RS Vfgh 1998/10/6 WI-3/97

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Veröffentlicht am 06.10.1998
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 dritter Satz
B-VG Art141 Abs1 litb
VfGG §67 Abs2
VfGG §68 Abs1
VfGG §70 Abs1
Oö KommunalwahlO §66, §67
Oö KommunalwahlO §72, §73

Leitsatz

Zulässigkeit der von einer Wählergruppe eingebrachten Anfechtung einer Direktwahl eines Bürgermeisters; rechtswidrige Öffnung des bereits abgeschlossenen Wahlaktes und nochmalige Zählung der Stimmzettel ohne Einfluß auf das Wahlergebnis; Rechtswidrigkeit des gesamten Wahlvorganges hingegen aufgrund der Divergenz zwischen der Zahl der abgegebenen Stimmzettel und der Wahlberechtigten eines Wahlsprengels; Einfluß auf das Wahlergebnis möglich; Stattgabe der Wahlanfechtung in diesem Wahlsprengel

Rechtssatz

Zulässigkeit der von einer Wählergruppe eingebrachten Anfechtung einer Direktwahl eines Bürgermeisters.

Gemäß Art141 Abs1 litb B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof u. a. über die Anfechtung von Wahlen in die mit der Vollziehung betrauten Organe einer Gemeinde, so auch über die Anfechtung einer Direktwahl des Bürgermeisters (vgl. VfSlg. 13.504/1993). Nach Art141 Abs1 zweiter Satz B-VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden. In ergänzender sinngemäßer Anwendung des zweiten Satzes des §67 Abs2 VfGG 1953 sind zur Anfechtung der Direktwahl eines Bürgermeisters all jene Wählergruppen (Parteien) anfechtungsberechtigt, die bei der Wahlbehörde Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl rechtzeitig vorgelegt haben (VfSlg. 13.504/1993), wie dies nach der Aktenlage auf die anfechtende Wählergruppe zutrifft.

Abweisung des Einspruchs durch die Gemeindewahlbehörde als (Administrativ-)Instanz; Rechtzeitigkeit der Wahlanfechtung.

Teilweise Stattgabe der Anfechtung der Bürgermeister-Direktwahl der Gemeinde Schlatt (Oö, Bezirk Vöcklabruck) vom 05.10.97.

Der Wahlakt der Wahlbehörde für den Wahlsprengel II wurde, nachdem die Mitglieder dieser Wahlbehörde die Niederschrift unterfertigt hatten - womit die Wahl beendet war -, von den Mitgliedern dieser Sprengelwahlbehörde nochmals geöffnet und die darin befindlichen Stimmzettel wurden einer neuerlichen Zählung unterworfen. Diese Vorgangsweise steht aber im Widerspruch zu §66 Abs5 Oö KommunalwahlO.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Rechtswidrigkeit nicht von Einfluss auf das Wahlergebnis war, zumal selbst die Anfechtungswerberin nicht behauptet, dass es in diesem Zusammenhang zu einer das Wahlergebnis verändernden Manipulation gekommen wäre und des Weiteren als erwiesen anzunehmen ist, dass die abgegebenen Stimmzettel auch bei der neuerlichen Zählung allein den Mitgliedern der Sprengelwahlbehörde zur Verfügung standen.

Eine Nachzählung der im Wahlakt der Sprengelwahlbehörde einliegenden Stimmzettel durch den Verfassungsgerichtshof hat jedoch 423 Stimmzettel ergeben. Das bedeutet, dass die Zahl der Stimmzettel um eins höher ist als die Zahl der Wähler, die laut Abstimmungsverzeichnis ihre Stimme abgegeben haben, bzw. auch um eins höher ist als die Zahl der nach den Feststellungen der Sprengelwahlbehörde nach Ende der Wahlhandlung der Wahlurne entnommenen Wahlkuverts.

Es liegt auf der Hand, dass bei dieser Sachlage von der Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens in diesem Sprengel auszugehen ist (vgl. VfSlg. 14.847/1997, S 666 f.).

Es kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass diese Rechtswidrigkeit, die die gesamte vor dieser Wahlbehörde durchgeführte Wahl belastet, von Einfluss auf das Wahlergebnis sein konnte.

Das Verfahren zur Wahl des Bürgermeisters der Gemeinde Schlatt im Wahlsprengel I war daher vom Beginn der Wahlhandlung an aufzuheben. Infolgedessen war weiters auch das festgestellte Gesamtergebnis der Wahl aufzuheben.

Entscheidungstexte

  • W I-3/97
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 06.10.1998 W I-3/97

Schlagworte

Wahlen, Gemeindevollziehungsorgane, Bürgermeister, VfGH / Fristen, Wahlanfechtung administrative, VfGH / Sachentscheidung Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:WI3.1997

Dokumentnummer

JFR_10018994_97W00I03_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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