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72 Wissenschaft, HochschulenNorm
B-VG Art137 / AllgLeitsatz
Zurückweisung des Antrags auf Entscheidung eines verneinendenKompetenzkonfliktes zwischen dem Arbeits- und Sozialgericht Wien undder Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur mangelsVorliegen eines negativen KompetenzkonfliktesSpruch
Der Antrag auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes zwischen dem Arbeits- und Sozialgericht Wien und der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird zurückgewiesen.
Kosten werden nicht zugesprochen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der Einschreiter die Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes im Sinne des Art138 Abs1 lita B-VG zwischen einem Gericht und einer Verwaltungsbehörde.
2. Aus den vorgelegten Gerichts- und Verwaltungsakten ergibt sich, dass dem Antrag folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:
2.1. Ein gegenüber dem nunmehrigen Antragsteller ergangener Bescheid der Bundesministerin für (damals:) Wissenschaft und Forschung vom 8. Juni 1978 sieht ua. Folgendes vor:
"Über Antrag des Akademischen Senates der Technischen Universität Wien bestelle ich Sie gemäß §93 Abs3 des Universitäts-Organisationsgesetzes zum Leiter der Technischen Versuchs- und Forschungsanstalt der Technischen Universität Wien.
Als Entschädigung für die Übernahme dieser Funktion bleiben die bisher für den Leiter dieser Anstalt gegolten habenden Entlohnungsregelungen von 10 % der Bruttoeinnahmen (abzüglich der Barauslagen) weiterhin aufrecht."
Mit dem - mit Ablauf des 31. Dezember 1998 erfolgten - Vollwirksamwerden des Universitäts-Organisationsgesetzes 1993 (im Folgenden: UOG 1993) an der Technischen Universität Wien galten die dort bestehenden besonderen Universitätseinrichtungen, darunter auch die Technische Versuchs- und Forschungsanstalt (TVFA), als aufgelöst. Mit Wirkung vom 1. Jänner 1999 wurde die TVFA im Rahmen der Satzung der Technischen Universität Wien gemäß UOG 1993 als Universitätsinstitut eingerichtet. Der Antragsteller war vom 1. Jänner 1999 bis zum Ablauf des 30. November 1999 Leiter des Universitätsinstitutes TVFA.
2.2. Mit Schriftsatz vom 30. Jänner 2002 brachte der Antragsteller beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eine Klage gegen
1. die "Technische Versuchs- und Forschungsanstalt, p.A. Technische Universität Wien" und 2. die "Republik Österreich" ein, in der er die Auszahlung von EUR 55.161,30 sA begehrte.
Dazu brachte er Folgendes vor: Er habe die Funktion des Leiters der TVFA bis zum 30. November 1999 inne gehabt. Im Zeitraum zwischen dem 1. Jänner 1999 und dem 30. November 1999 sei ihm aber keine Leiterzulage mehr ausbezahlt worden; seitens der TVFA sei ihm zugesichert worden, dass ihm die Zulage auch für diesen Zeitraum zustehe; außerdem schuldeten die beklagten Parteien dem Antragsteller eine ausständige Restzahlung als Entlohnung für die Tätigkeit als Leiter der TVFA im Jahr 1997. Weiters habe der Antragsteller in seiner Funktion als Leiter der TVFA ein Gutachten als gerichtlich beeideter Sachverständiger erstellt; der ihm dafür zustehende Betrag sei irrtümlich der TVFA ausbezahlt worden; diese habe es bis zur Aufforderung unterlassen, dem Antragsteller den Betrag zu vergüten. Ferner sei der Antragsteller als Leiter der TVFA an EU-Projekten beteiligt gewesen; aus dieser Tätigkeit habe er einen Anspruch auf restliche Entlohnung gegen die TVFA. Schließlich sei dem Antragsteller ein Betrag zu Unrecht von seinen Gehalt abgezogen worden; er habe Anspruch auf Auszahlung dieses Betrages.
Weiters wurde in dieser Klage ausgeführt:
"Rechtlich folgt, dass im vorliegenden Fall neben dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Klägers zur technischen Universität Wien ein davon unabhängiges privatrechtliches Dienstverhältnis begründet wurde, wozu die erstbeklagte Partei [die TVFA] nach den Bestimmungen des UOG berechtigt war und welchem die nunmehr klagsweise geltend gemachten Ansprüche entspringen."
Mit Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien wurde das Klagebegehren, soweit es auf EUR 52.604,23 sA als ausständiges Entgelt für die Tätigkeit als Leiter der TVFA bis 30. November 1999 und für die Mitarbeit an den genannten EU-Projekten sowie an zuwenig ausbezahltem Gehalt gerichtet ist, zurückgewiesen. Begründend wird dazu ausgeführt, dass hinsichtlich der Ansprüche auf Auszahlung der bescheidmäßig zuerkannten Leiterzulage für die Jahre 1997 bzw. 1999 der ordentliche Rechtsweg unzulässig sei, weil die Ansprüche auf einem Bescheid, respektive dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis des Klägers zum Bund beruhten; das Selbe treffe auf die Auszahlung des einbehaltenen Bezuges sowie auf die aus der Mitarbeit an den genannten EU-Projekten abgeleiteten Entgeltansprüche zu. Im Übrigen wurde das Klagebegehren mit zugleich ergangenem Urteil abgewiesen.
2.3. Noch vor Ergehen dieses (Gerichts-)Beschlusses begehrte der Antragsteller mit Eingabe vom 5. Dezember 2003 beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur die "bescheidmäßige Festsetzung des Entgeltes [für seine Tätigkeit als Leiter der TVFA] für den Zeitraum vom 1.1.1999 bis 30.11.1999".
Begründend wurde dazu ausgeführt:
"Der Antragsteller wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung vom 8.6.1978 Zahl 70.696/1-13/78 zum Leiter der Technischen Versuchs- und Forschungsanstalt der Technischen Universität Wien bestellt. Er übte diese Tätigkeit bis zum 30.11.1999 aus und erhielt gemäß obigem Bescheid eine Abgeltung in Höhe von 10 % der Bruttoeinnahmen abzüglich der Barauslagen."
Dazu teilte die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur dem Antragsteller mit Schreiben vom 5. Februar 2004 mit,
"dass dieser Antrag auf Feststellung des Entgeltes ... als Leiter der TVFA für den Zeitraum vom 1. Jänner 1999 bis 30. November 1999 zurückgewiesen wird."
Näher wird dazu ausgeführt:
Beim vorliegenden Auszahlungsbegehren handle es sich um keinen im öffentlichen Besoldungsrecht der Bundesbeamten fundierten Anspruch. Der Entgeltanspruch sei bereits zum Zeitpunkt der ursprünglichen Bestellung (mit Dekret vom 8. Juni 1978) aus den eigenen Einnahmen der TVFA in der eigenen Gebarung zu bestreiten und daher bereits damals zivilrechtlicher Natur gewesen. Überdies entbehre das Begehren jeglicher inhaltlicher Grundlage, da durch das Inkrafttreten des UOG 1993 an der Technischen Universität Wien mit 1. Jänner 1999 die TVFA als besondere Universitätseinrichtung zu existieren aufgehört habe und in ein Institut gemäß den Regelungen des UOG 1993 übergeleitet worden sei. Die Leiterbestellung auf Grund eines Rechtsaktes des Bundesministeriums aus 1978 sowie die Festsetzung der Vergütung für die Leitertätigkeit, die unter Bezugnahme auf das UOG 1975 unbegrenzt erfolgt sei, hätten mit Ablauf des 31. Dezember 1998 ihre Wirksamkeit verloren. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass die Ansprüche sowohl nach den zivilrechtlichen als auch nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften als verjährt anzusehen seien.
Das Verfahren über eine gegen diese Erledigung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde ist bei diesem Gerichtshof zur Zl. 2004/10/0051 anhängig.
3. Im verfassungsgerichtlichen Vorverfahren legten die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur und das Arbeits- und Sozialgericht Wien die einschlägigen Verwaltungs- bzw. Gerichtsakten vor. Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur übermittelte eine Stellungnahme, in der - ua. unter Hinweis auf die mangelnde Identität des Streitgegenstandes - die Zurückweisung des Antrages auf Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes beantragt wird. Auch das Arbeits- und Sozialgericht Wien erstattete eine Äußerung, in der es die in seiner Entscheidung vertretene Rechtsauffassung bekräftigt. Weiters legte dieses Gericht eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vor, mit dem der Berufung und dem Rekurs gegen die oben unter Pkt. 2.2. wiedergegebene Entscheidung des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien mit der Begründung nicht Folge gegeben wurde, dass für besoldungsrechtliche Ansprüche der Rechtsweg unzulässig sei.
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
1.1. Gemäß Art138 Abs1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Kompetenzkonflikte zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden. Nach dieser Verfassungsnorm iVm. §46 Abs1 VfGG setzt ein negativer (verneinender) Kompetenzkonflikt jedenfalls voraus, dass jede der angerufenen Behörden eine Entscheidung in derselben Sache aus dem Grunde der Unzuständigkeit abgelehnt hat (s. etwa VfSlg. 16.682/2002 mwH).
1.2. Diese Voraussetzung liegt aber hier deshalb nicht vor, weil die Bundesministerin in ihrer oben unter Pkt. I.2.3. wiedergegebenen Erledigung, die als Bescheid zu qualifizieren ist, - ungeachtet der Formulierung: "... zurückgewiesen wird" - der Sache nach eine meritorische Entscheidung über den an sie gerichteten Antrag getroffen hat, und zwar insoferne, als sie ausführt, dass der für den Zeitraum vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 30. November 1999 geltend gemachte Anspruch nicht zu Recht bestehe (arg.: "im öffentlichen Besoldungsrecht der Beamten fundiert").
2. Da somit ein negativer Kompetenzkonflikt nicht vorliegt, war der Antrag wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.
3. Bei diesem Ergebnis war auf die eventualiter - für den Fall, dass "der Verfassungsgerichtshof bezüglich oben angeführter Rechtssache zu der Entscheidung gelangen [sollte], dass die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gegeben ist" - eingebrachte Klage gemäß Art137 B-VG nicht weiter einzugehen.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Hochschulen Organisation, VfGH / Antrag, Eventualantrag, VfGH /Klagen, VfGH / Kompetenzkonflikt, Auslegung eines BescheidesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2005:KI3.2004Zuletzt aktualisiert am
06.10.2009