RS Vfgh 1998/10/2 B4939/96 ua

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 02.10.1998
beobachten
merken

Index

65 Pensionsrecht für Bundesbedienstete
65/01 Allgemeines Pensionsrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
PG 1965 §4 idF StrukturanpassungsG 1996 bzw BudgetbegleitG 1997
PG 1965 §62c idF StrukturanpassungsG 1996

Leitsatz

Keine Gleichheitsverletzung durch Kürzungsregelungen hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für den Ruhegenuß im Fall der Frühpensionierung eines Beamten; öffentliches Interesse an Entlastung des Bundeshaushaltes sowie am Rückgang von Frühpensionierungen; sachliche Rechtfertigung auch aufgrund relativ geringer Intensität der Kürzung; keine einseitige Belastung bloß einer kleinen Gruppe von Beamten durch die Kürzungsregelung als Teil des gesamten Sparpakets; sachliche Abgrenzung des zeitlichen Geltungsbereichs der Neuregelung

Rechtssatz

Keine Gleichheitsverletzung durch die Regelung des §4 Abs3 bis Abs5 PG 1965 idF StrukturanpassungsG 1996 und BudgetbegleitG 1997 betreffend Kürzung der Bemessungsgrundlage für den Ruhegenuß im Falle der Frühpensionierung von Beamten.

Die von den Beschwerdeführern als verfassungswidrig erachteten Regelungen verfolgen das Ziel, den Bundeshaushalt zu entlasten sowie das "tatsächliche" (durchschnittliche) Pensionsalter an das gesetzliche heranzuführen. Im öffentlichen Interesse liegende Zielsetzungen dieser Art sind an sich geeignet, Kürzungsregelungen wie die hier in Rede stehenden sachlich zu rechtfertigen.

Keine Gleichheitsverletzung auch im Hinblick auf die Intensität des Eingriffs.

Im wirtschaftlichen Effekt bedeutet die Regelung eine Kürzung des Brutto-Ruhegenusses von rund 12 % und für den Netto-Ruhegenuss, auf den es bei der hier anzustellenden Überlegung ankommt, eine je nach steuerlicher Belastung noch geringere Kürzung.

Der Ruhegenuß muß als Abgeltung der (auch im Ruhestand weiterbestehenden - vgl VfSlg 5241/1966) Dienstpflichten angesehen werden, daneben stellt er - in einem nicht näher bestimmten Umfang - auch eine nachträgliche Abgeltung von Dienstleistungen sowie eine Abgeltung der geleisteten Pensionsbeiträge dar (vgl VfSlg 3389/1958, 11665/1988).

Im Hinblick darauf läßt sich die hier in Rede stehende Kürzungsregelung aber auch damit rechtfertigen, daß Beamte davon umso intensiver getroffen werden, je früher ihre Versetzung in den Ruhestand erfolgt und je geringer daher sowohl die von ihnen erbrachten Dienstleistungen als auch die von ihnen geleisteten Pensionsbeiträge sind.

Da somit die von den in Rede stehenden gesetzlichen Regelungen bewirkte Kürzung der Pensionsanwartschaft nicht derart intensiv ist, daß sie einen sachlich nicht begründbaren Eingriff in erworbene Rechtspositionen bewirken würde, ist auch auszuschließen, daß diese Bestimmungen deshalb mit dem Gleichheitssatz im Widerspruch stehen, weil die Kürzung nicht durch Übergangsbestimmungen in ihren Auswirkungen gemildert wurde.

Die von den Beschwerdeführern als verfassungswidrig erachteten gesetzlichen Bestimmungen sind Teil eines budgetären "Maßnahmenpaketes, das den Beitrag des öffentlichen Dienstes zum Konsolidierungsprogramm der Bundesregierung für den Bundeshaushalt darstellt". Es trifft somit von vornherein nicht zu, daß mit diesen Bestimmungen etwa bloß einer kleinen Gruppe von Beamten, nämlich jenen, die wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden, einseitig Belastungen auferlegt würden (vgl VfSlg 14867/1997).

Keine Gleichheitsverletzung durch die Abgrenzung des zeitlichen Geltungsbereichs der Kürzung der Ruhegenußbemessungsgrundlage bei Frühpensionierung in §62c PG 1965.

Das Anknüpfen an den Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zur Versetzung in den Ruhestand stellt einen durchaus sachlichen Gesichtspunkt für die Abgrenzung des Geltungsbereiches der bisherigen günstigeren von der neuen ungünstigeren Rechtslage dar. Es erscheint ferner sachlich gerechtfertigt, wenn diese Bestimmung zwischen den vor dem 16.02.96 (d i jener Tag, an dem der Abschluß der Verhandlungen zwischen den Vertretern des Bundes und der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ua über die Schaffung der hier in Rede stehenden Regelungen in der Öffentlichkeit bekannt wurde) und den nachher eingeleiteten Verfahren differenziert.

Entscheidungstexte

  • B 4939/96 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 02.10.1998 B 4939/96 ua

Schlagworte

Vertrauensschutz, Dienstrecht, Ruhegenuß, Sparpaket, Übergangsbestimmung, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B4939.1996

Dokumentnummer

JFR_10018998_96B04939_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten