geschäftsführung und damit keine Aufgabe des Obmannes. Da der Vorstand des Tourismusverbandes gem. §16 Abs1 leg.cit. (subsidiär) zur Besorgung aller Angelegenheiten zuständig sei, die nicht der Vollversammlung oder dem Obmann vorbehalten seien, sei vielmehr dieser zuständig.

Für den Fall der Zulässigkeit der Anträge begehrt die Tiroler Landesregierung deren Abweisung. Der Tourismusverband Nussdorf-Debant könne auf Grund seiner geringen Mitgliederzahl, seiner schwachen Finanzkraft und bei nur 8.889 Nächtigungen pro Jahr nicht als leistungsfähig iSd §§1 Abs2 litb, 4 Abs1 und 2 und 19 Abs1 des Tiroler TourismusG angesehen werden. Seine Einbeziehung in den Tourismusverband Lienzer Dolomiten erscheine daher nicht nur aus topografischen, sondern auch aus wirtschaftlichen, verkehrs- und tourismusmäßigen Gründen als geboten. Auch sei eine sukzessive Änderung der maßgeblichen Verhältnisse iSd §3 Abs1 Tiroler TourismusG eingetreten: Es entspreche den Anforderungen der Reiseveranstalter, regional ausgerichtete Verbandsstrukturen zu schaffen. Durch die Schaffung größerer Tourismusverbände werde die Verbandsstruktur in Zukunft verbessert. Auch der Gerichtshof habe akzeptiert, dass es in Zusammenhang mit Strukturbereinigungsmaßnahmen in Einzelfällen zu Härten kommen könne.

4. Der Antragsteller zu V26/04 replizierte auf die Äußerung der Tiroler Landesregierung.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Anträge, die er in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden hat, erwogen:

Die Anträge sind im Ergebnis unzulässig.

1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Anfechtungsberechtigt ist also von vornherein nur jemand, an oder gegen den sich die angefochtene Norm wendet (Normadressat; VfSlg. 8060/1977, 8757/1980, 10.096/1984, 14.321/1995, 15.127/1998).

2.1. Zu V27/04: Der Tourismusverband Nussdorf-Debant hatte seine Rechtsgrundlage unmittelbar in ArtI Z5 LGBl. 16/1991 (nunmehr §1 Abs1 Tiroler TourismusG in der wiederverlautbarten Fassung, LGBl. 24/1991). Mit §1 der Verordnung LGBl. 118/2003, die am 1. Jänner 2004 in Kraft getreten ist, wurde für das Gebiet der Stadtgemeinde Lienz, der Marktgemeinde Nussdorf-Debant u.a. der Tourismusverband Lienzer Dolomiten errichtet. Mit Ablauf des 31. Dezember 2003 hat daher der bisher bestehende Tourismusverband Nussdorf-Debant seine - eigenständige - rechtliche Existenz verloren; der Aufhebung einer früheren Verordnung bedurfte es in diesem Fall nicht.

2.1.1. Der Gerichtshof hegt keine Zweifel daran, dass eine Verordnungsbestimmung, die im Ergebnis dazu führt, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts ihre Existenz verliert, ohne dass es hiezu eines Bescheides bedürfte, in die Rechtssphäre dieser juristischen Person unmittelbar eingreift und sie im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit verletzen würde.

2.1.2. Was hingegen den Umstand betrifft, dass der antragstellende Verband mit Ablauf des 31. Dezember 2003 seine rechtliche Existenz verloren hat, ist Folgendes zu erwägen:

Wie der Gerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 6697/1972 - in Hinblick auf die Beschwerde gem. Art144 B-VG einer durch Zusammenlegung untergegangenen Marktgemeinde - ausgesprochen hat, kann der Gerichtshof jedenfalls dann nicht mehr meritorisch entscheiden,

"wenn im Zeitpunkt der Entscheidung weder der Beschwerdeführer selbst rechtlich existent, noch auch ein Rechtsträger vorhanden ist, der die Rechtspersönlichkeit des inzwischen untergegangenen Beschwerdeführers in Ansehung jener Rechte fortsetzt, deren Verletzung in der Beschwerde geltend gemacht worden ist. ... Weil Rechte jeglicher Art nur einer existenten Rechtsperson zukommen können, bestünde in diesem Fall aber auch nicht die Möglichkeit, dass irgendwelche anderen Rechte der beschwerdeführenden Gemeinde verletzt worden sind".

Der Gerichtshof fährt im zitierten Erkenntnis allerdings fort, dass er im Fall von Bedenken gegen die den Zusammenschluss der Gemeinden verfügende Norm verpflichtet wäre, ein amtswegiges Normenprüfungsverfahren einzuleiten und die angefochtene Norm aufzuheben, sofern sie sich als verfassungswidrig erweise. Er führt weiter aus:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes würde diese Aufhebung auf den vorliegenden Beschwerdefall zurückwirken, d.h. der Gerichtshof dürfte seiner Entscheidung über die Beschwerde der Gemeinde M. die aufgehobenen Bestimmungen des Nö. KStrVG. nicht zugrunde legen. ... Die beschwerdeführende Gemeinde hätte dann als eigene Gemeinde nicht zu bestehen aufgehört, sie wäre als Rechtsperson existent, und es müßte über ihre Beschwerde meritorisch entschieden werden. Alle Argumente, die die Beschwerde gegen die Verfassungsmäßigkeit der hier präjudiziellen Stellen des Nö. KStrVG. ins Treffen führt, sind danach schon für die Frage bedeutsam, ob die Beschwerde heute noch zulässig ist, und nicht erst dafür, ob sie begründet ist."

Auch im Fall eines Individualantrages nach Art139 B-VG, der sich gegen eine Verordnung richtet, die die rechtliche Existenz des Antragstellers unmittelbar (ohne Dazwischentreten eines Bescheides) beseitigt hat, ist davon auszugehen, dass die Antragslegitimation davon abhängt, ob diese Verordnung gesetzmäßig zustandegekommen ist. Andernfalls hätte eine Person, deren rechtliche Existenz durch eine generelle Norm beseitigt wird, gerade gegen diesen Akt keinerlei Rechtsschutz, ein Ergebnis, das dem Rechtsschutzkonzept der Bundesverfassung nicht zu unterstellen ist. Der Gerichtshof hat daher auch in diesem Fall bereits im Stadium der Zulässigkeitsprüfung auf die Bedenken gegen die angefochtene Norm einzugehen.

2.1.3. Der Antragsteller behauptet zunächst die Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlage (§3 Abs1 Tiroler TourismusG) der angefochtenen Verordnung wegen unzureichender Determinierung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes ist aus Art18 Abs1 B-VG das an den Gesetzgeber gerichtete Gebot abzuleiten, das verwaltungsbehördliche Handeln in einem solchen Maße zu determinieren, dass die Übereinstimmung der Verwaltungsakte mit dem Gesetz überprüft werden kann (vgl. z.B. VfSlg. 5923/1969, 8203/1977). Der Verfassungsgerichtshof hat aber auch ausgesprochen, dass angesichts der unterschiedlichen Lebensgebiete, Sachverhalte und Rechtsfolgen, die Gegenstand und Inhalt gesetzlicher Regelung sein können, ganz allgemein davon auszugehen sei, dass Art18 B-VG einen dem jeweiligen Regelungsgegenstand adäquaten Determinierungsgrad verlangt (VfSlg. 13.785/1994).

2.1.4. Gemäß §1 Abs2 Tiroler TourismusG kann die Landesregierung durch Verordnung für das Gebiet einer Gemeinde mehrere Tourismusverbände oder für das Gebiet mehrerer Gemeinden einen Tourismusverband errichten, soweit dies auf Grund der örtlichen, wirtschaftlichen, verkehrs- oder tourismusmäßigen Verhältnisse oder im Interesse der bestmöglichen Erfüllung der Aufgaben nach §4 Abs1 und 2 leg.cit. zur Schaffung leistungsfähiger Tourismusverbände erforderlich ist. Nach §1 Abs2 leg.cit. liegen diese Voraussetzungen insbesondere vor, wenn das Gebiet des zu errichtenden Tourismusverbandes eine natur- oder kulturräumliche Einheit bildet, im zu errichtenden Tourismusverband dessen Mitglieder und die Gäste besser betreut werden können oder die Vereinigung der Geschäftsstellen der zusammenzulegenden Tourismusverbände der Wirtschaftlichkeit dient. "Tourismusverbände gelten jedenfalls als leistungsfähig, wenn in ihrem Gebiet jährlich mehr als 150.000 Gästenächtigungen zu erwarten sind." Eine solche Bestimmung enthält jedenfalls hinreichende Kriterien für den Verordnungsgeber hinsichtlich der Errichtung von Tourismusverbänden.

Gemäß §3 Abs1 Tiroler TourismusG hat die Landesregierung durch Verordnung das Gebiet eines Tourismusverbandes zu ändern, sofern sich die bei der Errichtung des Tourismusverbandes "maßgeblich gewesenen Verhältnisse" geändert haben. Bedenken gegen die hinreichende Bestimmtheit dieser Norm hat der Gerichtshof nicht. Wenn der Gesetzgeber in §3 Abs1 leg.cit. an die bei der Errichtung des Tourismusverbandes maßgeblich gewesenen Verhältnisse anknüpft und eine Gebietsänderung fordert, wenn sich diese Verhältnisse geändert haben, so ist auch eine solche Regelung unter dem Blickwinkel des Art18 B-VG unbedenklich: Gerade die Umstände, die bei der Errichtung des Verbandes eine Rolle gespielt haben, sind nunmehr - in Hinblick auf eingetretene Veränderungen - unter dem Aspekt maßgeblich, ob eine Gebietsänderung zu erfolgen hat.

2.1.5. Der Gerichtshof kann aber auch nicht finden, dass dem Verordnungsgeber bei der Handhabung dieser Bestimmungen im vorliegenden Fall ein den Gleichheitssatz verletzender Fehler unterlaufen wäre. Wenn der antragstellende Verband in diesem Zusammenhang vorbringt, es bedürfe, um eine Änderung der maßgeblichen Verhältnisse festzustellen, eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens, das für jeden einzelnen Tourismusverband die Aufgabenstruktur und die Aufgabenerfüllung vergleiche und prüfe, ob eine Optimierung der Aufgaben durch verbandsinterne Reformen oder durch Kooperationen im Sinn des §5 leg.cit. möglich sei, so verkennt er den Inhalt der gesetzlichen Regelungen. §1 Abs2 leg.cit. befasst sich mit den Befugnissen der Landesregierung im Zusammenhang mit der Errichtung von Tourismusverbänden und nennt - unter dem Aspekt des Art18 B-VG in einwandfreier Weise (s. oben) - die dabei zu beachtenden Gesichtspunkte. §3 leg.cit. verpflichtet die Landesregierung, bei Änderung der maßgeblichen Verhältnisse zur Gebietsänderung (arg. "hat ... entsprechend zu ändern"). Damit besteht offenbar ein Spielraum der Landesregierung, eine Gebietsänderung auch dann vorzunehmen (d.h. in die bestehende Struktur einzugreifen), wenn dazu (noch) keine Verpflichtung nach §3 leg.cit. besteht, sofern nur die Voraussetzungen des §1 Abs2 leg.cit. vorliegen. Für diese Interpretation spricht auch, dass §1 Abs2 leg.cit. im zweiten Satz (u.a.) darauf abstellt, ob im zu errichtenden Tourismusverband dessen Mitglieder und die Gäste besser betreut werden können oder die Vereinigung der Geschäftsstellen der zusammenzulegenden Tourismusverbände der Wirtschaftlichkeit dient. Damit geht der Gesetzgeber selbst davon aus, dass der Verordnungsgeber einen Tourismusverband unter den Voraussetzungen des §1 Abs2 leg.cit. auch dann errichten kann, wenn in einem Gebiet bereits Tourismusverbände existieren, es somit (bloß) zu einer Umstrukturierung kommt. Die angefochtene Verordnung wäre somit, ungeachtet des Umstandes, dass sie die Landesregierung auf §3 Abs1 des Tiroler TourismusG gestützt hat, auch dann gesetzmäßig, wenn sie (bloß) den Anforderungen des §1 Abs2 leg.cit. entspricht.

Der Verfassungsgerichtshof hat nun in ständiger Rechtsprechung dargetan, dass die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit von Strukturänderungsmaßnahmen jeder Art von einer Vielzahl von Umständen abhängig ist. So gut wie niemals ist eine Situation so beschaffen, dass ausnahmslos alle in Ansehung einer bestimmten Maßnahme erheblichen Umstände für diese Maßnahme sprächen; immer lägen im Einzelfall auch Umstände vor, an denen gemessen sie nicht erforderlich, ja vielleicht sogar unzweckmäßig sei (vgl. VfSlg. 10.637/1985, 11.372/1987). Auch jede Änderung der Organisationsstruktur von Tourismusverbänden bewirkt deshalb nicht nur Vorteile; es wird sich manches überhaupt nicht und manches sogar zum Nachteil ändern, dies oft allerdings nur vorübergehend. Das ist unvermeidlich und macht deshalb eine solche Maßnahme an sich noch nicht unsachlich.

2.1.6. Dem Verordnungsakt der Tiroler Landesregierung ist zu entnehmen, dass vor Erlassung der angefochtenen Verordnung zunächst zu Sondierungsgesprächen eingeladen wurde, wobei in der Einladung ausführlich die Bedeutung und die Zielsetzung der beabsichtigten Fusionierung dargelegt wurden. In der Folge wurde ein Anhörungsverfahren durchgeführt, wobei seitens des Landes freigestellt (bzw. angeregt) wurde, die in Aussicht genommene Struktur (Fusionierung) durch freiwillige Vereinbarungen herbeizuführen, andernfalls aber eine Stellungnahme dazu abzugeben. Dem Regierungsantrag, der in der Sitzung der Landesregierung vom 9. Dezember 2003 angenommen wurde, ist folgende Begründung beigegeben:

"Ein grundlegender Wandel und eine Verschärfung des Wettbewerbs im Tourismus in den letzten 20 Jahren machen es notwendig, auf diese geänderten Verhältnisse auf den europäischen und internationalen Märkten zu reagieren. Es gilt die kleinteilige, von lokalen Gesichtspunkten geprägte Struktur der Tourismusverbände zu optimieren, diese in schlagkräftige touristische Regionen überzuführen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig abzusichern. Die mit dem Strukturwandel einhergehende Konzentration von Angebotsbausteinen und Finanzmitteln gewährleistet deutlich bessere Rahmenbedingungen, um die Herausforderungen im modernen Tourismus offensiv annehmen zu können. Schlagkräftige Verbandsstrukturen eröffnen neue Möglichkeiten des gezielten Budgeteinsatzes und der kurzen Entscheidungswege, der Markenbildung, der Ausformung von Marketingkraft, der Realisierung regional abgestimmter infrastrukturelle[r] Leistungen, der Einrichtung eines professionellen Managements, der rationelleren Administration und andere positive Effekte mehr. Durch den Zusammenschluss von Tourismusverbänden zu regionalen Körperschaften werden jedoch nicht nur in den genannten Bereichen Synergien genutzt und Qualität generiert, es wird durch harmonisierte Promillesätze auch eine regionale Ausgewogenheit bei den Beitragsleistungen der Pflichtmitglieder bewirkt, wodurch allfällige Standortnach- bzw. -vorteile entfallen.

Hinsichtlich des Zusammenschlusses der Tourismusverbände Lienzer Dolomiten, Assling, Lavant und Nussdorf - Debant sowie der Gebietsteile der Gemeinden Ainet, Schlaiten und Oberlienz des Tourismusverbandes Iseltal liegen befürwortende Äußerungen der Vorstände und des Aufsichtsrates des Tourismusverbandes Lienzer Dolomiten, des Tourismusverbandes Iseltal, Übereinkommen der Obleute der Tourismusverbände Lienzer Dolomiten und Assling sowie Lavant sowie der Stadtgemeinde Lienz und der Gemeinden Ainet, Amlach, Dölsach, Gaimberg, Iselsberg - Stronach, Leisach, Nikolsdorf, Oberlienz, Schlaiten, Thurn und Tristach vor; der Tourismusverband Nussdorf - Debant sowie die Marktgemeinde Nussdorf - Debant haben eine ablehnende Haltung eingenommen, ohne allerdings eine schlüssige touristische Alternative aufzeigen zu können. Die Gemeinden Assling und Lavant haben im Zuge des formellen Anhörungsverfahrens keine Stellungnahme abgegeben."

Entgegen den Ausführungen des antragstellenden Verbandes ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine unsachliche, den Gleichheitssatz verletzende Vorgangsweise des Verordnungsgebers. Dass der Landesregierung bei der Beurteilung der Fragen, ob im zu errichtenden Tourismusverband dessen Mitglieder und die Gäste besser betreut werden können bzw. ob die Zusammenlegung der Wirtschaftlichkeit dient, ein in die Verfassungssphäre reichender Beurteilungsfehler unterlaufen wäre, kann der Gerichtshof nicht erkennen. Die vom antragstellenden Verband geforderten Erhebungen und Folgerungen sind für eine sachliche Entscheidung nicht unabdingbar.

2.1.7. Soweit der antragstellende Verband jedoch vorbringt, Tourismusverbände in angrenzenden Bundesländern könnten auf Grund geringerer Belastungen durch Tourismusbeiträge günstiger kalkulieren, geht dieses Argument unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes ins Leere, liegt es doch in der Natur eines Bundesstaates, dass sich die einzelnen landesrechtlichen Regelungen voneinander unterscheiden (s. etwa VfSlg. 8161/1977, 8247/1978, 8475/1978, 8934/1980, 9116/1981, 9546/1982, 9804/1983, 11.641/1988, 11.979/1989, 12.949/1991, 14.783/1997).

2.1.8. Es bestehen daher weder Bedenken hinsichtlich der Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung noch andere Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Norm. Der Verfassungsgerichtshof hat daher diese Bestimmung seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Das aber bedeutet, dass der Tourismusverband Nussdorf-Debant mit 1. Jänner 2004 zu bestehen aufgehört hat; er hat seine Rechtsfähigkeit und damit auch seine Parteifähigkeit verloren. Der Antrag war aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.

2.1.9. Angesichts dieses Ergebnisses muss auf die Frage, ob der (ehemalige) Verbandsobmann zur Einbringung des Individualantrages für den Verband legitimiert war, nicht mehr eingegangen werden.

2.2. Zu V26/04: Die angefochtene Verordnung verfügt, dass für das Gebiet (u.a.) der Marktgemeinde Nussdorf-Debant ein Tourismusverband errichtet wird, der den Namen Lienzer Dolomiten trägt und seinen Sitz in Lienz hat. Adressat dieser Verordnung sind die in ArtI genannten Tourismusverbände, nicht aber der Obmann des bis zum 1. Jänner 2004 bestehenden Tourismusverbandes Nussdorf-Debant. Die Verordnung kann deshalb auch nicht in seine Rechtssphäre iSd Art139 Abs1 letzter Satz B-VG unmittelbar eingreifen (VfSlg. 12.751/1991, G227/03 vom 6. Oktober 2004).

Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf die hg. Rechtsprechung zur Beschwerdelegitimation ehemaliger Mitglieder des Gemeinderates von aufgelösten Gemeinden verweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass sich diese Rechtsprechung auf die bundesverfassungsrechtliche Regelung des (passiven) Wahlrechts stützt und sich daher nur auf den Schutz eines durch Wahl zu einem allgemeinen Vertretungskörper empfangenen Mandats bezieht (vgl. VfSlg. 8385/1978). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

3. Den Antragstellern mangelt es daher an der Legitimation zur Antragstellung. Ihre Anträge sind sohin als unzulässig zurückzuweisen.

IV. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Determinierungsgebot, Fremdenverkehr, VfGH / Individualantrag, Person juristische, Rechtsschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2005:V26.2004

Dokumentnummer

JFT_09949696_04V00026_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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