RS Vfgh 1998/6/15 A31/97, A32/97

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Veröffentlicht am 15.06.1998
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art137 / Allg
B-VG Art137 / Verzug
B-VG Art137 / Zinsen
B-VG Art137 / sonstige Klagen
AVG §18 Abs4
AVG §58 Abs3
ABGB §1432

Leitsatz

Stattgabe eines Klagsbegehrens auf Rückerstattung bereits bezahlter Geldstrafen aufgrund mangelnden Bescheidcharakters der zugrundeliegenden Strafverfügung; kein Hinweis auf bescheiderlassende Behörde auf dem dem Kläger zugestellten Schriftstück; kein Ausschluß der Rückforderung einer in diesem Falle möglicherweise wissentlich gezahlten Nichtschuld aufgrund des von der Behörde ausgeübten Druckes und Zwanges

Rechtssatz

Passive Klagslegitimation des Bundes hinsichtlich der Rückforderung einer bereits bezahlten Geldstrafe wegen Übertretung des KFG 1967 und des Landes hinsichtlich Geldstrafen wegen Übertretung der StVO 1960 gegeben.

Die Verpflichtung zur Rückerstattung trifft, wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. zB VfSlg. 5079/1965, 10006/1984, 10497/1985 und 12198/1989) festhält, jene Gebietskörperschaft, in deren Vollzugsbereich die Behörde tätig gewesen ist, die die Verwaltungsstrafe verhängt hat.

Klagebegehren auf Rückforderung bereits bezahlter Geldstrafen berechtigt; kein Bescheidcharakter der zugrundeliegenden Strafverfügung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Bezeichnung der Behörde in schriftlichen Bescheidausfertigungen (vgl. §58 Abs3 AVG iVm §18 Abs4 leg.cit.) so wesentliche Bedeutung zu, daß dann, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, das betreffende Schriftstück - mag es auch sonst die Merkmale eines Bescheides aufweisen - nicht als Bescheid angesehen werden kann (zB VwGH 14.5.1987, Z87/02/0036; 5.6.1987, Z85/18/0149; 30.10.1991, Z91/03/0247).

Auf dem dem Kläger zugestellten Schriftstück findet sich nicht der geringste Hinweis auf die Behörde, von der es herrührt. Auch dem Spruch und der Fertigungsklausel ist diesbezüglich nichts zu entnehmen. Es trifft zwar zu, daß zumindest jener Teil des Kuverts, auf welchem der Kläger den Empfang der Erledigung eigenhändig bestätigt hat, in Fettdruck den Namen der Behörde aufweist, von der die Erledigung herrührt; entgegen der von den beklagten Parteien unter Bezugnahme auf Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, Rz 410, vertretenen Auffassung, reicht die Anführung einer Behörde auf einem Briefumschlag, in welchem sich eine Erledigung ohne Behördenbezeichnung befindet, aber nicht aus, um daraus eindeutig auf die Behörde rückschließen zu können, von der die Erledigung ausgeht (vgl. auch VwGH 5.6.1987, Z85/18/0149): Es ist nämlich möglich, daß die einen Bescheid erlassende und die ihn zustellende Behörde nicht ident sind, so etwa dann, wenn ein Intimationsbescheid erlassen wird oder wenn die Zustellung einer Ausfertigung durch eine andere Behörde als die den Bescheid erlassende erfolgt (vgl. zB Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, Rz 195).

Keine Anwendbarkeit des §1432 ABGB betreffend den Ausschluß der Rückforderung bei wissentlicher Leistung einer Nichtschuld.

Es kann dem Kläger nicht entgegengetreten werden, wenn er vorbringt, daß er, der - wie gerichtsbekannt ist (VfSlg. 14447/1996) - schon einmal im Zusammenhang mit einer nicht bezahlten Verwaltungsstrafe zum Zwecke der Vorführung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe zu Unrecht verhaftet wurde, der telefonischen Aufforderung zur Zahlung deshalb Folge geleistet hat, weil er befürchtete, neuerlich verhaftet zu werden. In Fällen von Druck und Zwang besteht aber eine Ausnahme vom Ausschluß der Rückforderung wissentlich gezahlter Nichtschulden (SZ 43/60; Rummel in Rummel, ABGB II, 1984, Rz 6 zu §1432 iVm Rz 6 zu §1431).

Teilweise Abweisung des Zinsenbegehrens.

Bei Bereicherungsansprüchen tritt Verzug erst dann ein, wenn innerhalb einer gesetzten Frist eine Leistung nicht erfolgt (zB VfSlg. 11039/1986). Im vorliegenden Fall ist im Hinblick auf die im Rückforderungsschreiben gesetzte Frist von drei Wochen Verzug erst mit Ablauf des 29.10.1997 eingetreten. Verzugszinsen gebühren daher erst ab dem 30.10.1997.

Entscheidungstexte

  • A 31,32/97
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 15.06.1998 A 31,32/97

Schlagworte

VfGH / Klagen, Straßenpolizei, Kraftfahrrecht, Bescheid Zurechnung, Bereicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:A31.1997

Dokumentnummer

JFR_10019385_97A00031_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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