RS Vfgh 1998/10/2 G72/97, G247/97

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Veröffentlicht am 02.10.1998
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Index

56 Öffentliche Wirtschaft
56/03 ÖBB

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
BundesbahnG 1992 §19 Abs1 Z1

Leitsatz

Gleichheitswidrigkeit der umfassenden, für alle Unternehmensbereiche der ÖBB normierten Gebührenbefreiung im BundesbahnG 1992

Rechtssatz

Der Verfassungsgerichtshof kann dem Verwaltungsgerichtshof nicht entgegentreten, wenn er davon ausgeht, daß er bei Überprüfung der bei ihm bekämpften Bescheide §19 Abs1 Z1 BundesbahnG 1992 insoweit anzuwenden hätte, als er die gebührenrechtliche Stellung der ÖBB regelt, und zwar schon für sich selbst und nicht nur im systematischen Zusammenhang mit den die Gebührenpflicht vorschreibenden Bestimmungen, von denen er eine Ausnahme statuiert.

In §19 Abs1 Z1 BundesbahnG 1992, BGBl. 825, werden die Wortfolgen "- und gebühren" sowie "ausgenommen die Begünstigungen nach dem Gebührengesetz 1957" als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Erwägungen, die die Gleichheitswidrigkeit der umfassenden Befreiung der ÖBB von der Kommunalsteuer erwiesen (vgl. VfSlg. 14805/1997), gelten mutatis mutandis auch im vorliegenden Fall: Die durch §19 Abs1 Z1 BundesbahnG 1992 bewirkte Abgaben- und Gebührenbefreiung bezieht sich auf alle Tätigkeiten der ÖBB. Sie mag für die Infrastrukturleistungen gerechtfertigt sein, und es mag zulässig sein, sie bei der Berechnung der Abgeltung für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu berücksichtigen; nicht aber kann die Begünstigung für die übrigen Unternehmensbereiche gerechtfertigt werden. Denn im Unternehmensbereich "Absatz" erbringen die ÖBB in gleicher Weise wie andere Unternehmungen im öffentlichen Interesse liegende Verkehrsleistungen; die Begünstigung der ÖBB kann insofern sachlich nicht gerechtfertigt werden. Die Gebührenbefreiung, die sich auf die Unternehmenstätigkeit der ÖBB insgesamt bezieht, ist daher in diesem Umfang gleichheitswidrig.

Da sich die Gebührenbefreiung bloß in ihrer derzeitigen, alle Geschäftsfälle der ÖBB umfassenden Ausgestaltung als sachlich nicht zu rechtfertigen erwiesen hat und eine entsprechende Ersatzregelung - vorbehaltlich ihrer gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit (vgl. Art92 ff EG-Vertrag) - einer Befreiung für Teilbereiche der Unternehmenstätigkeit der ÖBB eine aus der Sicht der verfassungsrechtlichen Vorgaben mögliche rechtspolitische Option des Gesetzgebers darstellt, sah sich der Verfassungsgerichtshof veranlaßt, für das Außerkrafttreten der aufzuhebenden Bestimmungen eine Frist zu bestimmen.

Entscheidungstexte

  • G 72/97,G 247/97
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 02.10.1998 G 72/97,G 247/97

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, Bundesbahnen, Gebühr (GebG), VfGH / Fristsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:G72.1997

Dokumentnummer

JFR_10018998_97G00072_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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