RS Vfgh 1998/6/12 B2914/96

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Veröffentlicht am 12.06.1998
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Index

82 Gesundheitsrecht
82/04 Apotheken, Arzneimittel

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
ApothekenG §10
ApothekenG §28
ApothekerkammerG §18
ÄrzteG §30

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Apotheker wegen Verstosses gegen die "Berufssitten der Apotheker" durch Abgabe nicht zum ärztlichen Notapparat gehöriger Arzneimittel an einen Arzt; Ermöglichung der unerlaubten Arzneimitteldispension durch einen Arzt ohne ärztliche Hausapotheke

Rechtssatz

Die "Feststellungen der Berufssitten der Apotheker" sind derart publiziert worden, daß sie Teil der Rechtsordnung wurden, und ihrer imperativen Formulierung wegen als Rechtsverordnungen zu qualifizieren (vgl. z.B. VfSlg. 12.483/1990).

Kundmachung im Bundesgesetzblatt nicht geboten, unbedenklich im Hinblick auf Art18 B-VG und auf den in §10 ApothekenG verankerten Schutz der wirtschaftlichen Existenz bestehender Apotheken (siehe hiezu VfGH E v 02.03.98, G37/97 ua).

Ein Arzt, der (wie Dr. M.H.) nicht die Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke besitzt, ist lediglich berechtigt (und verpflichtet), die nach der Art seiner Praxis und nach den örtlichen Verhältnissen für die erste Hilfeleistung in dringenden Fällen notwendigen Arzneimittel vorrätig zu halten (§30 Abs1 ÄrzteG). Ansonsten ist Ärzten das Dispensieren (d.i. das Bereiten und Abgeben) von Arzneimitteln verboten (§28 ApothekenG).

Der von der Behörde gezogene Schluß, daß bei der Menge und der Art der vom Beschwerdeführer an den Arzt abgegebenen Arzneimittel sowie im Hinblick auf die lange Dauer des Bezuges der Medikamente der Apotheker bei Anwendung entsprechender Sorgfalt erkennen hätte müssen, diese würden zum Großteil nicht zur Auffüllung des "ärztlichen Notapparates" benötigt, ist keineswegs unvertretbar.

Die Behörde konnte zumindest denkmöglich davon ausgehen, daß Dr. M.H. nicht bloß gelegentlich aus bloßer Gefälligkeit einigen Patienten Medikamente aus der Apotheke (die im übrigen keineswegs die nächstgelegene Apotheke ist) mitgenommen, sondern daß er die Arzneimittel professionell weitergegeben habe, daß er sich also im Effekt so verhalten habe, als wäre er berechtigt, eine ärztliche Hausapotheke zu führen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Ärzte, Berufsrecht, Apotheken, Disziplinarrecht, Hausapotheke, Verordnungsbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B2914.1996

Dokumentnummer

JFR_10019388_96B02914_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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