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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Feststellung des Verfalles einer rechtskräftig vorgeschriebenen Kaution infolge Nichterfüllung der im Zuge der Erteilung einer grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu einem Rechtserwerb erteilten Auflage (Aufnahme der Selbstbewirtschaftung und "Aufzug auf den Hof"); keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Verletzung der VorlageverpflichtungRechtssatz
Angesichts der Übergangsbestimmung des §40 Abs3 Tir GVG 1996 ist (u.a.) auf Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem 01.01.94 abgeschlossen wurden, in materieller Hinsicht weiterhin das Tir GVG 1983 anzuwenden; in diesen Fällen findet das Tir GVG 1996 (nur) hinsichtlich der Behörden und des Verfahrens Anwendung.
§40 Abs3 Tir GVG 1996 bezieht sich ausschließlich auf den
8. ("Verfahren") und den 9. Abschnitt ("Behörden") des Tir GVG 1996.
Weder das Tir GVG 1996 noch das Tir GVG 1993 oder das Tir GVG 1983 regeln aber die Zuständigkeit hinsichtlich der Entscheidung über den Verfall einer Kaution in den Abschnitten über das "Verfahren" oder die "Behörden". Vielmehr findet sich diese Bestimmung jeweils im materiellrechtlichen Teil. Insofern ist auf den vorliegenden Fall der gesamte §7 Abs2 Tir GVG 1983 anzuwenden; somit ist hier die Grundverkehrsbehörde, die die Auflage in letzter Instanz verfügt hat - also die Landes-Grundverkehrskommission (LGVK) - zur Entscheidung über den Verfall der Kaution zuständig und zu Recht eingeschritten.
Die Erteilung einer Auflage ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens; vielmehr ist sie Bestandteil des - unbekämpft gebliebenen und in Rechtskraft erwachsenen - Berufungsbescheides vom 23.11.92.
Da die LGVK nicht §8 Abs2 Tir GVG 1996, sondern §7 Abs2 Tir GVG 1983 angewendet hat, gehen die Bedenken der Beschwerdeführerin gegen §8 Abs2 Tir GVG 1996 ins Leere.
Nach VfSlg. 7014/1973 ist der Landesgesetzgeber zuständig, die Erteilung der Zustimmung zu einem Grundstückserwerb von der in §4 Abs1 und Abs2 Tir GVG 1970 normierten Interessenlage abhängig zu machen, und er ist "nach den vorstehenden Ausführungen auch zuständig, zur Sicherung dieser Interessen Auflagen zu regeln und schließlich die Sicherstellung der Erfüllung solcher Auflagen durch eine Kaution zu regeln." Aus Sicht des vorliegenden Falles bestehen insofern beim Verfassungsgerichtshof nach wie vor keine Bedenken.
Der Rüge in der Beschwerde über die Nichtvorlage durch die LGVK ist entgegenzuhalten, daß es hier um den Verfall einer im November 1992 rechtskräftig vorgeschriebenen Kaution geht, sodaß die Bezugnahme auf EU-Recht von vornherein verfehlt ist. Im übrigen ist die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin.
Mitgliedstaatsinterne Grundverkehrsgeschäfte können die nach Auffassung der Beschwerde relevanten eu-rechtlichen Freiheiten (Niederlassungsfreiheit, Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Kapitalsverkehrsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit) nicht berühren (vgl. VfGH 25.6.1997, B1170/97; Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Anmerkung 10 zu Art73 b EGV). Eine Vorlagepflicht gemäß Art177 Abs3 EG-Vertrag kann daher nicht bestehen.
Es ist nicht ersichtlich, inwiefern hier ein Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip vorliegen soll, wenn der Gesetzgeber von der von Verfassungs wegen vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, Gesetze zu erlassen und abzuändern.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Behördenzuständigkeit, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, VfGH / Präjudizialität, Grundverkehrsrecht Behörden, Übergangsbestimmung, Kompetenz Bund - Länder Grundverkehr, EU-Recht, RechtsstaatsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:B1660.1997Dokumentnummer
JFR_10019392_97B01660_4_01